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Der Bundestag hat den Weg für die von der Bundesregierung geplante Neuregelung der sogenannten Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsrecht frei gemacht. In namentlicher Abstimmung votierten 463 Parlamentarier am Donnerstag, 3. Juli 2014, für den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/1312) in der Ausschussfassung (18/1955). Dagegen stimmten 111 Parlamentarier bei einer Enthaltung. Keine Mehrheit fanden dagegen je ein Gesetzentwurf der Linksfraktion (18/1092) und der Grünen (18/185(neu)) zur Aufhebung der Optionspflicht sowie ein Linken-Antrag „für ein fortschrittliches Staatsangehörigkeitsrecht“ (18/286).
Nach dem Parlamentsbeschluss sollen „in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern“ in Zukunft nicht mehr die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren können. Nach der bisher geltenden Optionspflicht müssen sich in Deutschland geborene Kinder von Ausländern bis zum 23. Lebensjahr zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und der ihrer Eltern entscheiden.
Der Regierungsvorlage zufolge ist in der Bundesrepublik aufgewachsen, wer sich bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres „acht Jahre gewöhnlich in Deutschland aufgehalten hat, sechs Jahre in Deutschland eine Schule besucht hat oder über einen in Deutschland erworbenen Schulabschluss oder eine in Deutschland abgeschlossene Berufsausbildung verfügt“.
In der Debatte betonte Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière (CDU), die Novelle sei Ergebnis einer langen und leidenschaftlichen Debatte in der Gesellschaft und auch in der Koalition. Dabei habe man einen Ausgleich gefunden zwischen den Interessen der jungen Deutschen, die ihre Staatsangehörigkeit durch Geburt in Deutschland erworben haben, und der „besonderen Bedeutung der Staatsangehörigkeit für unser Staatswesen“.
Die Neuregelung gebe den Betroffenen Rechtssicherheit und solle ihr Heimatsgefühl stärken. Auch befriede sie einen langjährigen politischen Konflikt und stärke den Zusammenhalt im Land. Dabei habe man eine „klare und praktikable Definition“ gefunden für die Frage, wer „in Deutschland aufgewachsen“ sei. Die Voraussetzungen seien „sachgerecht, einfach in der Anwendung“ und einfach nachzuweisen. Damit würden die Betroffenen als auch die Verwaltung erheblich entlastet.
Für Die Linke kritisierte ihre Abgeordnete Sevim Dagdelen die Neuregelung als eine „kleingeistige Änderung des bestehenden Staatsangehörigkeitsgesetzes“. Der Union hielt sie vor, „ideologisch borniert“ an dem „längst überholten Dogma der Vermeidung von Mehrstaatigkeit“ festzuhalten. Allein deshalb müssten ab dem Jahr 2018 etwa 40.000 Optionsverfahren jährlich durchgeführt werden.
Ihre Fraktion wolle diese Regelung „einfach ersatzlos streichen“. Dabei entspreche der vorgelegte Linken-Entwurf „eins zu eins“ einer Bundesratsinitiative von drei SPD-regierten Bundesländern.
Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck bemängelte, mit der Neuregelung sage man jungen Deutschen, dass sie „nur Deutsche auf Probe“ seien. Es gebe aber keine Deutschen unterschiedlichen Rechts. Auch habe nach den europäischen Verträgen jeder Deutsche das Recht, sich in der EU frei zu bewegen.
Das spreche die Koalition den Menschen mit ausländischen Eltern ab. Daher sei der Regierungsentwurf integrationspolitisch verfehlt und europarechtswidrig. Die Grünen seien „für die Abschaffung der Optionspflicht ohne Wenn und Aber“.
Der SPD-Parlamentarier Rüdiger Veit sagte, die Sozialdemokraten hätten in den Koalitionsverhandlungen mit der Union gerne vereinbart, generell Mehrstaatigkeit hinzunehmen. Dies sei nicht gelungen. Stattdessen habe man einen Kompromiss gefunden, bei dem „das Glas nicht halbleer, sondern deutlich mehr als halbvoll“ sei.
Jetzt müssten sich 4.000 und ab 2018 dann 40.000 junge Menschen nicht mehr entscheiden zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und der ihrer Eltern. Entscheidend sei, dass höchstwahrscheinlich allenfalls „ein einstelliger Prozentbereich überhaupt noch von diesen jungen Menschen“ unter die Optionspflicht falle.
Der CSU-Parlamentarier Stephan Mayer wertete die Neuregelung als ein gutes und „zukunftsweisendes Gesetz“. Dabei bleibe es beim Grundsatz der Optionspflicht und auch dem „richtigen Grundsatz der Vermeidung der doppelten Staatsangehörigkeit“. Das Gesetz sei integrationspolitisch sinnvoll und stärke hoffentlich den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Mayer wies zugleich Kritik zurück, dass es sich dabei um ein „Bürokratiemonster“ handele. Wer etwa in Deutschland einen erfolgreichen Schulabschluss habe, müsse nur sein Abschlusszeugnis an die Ausländerbehörde schicken und werde damit von der Optionspflicht befreit. (sto/03.07.2014)