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Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union/- 25.03.2015
Berlin: (hib/JOH) Die Ukraine hat sich von ihrer postsowjetischen Vergangenheit gelöst und Kurs in Richtung einer europäischen Integration genommen. Diese Ansicht vertrat Yuriy Yakymenko vom Razumkov-Zentrum in Kiew, einem bedeutenden, regierungsunabhängigen Think-Tank, am Mittwochnachmittag im Europaausschuss. Wenn der Bundestag morgen der Ratifizierung des Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine zustimme, markiere dies einen wichtigen Schritt seines Landes auf dem Weg in die europäische Familie, betonte Yakymenko, der der Bundesregierung zugleich für ihre Unterstützung dankte.
Es gebe in der Ukraine den politischen Willen, notwendige Reformen, über die 23 Jahre lang lediglich gesprochen worden sei, endlich zu realisieren, berichtete der Politikexperte. Die heutige Regierung schlage einen ganz anderen Kurs ein als die Vorgängerkabinette und habe bereits wichtige Veränderungen in Gang gesetzt. Als Beispiele nannte Yakymenko Reformen bei Polizei und Gerichten sowie eine Dezentralisierung des Landes. Um die ukrainische Wirtschaft bei ihrer Neuorientierung in Richtung eines europäischen Marktes zu unterstützen, ergreife die Regierung zudem Maßnahmen zur Verbesserung des Investitionsklimas. Auch eine Deregulierung sei bereits eingeleitet worden. Die Koalition, die im Parlament über 300 Abgeordnete verfüge, urteilte der Politikexperte, sei stabil, eine Zweidrittel-Mehrheit für eine Verfassungsreform so gut wie sicher.
Die Hälfte der Abgeordneten im Parlament in Kiew seien neue, junge Kräfte, die keine Verbindung zum alten System hätten, sagte Yakymenko. Dementsprechend habe sich der Einfluss der Oligarchen auf die politischen Prozesse im Land verringert. Viele Beamte, die das politische System bisher als Gewinnquelle betrachtet hätten, würden zudem aus dem Staatsdienst entlassen.
Verbesserungen und Reformen könnten jedoch nicht auf einen Schlag umgesetzt werden, erklärte der Politikexperte, da die Lage in der Ukraine äußerst schwierig sei. Der Konflikt in der Ostukraine fordere nicht nur Menschenleben, sondern schade auch der Wirtschaft und koste den Staat viel Geld. So sei das Bruttoinlandsprodukt um 27 Prozent gesunken, die Inflationsrate liege bei 25 Prozent, im Osten sogar bei 30 bis 40 Prozent. Viele Bürger hätten ihre Ersparnisse verloren. Der Staat, erklärte Yakymenko, habe keine Möglichkeiten, die Löhne anzupassen oder die soziale Situation anderweitig zu verbessern. Daher lägen alle Hoffnungen auf der vollständigen Umsetzung des zweiten Minsker Abkommens und einem Ende des Krieges.
Die Regierungskoalitionen CDU/CSU und SPD versicherten Yakymenko, die Abstimmung über das Assoziierungsabkommen am morgigen Donnerstag werde zeigen, dass der Bundestag an der Seite der Ukraine stehe. Allerdings, betonte ein Vertreter der SPD-Fraktion, müsse die Regierung in Kiew noch mehr für Reformen tun. So gebe es im Land nach wie vor viel Korruption. Viele Abgeordnete im Parlament verfügten weiterhin über immense Vermögen. Ein Vertreter der Unionsfraktion merkte an, dass vor dem neuen Parlament, in das viele Symbolfiguren der Maidan-Proteste gewählt worden seien, schwere politische Kleinstarbeit liege.
Die Linksfraktion sprach unter anderem die finanzielle Notlage des Landes und anvisierte milliardenschwere Hilfskredite an. So solle der Strompreis im April um 300 Prozent steigen. Ein Vertreter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zeigte sich besorgt über die Entwicklung des Konfliktes mit Russland. Eine wichtige Frage sei es, wie mit Russland über einen Waffenstillstand hinaus Frieden erreicht werden könne.