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Schwer kranke und sterbende Menschen sollen in Deutschland künftig besser versorgt werden. Darauf zielt der Entwurf für ein Hospiz- und Palliativgesetz (18/5170), über das die Abgeordneten im Bundestag am Mittwoch, 17. Juni 2015, erstmals beraten haben. Vor allem in ländlichen Regionen fehlen noch ausreichende Angebote. Nun sollen gezielt Anreize gesetzt werden zum Aus- und Aufbau der ambulanten und stationären Hospiz- und Palliativversorgung. Mitberaten wurde ein Antrag der Fraktion Die Linke (18/5202) mit dem Ziel, eine "hochwertige Palliativ- und Hospizversorgung als soziales Menschenrecht" zu sichern.
Im Gesetzentwurf vorgesehen ist eine bessere finanzielle Ausstattung der stationären Hospize für Kinder und Erwachsene. So wird der Mindestzuschuss der Krankenkassen für diese Einrichtungen erhöht. Die Tagessätze für Hospize werden pro Patient von derzeit rund 198 Euro auf rund 255 Euro angehoben. Zudem tragen die Krankenkassen künftig 95 statt 90 Prozent der zuschussfähigen Kosten. Die restlichen fünf Prozent erwirtschaften die Hospize weiter selbst. Damit soll die vornehmlich durch Spenden und Ehrenämter getragene Hospizbewegung erhalten bleiben. Dies sei von den Einrichtungen auch so gewünscht, hieß es.
Bei den ambulanten Hospizdiensten werden künftig neben den Personalkosten auch die Sachkosten bezuschusst, also etwa Fahrtkosten für ehrenamtliche Mitarbeiter. Die sogenannte Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung (SAPV) soll flächendeckend verbreitet werden. Ferner wird der Aufwand der Hospizarbeit in Pflegeheimen stärker berücksichtigt. Die Krankenhäuser bekommen die Möglichkeit, Hospizdienste mit Sterbebegleitung in ihren Einrichtungen zu beauftragen.
Die Sterbebegleitung soll auch Bestandteil des Versorgungsauftrages der gesetzlichen Pflegeversicherung werden. Pflegeheime sollen gezielt Kooperationsverträge mit Haus- und Fachärzten abschließen. Außerdem sollen Pflegeheime und Einrichtungen für Behinderte ihren Bewohnern eine Planung zur individuellen medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und seelsorgerischen Betreuung in der letzten Lebensphase organisieren können, bezahlt von der Krankenkasse.
Die Palliativversorgung wird zudem ausdrücklicher Bestandteil der Regelversorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Krankenkassen werden dazu verpflichtet, die Patienten bei der Auswahl von Angeboten der Palliativ- und Hospizversorgung individuell zu beraten. Ärzte und Krankenkassen sollen zusätzliche Vergütungen vereinbaren, um die Palliativversorgung und auch die Ausbildung der Mediziner auf diesem Gebiet zu verbessern.
Die Parlamentarische Gesundheits-Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) betonte bei der ersten Lesung des Gesetzes, den Menschen müsse am Ende ihres Lebens die Angst genommen werden. Konkret gehe es darum, Schmerzen zu lindern und Zeit, Zuwendung, Nähe und Geborgenheit möglich zu machen. Dies sei das Ziel der Hospizbewegung und der Palliativmedizin. Auf diesem Gebiet sei in den vergangenen Jahren auch schon viel geschehen in Deutschland, wenngleich es "weiße Flecken" gebe, wo eine professionelle Betreuung nicht gewährleistet sei.
Die Staatssekretärin wies daraufhin, dass die Hospizbewegung von rund 80.000 Ehrenamtlichen getragen werde. Mit dem Gesetz solle nun die Hospiz- und Palliativversorgung systematisch ausgebaut werden, um den Menschen ein Sterben in Würde und Selbstbestimmung zu ermöglichen.
Mehrere Redner machten deutlich, dass sich dieses Thema nicht für parteipolitische Streitereien eignet, so auch Hilde Mattheis (SPD). Es gebe eine große Einigkeit, dass Menschen im Alter selbstbestimmt und schmerzfrei am Leben teilnehmen wollten, möglichst bis zum Schluss. Die Realität sehe jedoch oft anders aus, denn es gebe Versorgungslücken. Gute Versorgung dürfe aber nicht abhängig sein von dem Ort, wo Menschen leben.
Auch Mattheis wies darauf hin, dass in den vergangenen dreißig Jahren schon eine wichtige Grundlage in der Hospiz- und Palliativversorgung gelegt worden sei. So seien rund 1.500 ambulante Hospizdienste entstanden, mehr als 200 stationäre Hospize und 250 Palliativstationen. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf sei als Baustein zu sehen, der sich einfüge in andere Gesetze, mit denen die Betreuung schwer kranker und alter Menschen ebenfalls verbessert werde.
Elisabeth Scharfenberg (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von einem Thema mit hoher symbolischer Bedeutung, das nicht einfach weggedrückt werden könne. Es gehe um das Sterben, Angst vor Abhängigkeit, Hilflosigkeit, Schmerzen, Selbstbestimmung und Würde. In der Palliativversorgung sei noch sehr viel zu tun. Die meisten Menschen stürben in Krankenhäusern oder Pflegeheimen, die darauf aber oft gar nicht eingerichtet seien. So mangele es in diesen Einrichtungen an geschultem Personal, Geld und Zeit.
Die Grünen-Politikerin mahnte, es seien nun "mutige Weichenstellungen" nötig und regte an, einen interfraktionellen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Dies wäre ein starkes Zeichen, zumal das Thema keinen Raum biete für "parteipolitisches Gezänk".
Pia Zimmermann (Die Linke) monierte, die Regierung verkünde mit großen Worten eine Gesetzesvorlage, die vermutlich nur kleine Verbesserungen bringen werde.
Sie verwies auf den Antrag ihrer Fraktion, in dem gefordert wird, den Rechtsanspruch auf allgemeine Palliativversorgung gesetzlich so auszugestalten, dass jeder Bürger diesen unabhängig von der Art der Erkrankung, Behinderung, vom Lebensort, der Wohnform sowie der Versicherungsart in Anspruch nehmen kann. Für die Hospizarbeit werde zudem mehr gut ausgebildetes Personal benötigt, zusätzlich zu der hoch geschätzten Arbeit der ehrenamtlichen Kräfte.
Nach Ansicht des CDU-Abgeordneten Jens Spahn ist die Diskussion über die Hospiz- und Palliativversorgung nicht von der laufenden Sterbehilfedebatte zu trennen, denn viele Menschen hätten Angst vor einem qualvollen Tod. Er fügte hinzu, jeder Mensch sollte ohne Angst vor Schmerzen sterben können.
Auch Helga Kühn-Mengel (SPD) erinnerte daran, dass ein Ziel darin bestanden habe, zunächst die Palliativversorgung zu verbessern, bevor abschließend über die Sterbehilfe gesprochen werde. Sie schlug konkret vor, in Krankenhäusern künftig einen Palliativbeauftragten einzusetzen. (pk/17.06.2015)