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Zeitungsartikel mit Snowden, im Hintergrund das Capitol State Building © picture alliance / ZUMA Press
Ein Untersuchungsausschuss soll den Abhörskandal um den US-Geheimdienst NSA aufklären. Am Donnerstag, 20. März 2014, will der Bundestag dieses Gremium auf der Basis eines nach mehrwöchigen Verhandlungen von den vier Fraktionen gemeinsam erarbeiteten Antrags einsetzen. Vor allem die Enthüllungen des ehemaligen NSA-Bediensteten Edward Snowden hatten offenbart, dass der US-Nachrichtendienst hierzulande in großem Stil Telefonate, den E-Mail-Verkehr und Internetaktivitäten überwacht, auch das Handy von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde abgehört.
Die Plenardiskussion wird live ab 14.50 Uhr im Parlamentsfernsehen, im Internet auf www.bundestag.de und auf mobilen Endgeräten übertragen.
Der Ausschuss nimmt voraussichtlich seine Arbeit Anfang April auf. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen werden jeweils einen Vertreter in das Gremium entsenden, sodass die beiden Oppositionsfraktionen zusammen das Quorum für Minderheitenrechte in einem Untersuchungsausschuss erfüllen. Gemeinsam können damit Linke und Grüne die Ladung von Zeugen beantragen und Beweisanträge stellen.
Zum Konflikt könnte es um die von den Grünen angestrebte Vernehmung Snowdens kommen, der derzeit in Russland lebt. Voraussetzung eines solch spektakulären Auftritts wäre die Gewährung von Asyl oder eines freien Geleits für Snowden, was die Regierung aber bislang ablehnt. Alternativ könnte der Zeuge auch in Moskau, per Videokonferenz oder auf schriftlichem Weg angehört werden.
Für die Arbeit des Ausschusses haben die vier Fraktionen einen umfangreichen Fragenkatalog erarbeitet. Im Kern sollen insgesamt acht Parlamentarier prüfen, "ob, in welcher Weise und in welchem Umfang" durch Nachrichtendienste der USA, Großbritanniens, Kanadas, Australiens und Neuseelands – der sogenannten "Five Eyes" – in der Bundesrepublik Daten von Regierung, Unternehmen und Bürgern erfasst, weitergeleitet und ausgewertet wurden.
Das Gremium will auch durchleuchten, inwieweit Regierungsstellen, deutsche Geheimdienste oder das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik von solchen Praktiken "Kenntnis hatten, daran beteiligt waren, diesen entgegenwirkten oder gegebenenfalls Nutzen daraus zogen".
Wie eng haben hiesige Nachrichtendienste mit ihren internationalen Partnern kooperiert, welche Informationen wurden übermittelt, fand ein "Ringtausch" mit geheimdienstlichen Erkenntnissen statt? Erhellt werden soll zudem, ob ausländische Nachrichtendienste diplomatische Vertretungen und militärische Standorte in Deutschland für ihre Spähaktionen nutzten.
Der Ausschuss will von der Bundesregierung wissen, ob sie die zuständigen parlamentarischen Gremien über ihre Kenntnisse zur NSA-Affäre im gebotenen Umfang unterrichtet hat. Darlegen soll die Regierung, was sie gegen die Ausforschungsmaßnahmen ausländischer Geheimdienste unternommen hat.
Das Gremium will auch der Frage nachgehen, wie die deutsche Kommunikationsstruktur künftig besser vor einer Ausspähung geschützt werden kann.
Michael Grosse-Brömer, Geschäftsführer der Unionsfraktion, bezeichnet die Verständigung aller Fraktionen auf einen gemeinsamen Fragenkatalog als gutes Signal für den Schutz der Bürgerrechte. Für seine SPD-Kollegin Christine Lambrecht belegt der fraktionsübergreifende Antrag, "dass in diesem Fall das Parlament mit einer Stimme spricht".
Martina Renner (Die Linke) sagt, die Opposition habe "erfolgreich durchgesetzt, dass die Geheimdienste ihre gesamte Überwachungspraxis auf den Tisch legen müssen". Laut Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) wollen die Grünen auch Kanzlerin Merkel in den Zeugenstand laden. (kos/18.03.2014)