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Der Bereich Arbeit und Soziales verfügt auch im Haushaltsentwurf 2014 (18/700) über den größten geplanten Ausgabenposten mit 122,32 Milliarden Euro, was eine Steigerung um 3,09 Milliarden Euro im Vergleich zu 2013 bedeutet. Größter Posten sind die Aufwendungen für Rente und Grundsicherung im Alter in Höhe von 88,47 Milliarden Euro (2013: 85,05 Milliarden Euro).
Für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind im Sozialetat 31,36 Milliarden Euro (2013: 31,62 Milliarden Euro) eingeplant. Davon sind allein für das Arbeitslosengeld II 19,5 Milliarden Euro (2013: 19 Milliarden Euro) vorgesehen.
Die Verwaltungskosten der Bundesagentur für Arbeit schlagen mit 4,05 Milliarden Euro (2013: 4,05 Milliarden Euro) zu Buche, während 3,9 Milliarden Euro (2013: 3,9 Milliarden Euro) für die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit eingeplant sind.
"Wir reden hier von richtig viel Geld", sagte denn auch die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles (SPD), während der Einbringung des Einzelplans 11 am Donnerstag, 10. April 2014. Der mit Abstand größte Einzeletat drücke aus, was die Gesellschaft zusammenhalte. "Wir schaffen soziale Sicherheit und auch ganz konkret Teilhabe", sagte Nahles.
Mit den sozialpolitischen Maßnahmen wolle man den Menschen den Rücken freihalten, "bei Arbeitslosigkeit, wenn sie durch Krankheit aus dem Erwerbsleben ausscheiden und im Alter". Gleichzeitig schaffe man aber auch Chancen für die jungen Menschen. Im Zentrum, so Nahles weiter, stehe die Arbeit. Diese für möglichst viele zu schaffen, sei Ziel der Bundesregierung erläuterte sie.
Beleg dafür sei, dass trotz sinkender Arbeitslosenzahlen, die Mittel für die Wiedereingliederung nicht abgesenkt worden seien. Mit Blick auf die angekündigten Regelungen zum Mindestlohn und zur Rente sagte die Ministerin: "Wir schaffen gute Löhne und eine verlässliche Rente, die die Lebensleistung anerkennt."
Weniger positiv bewertete Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) die Arbeits- und Sozialpolitik der Bundesregieurng. Die Größe des Etats, so Lötzsch, sage noch nichts über die Art der Politik aus. "Ein hoher Sozialetat zeigt, wie hoch der Reparaturbedarf in unserer Gesellschaft ist", befand die Linke-Abgeordnete, die zugleich die geplante Schaffung eines Mindestlohn begrüßte. Es sei gut, dass die langjährige Forderung der Linken "ansatzweise" aufgegriffen wurde.
"8,50 Euro reichen aber nicht aus", schränkte sie ein und forderte einen Mindestlohn von zehn Euro. "Alleinerziehende können von 8,50 Euro ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten", sagte Lötzsch. Ebenfalls abgelehnt wurden von ihr Pläne, Ausnahmen vom Mindestlohn für Langzeitarbeitslose festzuschreiben. Mit Blick auf die Rente kritisierte sie die Ungleichbehandlung von Müttern in Ost und West bei der "Mütterrente". Dies sei durch nichts gerechtfertigt.
Man könne, so Karl Schiewerling (CDU/CSU), die Ausnahmen für Langzeitarbeitslose unter dem Blickwinkel der Gerechtigkeit kritisieren. "Aber ist es gerechter, wenn Menschen von dem Arbeitsplatz weggehalten werden, weil die Löhne falsch sind", fragte er in Richtung Linksfraktion. Ziel der Koalition sei es, Langzeitarbeitslose in Beschäftigung zu bringen.
Wenn es gelinge, den Menschen ein Berufsperspektive aufzuzeigen, auch ohne Mindestlohn, "sollte uns der Schritt viel Wert sein", betonte Schiewerling. Der Unionsabgeordnete machte zugleich deutlich, dass es darum gehen müsse, die Tarifautonomie zu stärken. Das werde durch das Tarifvertragsgesetz auch gelingen, sagte er und kündigte die Aufnahme weiterer Branchen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz an. Dies sei ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt.
Schiewerling warnte zugleich davor, nach den Liberalisierungsbestrebungen zu Anfang des Jahrhunderts "ins Gegenteil" zu verfallen. "Wir müssen wirtschaftliche Vernunft und soziale Notwendigkeit in einen vernünftigen Ausgleich bringen", forderte er. Der vorgelegte Haushalt werde dem gerecht.
Das sah Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen) anders. Die Bundesregierung konsolidiere den Haushalt mit Mitteln aus Beiträgen der Sozialversicherung, kritisierte sie. "Das Prinzip hat Struktur. Sie bedienen sich der Beitragsgelder nicht nur im Rentensystem, sondern auch bei der Gesundheit und der Pflege", sagte Deligöz.
Auf der anderen Seite gebe es bei den Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit mit 2,5 Milliarden Euro nur einen leichten Puffer. "Sie nehmen uns die Handlungsfähigkeit im Falle einer Krise", warf sie der Bundesregierung vor. Zugleich verwies sie auf das Haushaltsrisiko durch die Rente mit 63, die zu einer Frühverrentungswelle führen könne.
Bis zum Jahr 2030 könnten sich so 175 Milliarden Euro ansammeln, warnte die Grünen-Abgeordnete. Mit einer Anerkennung der Lebensleistung habe dies im Übrigen nichts zu tun. "Armut in Deutschland ist im Augenblick jung und weiblich und trifft die Alleinerziehenden besonders", sagte sie. Viele der Frauen könnten es gar nicht auf 45 Beitragsjahre schaffen und hätten auch nichts von der Mütterrente.
Aus Sicht von Ewald Schurer (SPD) ist das Rentenpaket jedoch ein großer Erfolg. Auch die "bitterpolemischen Thesen", mit denen die Stiftung Neue Soziale Marktwirtschaft versuche, die Rente mit 63 "zu zerschießen", änderten daran nichts. Umfragen hätten hingegen gezeigt, dass auch junge Menschen mit absoluter Mehrheit sagen würden, "wer 45 Jahre gearbeitet und Beiträge gezahlt hat, verdient uneingeschränkt eine Rente mit 63".
Ein Erfolg für die Regierung und ein Misserfolg für die Verfechter des neoliberalen Geistes sei dies, urteilte Schurer. Ebenfalls positiv bewertet er, dass im Haushalt die Übernahme der Grundsicherung von Arbeitslosen durch den Bund festgeschrieben sei. Damit sei man einer langjährigen Forderung der Kommunen nachgekommen.
Auch bei den Aufwendungen für Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch sei "nach langen Jahren der Ausholzung" nun eine Trendwende geschafft, zeigte sich der SPD-Abgeordnete erfreut. Somit könnten die Vermittlungsleistungen für Langzeitarbeitslose verbessert werden. (hau/10.04.2014)