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Berlin: (hib/wid) Die amerikanische National Security Agency (NSA) hat in der gemeinsam mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) betriebenen Abhöranlage in Bad Aibling systematisch gegen die bilaterale Vereinbarung verstoßen, die dieser Zusammenarbeit zugrunde lag. Dies stellte der ehemalige Bundesverwaltungsrichter Kurt Graulich am Donnerstag vor dem 1. Untersuchungsausschuss ("NSA") fest. Graulich war vor der Sommerpause zur "unabhängigen Vertrauensperson" für Bundesregierung und Parlament berufen worden, um die geheime Selektorenliste des BND einzusehen. Er hatte in der vergangenen Woche seinen Bericht in drei Versionen vorgelegt, einer öffentlich zugänglichen, einer halböffentlichen für die Mitglieder des Ausschusses und einer nichtöffentlichen für das Kanzleramt.
In Bad Aibling überwachten BND und NSA seit 2002 gemeinsam den satellitengestützten Datenverkehr in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. In einem "Memorandum of Agreement" (MoA), das die Bedingungen der Kooperation regelte, hieß es, dass beide Seiten dabei die nationalen Interessen und die Rechtsordnung der jeweils anderes zu respektieren hatten. Um zu verhindern, dass in die Abhöranlage Suchbegriffe eingespeist wurden, die dieser Festlegung zuwiderliefen, war in der Vereinbarung ein Filtermechanismus vorgesehen. Im Laufe der Jahre kam so beim BND eine Liste von Selektoren zustande, die von der NSA eingesteuert, von der deutschen Seite aber als politisch bedenklich aussortiert worden waren.
Die Liste, die die Bundesregierung dem Ausschuss vorenthält, umfasste nach Feststellung Graulichs Mitte Mai dieses Jahres exakt 39.082 Selektoren, von denen sich 2.918 auf Telefonnummern und 36.164 auf Internet-Adressen bezogen. Sie betrafen zu mehr als zwei Dritteln, genau 68,7 Prozent, Regierungsstellen in Staaten der Europäischen Union. Hier sieht Graulich den Hauptverstoß gegen die Kooperationsvereinbarung, die ausdrücklich besagte, dass europäische Ziele allenfalls eingeschränkt und anlassbezogen, keineswegs aber pauschal und flächendeckend erfasst werden durften. Wenn der BND einen Selektor als bedenklich erkannt und aussortiert hatte, verständigte er darüber die amerikanische Seite. Diese legte in keinem Fall Einspruch ein. Sie habe jedoch gelegentlich versucht, denselben Selektor ein weiteres Mal einzuspeisen, berichtete Graulich.
Mängel habe es auch aufseiten des BND gegeben. So sei nicht eindeutig definiert gewesen, was unter den zu wahrenden "deutschen Interessen" zu verstehen sei. Auch seien die deutschen BND-Mitarbeiter in Bad Aibling über den Inhalt der Kooperationsvereinbarung mit der NSA nicht vollständig informiert gewesen. Ihnen sei lediglich eingeschärft worden, deutsche Bürger, die durch das grundgesetzlich verbürgte Fernmeldegeheimnis geschützt waren, aus dem Überwachungsprogramm herauszuhalten. Diese "G10-Filterung" habe auch immer funktioniert, jedenfalls dann, wenn Daten auf den ersten Blick deutschen Adressaten zuzuordnen waren. Nach den Enthüllungen des frühen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden im Sommer 2013 sei der BND achtsamer geworden und habe in der Zusammenarbeit mit der NSA "das Steuer herumgerissen".
Graulich wies Vorwürfe zurück, er habe sich in seinen Ermittlungen vom BND beeinflussen lassen und in seinen Bericht wortgleich Passagen aus BND-Dokumenten übernommen. Er habe lediglich Rechtsauffassungen des BND zitiert, ohne sie sich zu eigen gemacht. Zwar habe er notgedrungen in Räumen des BND und mit Unterstützung von BND-Bediensteten gearbeitet. Das habe auf ihn aber keine Wirkung gehabt: "Mich beeindrucken weder eine schlechte Presse noch der BND noch Fragen des Parlaments."
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