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Berlin: (hib/PST) Die Aussage von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor dem 2. Untersuchungsausschuss am Mittwochabend hat neue Fragen zur Rolle des SPD-Abgeordneten Michael Hartmann in der Edathy-Affäre aufgeworfen. Demnach hat Hartmann den Minister zu einem Zeitpunkt über die Durchsuchung bei Edathy unterrichtet, als noch nirgends darüber berichtet worden war. De Maizière berichtete, Hartmann habe ihn am 10. Februar 2014 unmittelbar vor einer für 18 Uhr anberaumten Besprechung mit den Innenpolitikern der Koalitionsfraktionen abgepasst, um ihm dies mitzuteilen. Die Ausschussmitglieder hatten bisher keinen Anhaltspunkt dafür, dass Hartmann zu einem so frühen Zeitpunkt, rund drei Stunden nach Beginn der Durchsuchung von Edathys Wohn- und Büroräumen, schon davon wusste. Der erste Bericht darüber erschien am nächsten Morgen in der örtlichen Lokalzeitung „Die Harke“, erst danach gab es auch Agenturmeldungen. Zwar wusste Edathy selbst zu diesem Zeitpunkt durch seinen Anwalt Bescheid, aber die vorliegenden Erkenntnisse deuten nicht unbedingt auf Edathy als Quelle dieser Information hin.
De Maizière schilderte dem Ausschuss, Hartmann habe ihn unmittelbar vor der anstehenden Sitzung „vor der Tür abgefangen“ und ihm von der Durchsuchung berichtet. Auf seine Frage, was Edathy vorgeworfen wird, habe Hartmann geantwortet: „Kinderpornografie“. Der Minister berichtete zudem von einem Gespräch mit Hartmann am 14. Januar 2014, bei dem er diesen gefragt habe, warum „aus dem jungen, begabten Edathy“ bei der Koalitionsbildung nichts geworden sei. Hartmann habe geantwortet, dass dieser „ein persönliches Problem“ habe, er aber dazu nicht mehr sagen wolle. Hartmann hatte selbst als Zeuge vor dem 2. Untersuchungsausschuss ausgesagt, frühzeitig von der Sorge Edathys gewusst zu haben, dass gegen ihn wegen des Verdachts auf Besitz kinderpornografischen Materials ermittelt werden könnte. Allerdings hatte Hartmann vehement bestritten, eigene Erkenntnisse über solche Ermittlungen gehabt zu haben. Außerdem habe er, wenn er auf die längere Abwesenheit des damaligen SPD-Abgeordneten angesprochen worden sei, immer gesundheitliche Probleme genannt.
Eigentlich hatte der Ausschuss de Maizière als Zeugen geladen, um eine Unklarheit in der Zeugenaussage des früheren Präsidenten des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, aufzuklären. Dabei ging es um eine Presseerklärung des SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann vom 13. Februar 2014, mit der der Fall Edathy endgültig zu einer politischen Affäre geworden war. Oppermann hatte ihn, so de Maizières Aussage, am frühen Abend des 12. Februar 2014 angerufen: Er wolle in einer Pressemitteilung den „ganzen Sachverhalt“ darstellen, denn es komme „sowieso alles raus“. Dabei ging es vor allem um den Informationsfluss wenige Tage nach Beginn der Ermittlungen gegen Edathy vom BKA über den damaligen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) an die SPD-Spitzenpolitiker Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und ihn, Oppermann, selbst. Er habe Oppermann daraufhin empfohlen, mit Friedrich darüber zu sprechen, was dieser dann auch sofort zugesagt habe, berichtete de Maizière.
In besagter Pressemitteilung stand auch, Ziercke habe Oppermann in einem Telefonat im Oktober 2013 die gerade eingeleiteten Kinderporno-Ermittlungen gegen Edathy bestätigt. Ziercke hatte daraufhin einen solchen Geheimnisverrat bestritten, später nahm auch Oppermann diese Aussage zurück. Als die Presseerklärung erschien, war Ziercke gerade bei de Maizière. Vor dem Untersuchungsausschuss hatte Ziercke zunächst sehr bestimmt gesagt, bei dieser Unterredung sei nicht über Edathy gesprochen worden, und von Oppermanns Presseerklärung habe er erst danach erfahren. Auf Nachfragen hin hatte er dann seine Aussage dahingehend geändert, dass er sich nicht erinnern könne, mit de Maizière darüber gesprochen zu haben, dies aber auch nicht ausschließen könne. De Maizière berichtete nun, in diesem Gespräch sei „am Rande auch Edathy Thema“ gewesen. Ziercke habe ihm die Rolle des BKA bei den Ermittlungen erläutert. Ob auch die Presseerklärung, die ihm Oppermann am Vorabend angekündigt hatte, in dem Gespräch eine Rolle gespielt habe, sei ihm „nicht mehr erinnerlich“, sagte der Bundesinnenminister.
Intensiv wurde de Maizière schließlich zum Verhalten des beamteten Staatssekretärs Klaus-Dieter Fritsche befragt. Dieser hatte, nachdem er von BKA-Chef Ziercke von den Ermittlungen gegen Edathy erfahren hatte, umgehend seinen damaligen Minister Friedrich informiert, nicht aber nach der Amtsübergabe am 17. Dezember 2013 den Nachfolger de Maizière. Dieser wies nun darauf hin, dass Fritsche schon kurz danach ins Bundeskanzleramt gewechselt sei. Außerdem sei der Zweck zu verhindern, dass Edathy ein hervorgehobenes Amt bekommt, mit der Regierungsbildung entfallen. Die befragenden Abgeordneten wiesen demgegenüber darauf hin, dass Fritsche die Information Friedrichs damit begründet habe, ihn für den Fall einer unverhofften Journalistenanfrage zu wappnen. Dieses Risiko habe auch nach dem Amtswechsel weiter bestanden.
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