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Berlin: (hib/wid) Der frühere Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) Ernst Uhrlau hat nach eigenen Worten erstmals Anfang 2006 erfahren, dass die National Security Agency (NSA) mit Hilfe seiner Behörde europäische Ziele auszuspähen versuchte. Der damalige Leiter der Abteilung Technische Aufklärung beim BND, Dieter Urmann, habe ihn über verdächtige Vorgänge bei der Überwachung des kabelgestützten Datenverkehrs informiert, die der BND seit 2004 gemeinsam mit dem US-Geheimdienst betrieb, berichtete Uhrlau am Freitag dem NSA-Untersuchungsausschuss . Uhrlau war von 1999 bis 2005 als Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt tätig und anschließend bis zu seiner Pensionierung im Dezember 2011 Präsident des BND.
Wie Urmann ihm in einem Gespräch 2006 mitgeteilt habe, hatte die Abteilung Technische Aufklärung festgestellt, dass einige der von der NSA gelieferten Suchbegriffe zur Überwachung des Glasfasernetzes der Telekom Unternehmen oder Behörden in Ländern der Europäischen Union betrafen. Die amerikanische Seite habe die Vorfälle als Fehler eingestanden, sich entschuldigt und versprochen, so etwas werde nicht wieder vorkommen. Der BND habe seither regelmäßig Stichproben genommen, aus denen im Laufe der Zeit eine „Ausschlussliste“ problematischer Suchmerkmale entstanden sei. Uhrlau erklärte, er gehe davon aus, dass er damals auch seinen Nachfolger als Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Klaus Dieter Fritsche, von dem Vorgang informiert habe, genau erinnern könne er sich allerdings nicht.
Uhrlau skizzierte die Entwicklung der Geheimdienstzusammenarbeit zwischen den USA und Deutschland seit der Jahrtausendwende. Bereits vor den Anschlägen vom 11. September 2001 sei im Prinzip vereinbart gewesen, dass der BND die bis dahin von den Amerikanern betriebene Abhöranlage in Bad Aibling übernehmen, die dort gewonnenen Erkenntnisse allerdings weiterhin mit der NSA teilen solle. In Bad Aibling wird der satellitengestützte Datenverkehr überwacht, der Fokus richtet sich auf Krisenregionen des Nahen und Mittleren Ostens.
Grundlage der Kooperation sei die gegenseitige Verpflichtung gewesen, dass keine Seite Bürger, Institutionen oder Unternehmen der jeweils anderen ausspähen dürfe, sagte Uhrlau. Die Amerikaner hätten zugesagt, sich auf deutschem Boden an deutsches Recht zu halten. Für die deutsche Seite sei darüber hinaus klar gewesen, dass andere Länder der Europäischen Union den BND nichts angingen. Das sei allerdings anders als der Schutz deutscher Grundrechtsträger keine rechtliche Verpflichtung gewesen, sondern eine Geste des guten Willens. Dass die Amerikaner sich diesen Vorbehalt auch zu eigen gemacht hätten, sei nicht anzunehmen.
Unter dem neuerdings bekannt gewordenen Stichwort „Eikonal“ kam dann 2004 die Kooperation bei der Überwachung der kabelgestützten Kommunikation zustande. Der BND habe damit wenig Erfahrung gehabt und sei dankbar gewesen für die Unterstützung der NSA, berichtete Uhrlau. Die rechtlichen Bedenken des Netzbetreibers Telekom wurden mit einem von Uhrlau unterzeichneten „Freibrief“ aus dem Kanzleramt ausgeräumt. Die Auswertung der Glasfaserdaten sei wesentlich ergiebiger gewesen als die Abschöpfung satellitengestützter Kommunikation in exotischen Weltregionen von Bad Aibing aus. Allerdings sei hier auch die Gefahr viel größer gewesen, das grundgesetzlich geschützte deutsche Fernmeldegeheimnis zu verletzen oder auch europäische Interessen.
Der BND habe daher stets vorsichtig agiert. Möglicherweise auch wegen dieser Vorhalte sei die amerikanische Seite mit den Resultaten unzufrieden gewesen und habe seit Ende 2007 darauf gedrängt, die Zusammenarbeit wesentlich zu intensivieren. Dies habe der damalige Kanzleramtsschef, Thomas de Maizière, mit Rücksicht auf die deutsche Rechtslage abgelehnt. Die USA hätten daraufhin Mitte 2008 die Zusammenarbeit eingestellt. Die Reaktion de Maizières „spricht Bände“, meinte Uhrlau. Sie sei ein Hinweis darauf, dass das Kanzleramt bereits damals dass Problem des ungezügelten Wissensdrangs der NSA im Blick hatte.
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