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Das um den Bereich Verbraucherschutz erweiterte Justizministerium unter Minister Heiko Maas (SPD) kann im diesjährigen Bundeshaushalt (18/700, 18/702) mit einem leicht erhöhten Etat rechnen. Nach den Beschlussempfehlungen des Haushaushaltsausschusses (18/1007, 18/1023, 18/1024, 18/1025) umfasst das Ausgabevolumen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (Einzelplan 07) in diesem Jahr 648,14 Millionen Euro und damit rund 41,3 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Der Bundestag beschloss den Etat 2014 am Donnerstag, 26. Juni 2014, mit den Stimmen der Regierungskoalition aus SPD und CDU/CSU gegen die Stimmen der Opposition aus Linken und Bündnis 90/Die Grünen.
Die Debatte eröffnete Halina Wawzyniak (Die Linke). Sie begrüße zwar die Etablierung der Mietpreisbremse, für sie bleibe diese allerdings nur ein „Bremschen“. Viele Ausnahmen von der Mietpreisbremse könne sie nicht nachvollziehen. Besonders kritisierte sie, dass die Koalition den Paragrafen 5 des Wirtschaftsstrafgesetzbuches streichen wolle. Dieser erlaubt es, bei Mietwucher Geldstrafen bis zu 50.000 Euro zu verhängen, auch gegen Unternehmen.
Mit der Streichung des Paragrafen und dem Hinweis auf das Strafgesetzbuch aber ginge diese Möglichkeit verloren, da Unternehmen nicht nach dem Strafgesetzbuch verurteilt werden könnten. „Sie sagen zu den Mietern: Ihr könnt zwar Strafanzeige erstatten, aber nur wenn ihr private Vermieter habt.“
Wawzyniak forderte zudem, die Vorgaben für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zu ändern, sodass diese Immobilien nicht nur nach dem Höchstbieterverfahren verkauft. Dann hätten auch genossenschaftliche und kommunale Unternehmen eine Chance.
Wawzyniak unterstützte indes die Pläne der Regierung, die SED-Opferrente um 50 Euro anzuheben. „Das ist richtig und gut“, sagte sie. Allerdings sei es falsch, die Opferrente an das Einkommen zu knüpfen. Auch müsse darüber nachgedacht werden, den Kreis der Anspruchsberechtigten zu erweitern. „Prüfen Sie, ob Sie den Anwendungsbereich nicht erweitern können.“
„Es ist der ein guter Haushalt geworden“, konstatierte Dennis Rohde (SPD). Der Etat sei der Grundstein für eine lebendige und aktive Rechtspolitik, die auf Prävention anstatt "law and order" setze. Auch deshalb werde man noch 2014 den "Finanzmarktwächter" einführen und mit einer Anschubfinanzierung von 2,5 Millionen Euro ausstatten.
Der Wächter solle in Zukunft die Verbraucher über den Finanzmarkt beraten und Kleinanleger davor bewahren, ihre Ersparnisse bei riskanten Angeboten zu verlieren. „Damit schließen wir eine Lücke im Verbraucherschutz auf dem Finanzmarkt“, sagte Rohde. Schon in der letzten Legislaturperiode habe man sich dafür stark gemacht, doch ohne die FDP habe man endlich eine Mehrheit dafür gefunden. Rohde versicherte, dass man auch zukünftig die Finanzierung sicherstellen werde.
Für mehr Transparenz und Kompetenz im Verbraucherschutz solle der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen sorgen, so Rohde. Das sende ein „klares Signal, dass wir es ernst meinen mit dem wirtschaftlichen Schutz der Verbraucher“.
Der Großteil des Haushaltes von knapp 650 Millionen Euro sei für Personalausgaben langfristig gebunden, sagte Rohde, nämlich 66 Prozent. Damit könne man durchaus von einem Verwaltungshaushalt sprechen, denn die vernünftige finanzielle Ausstattung der Gerichte und juristischen Einrichtungen sei das Grundgerüst des Rechtsstaates in Deutschland: „Unsere Justiz muss handlungsfähig sein.“
Das gelte besonders mit Blick auf den Schrecken und das Leid, das durch die Verbrechen des sogenannten "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) verbreitet worden seien. Auch deshalb habe man den Haushaltsansatz des Generalbundesanwaltes um zusätzliche fünf Millionen Euro für die Aufklärung von rassistischen und menschenverachtenden Taten aufgestockt.
Dr. Tobias Lindner von den Grünen wies darauf hin, dass man hier nicht nur einen Haushalt eines Ministerium spreche, sondern um den Haushalt eines neuen Ministeriums. Und bei jedem neuen Ministerium müsse man sich fragen, ob der Haushalt zu dem neuen Ministerium mit seinen neuen Aufgabenbereichen passe. „Leider passt er nicht“, verkündete er.
Ein Beispiel dafür sei der neue Finanzmarktwächter. Dieser greife zu kurz, da er nur für Finanzen zuständig sei. Es fehle ein Marktwächter für die digitale Welt: „Für digitale Geschäftsmodelle ist ein Marktwächter dringend notwendig.“
Zur Einrichtung des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen sagte Lindner, hier müsse man aufpassen, dass sie nicht zu einer „One-man-Show“ verkomme. Dann erhalte sie nämlich nicht „die Schlagkraft und Beratungskompetenz, die wir uns wünschen“.
Ebenso kritisierte Lindner die institutionellen Zuschüsse für den Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die Verbraucherzentralen benötigten eine angemessene Ausstattung. Leider habe die Regierungskoalition einen entsprechenden Änderungsantrag seiner Fraktion abgelehnt: „Das ist schade für die Verbraucher in diesem Land.“
„Etwas sehr Spezielles“ ist der Haushaltsplan des Justizministeriums für Klaus-Dieter Gröhler von der CDU/CSU. Zum einen aufgrund dessen Umfang von 5,3 Millionen Euro, was der Portokasse des Sozialetats entspreche. Ebenso speziell mache ihn sein hoher Deckungsgrad. Aber ganz besonders mache ihn, dass „die Opposition fast gar nichts daran auszusetzen hat“.
Doch auch wenn der Etat noch so klein sei, müsse jeder ausgegebene Euro erst einmal eingenommen werden. Deshalb müsse man trotzdem überprüfen, ob es sinnvoll sei, „den ein oder anderen Euro draufzupacken“. Das erfordere Haushaltsdisziplin, zeige aber den Menschen, dass sich auch der Staat bescheide.
Man habe den Etat entsprechend auch nur um einen Prozent angehoben. Diese Anhebung sei unter anderem vorgenommen worden, um Verbesserungen im Verbraucherschutz zu finanzieren. „Wir haben zusätzlich 2,5 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt, um den Aufbau der Marktwächterfunktion für den Finanzmarkt zu ermöglichen“, sagte Gröhler.
In seiner Rede hob Gröhler die Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit (IRZ) hervor, die auch aus dem Haushalt des Ministeriums finanziert wird. Diese habe einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass Litauen nun bald der Eurozone beitreten werde, sagte er. „Auch so verstehe ich größere Verantwortung für Deutschland in der Welt, wie sie der Bundespräsident eingefordert hat.“
Für Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zeigt der Haushalt, „wie viel Sinnvolles man mit einer Portokasse finanzieren kann“. Insgesamt müsse sich die Politik überlegen, wo sie etwas mit Gesetzen oder Geld lösen könne. „Kluge Politik muss mit beidem sparsam umgehen“, sagte er.
Nur müsse man sich Gedanken machen, wo es sinnvoll und notwendig sei, etwas per Gesetz zu lösen. Beispiele dafür seien die Sukzessionsadoption, die Mietpreisbremse, die Frauenquote und Verschärfungen im Strafrecht bei sexuellem Missbrauch und Kinderpornografie.
Geld müsse man so einsetzen, dass gesetzliche Notstände gar nicht erst entstehen, sagte Maas. Deshalb erhöhe man die Förderung des Projekts „Kein Täter werden“ der Berliner Charité um 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Projekt hilft Männern mit pädophilen Neigungen, dass aus ihren sexuellen Phantasien keine Straftaten werden. „Mit diesem Geld schützen wir die Kinder mehr als wir es oftmals mit Gesetzen tun könnten.“
Auch auf den Verbrauchermärkten wolle man den Menschen helfen, sagte Maas. Deshalb würden die Verbraucherzentralen zu Marktwächtern umgebaut. „Diese erfahren nämlich als allererste, wo Fehlentwicklungen vorliegen.“ Für den Aufbau solcher Marktwächter seien 2,5 Millionen Euro extra in den Etat geflossen.
Gleichzeitig sei man im Kampf gegen Diskriminierung und Gleichberechtigung durch die geänderte Sukzessivadoption einen wesentlichen Schritt weiter gekommen, sagte Maas: „Toleranz kann nicht verordnet, aber gefördert werden.“
Auch deshalb wurde das Stiftungskapital der Magnus-Hirschfeld-Stiftung, die sich der Erforschung gesellschaftlicher Lebenswelten von Lesben, Schwulen und Transgender widmet, um 1,75 Millionen Euro erhöht. Das alles zeige: „Es muss nicht immer ein Gesetz sein. Auch mit klugem Mitteleinsatz kann man eine gute Politik machen.“
Keine Mehrheit fand ein Änderungsantrag der Linken (18/1855), zehn Millionen Euro zusätzlich für eine bundesweite Finanz- und Schuldnerberatung in den Justizetat aufzunehmen.
Ebenso abgestimmt wurde über den Etat des Bundesverfassungsgerichts (Einzelplan 19). Dafür sind im Haushalt 2014 (18/1017, 18/1024) Ausgaben von 46,07 Millionen Euro vorgesehen. Damit bleibt der Etat des höchsten deutschen Gerichts im Vergleich zum Vorjahr etwa konstant. Auch beim Verfassungsgericht sind die Personalausgaben mit rund 23,73 Millionen Euro der größte Ausgabenposten. Diesem Einzelplan stimmten alle Fraktionen zu. (jbb/26.06.2014)