Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 21 - 22 / 22.05.2006
Annette Rollmann

Stichwort: Wer ist eigentlich arbeitslos?

Wer jeden Morgen zur Arbeit geht, hat ein Ziel. Er will seine Arbeit erledigen, Erfolg haben, Geld verdienen und - er erfährt durch seine Leistung Anerkennung. Die Texte auf dieser Seite beschreiben die Probleme von Menschen, die aus ihrem Berufsleben herauskatapultiert werden, in Rente gehen oder erst gar nicht die Chance erhalten, in der Berufswelt zu starten - aus sehr unterschiedlichen Gründen. Im Westen haben viele Arbeitslose keine abgeschlossene Berufsausbildung, sind bereits seit längerem ohne Arbeit und über 50 Jahre alt. Im Osten spielt die Berufsqualifikation nicht so eine große Rolle. Obwohl hier viele Arbeitslose gut ausgebildet sind, ist die Langzeitarbeitslosigkeit hoch.

Aber wann sind Menschen eigentlich arbeitslos, wie ist das definiert? Von 82,5 Millionen Deutschen sind nur etwas mehr als die Hälfte Erwerbspersonen, nämlich 42,9 Millionen. Die Nicht-Erwerbstätigen sind entweder Kinder, nicht arbeitssuchende Mütter, Rentner oder kranke Menschen. Von den Erwerbspersonen sind gut 3,7 Millionen erwerbslos, sie suchen aktiv auf dem Arbeitsmarkt, sind aber nicht arbeitslos gemeldet. Hinzu kommen noch weitere drei Millionen, die zur stillen Reserve zählen, also Menschen, die arbeiten wollen, sich aber nicht aktiv bewerben. Von der Bundesanstalt für Arbeit werden aber nur diejenigen als arbeitslos gemeldet, die weniger als 15 Stunden arbeiten und mehr als 15 Stunden arbeiten wollen. Derzeit sind das - mit fallender Tendenz - 4,79 Millionen Menschen. Fazit: Eine große Gruppe von Menschen taucht gar nicht in der Arbeitslosenstatistik auf.

Diese "Dunkelziffer", die nicht in der offiziellen Statistik erscheint, wird sich in den kommenden Jahren eher noch erhöhen, da Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland immer seltener unbefristet sind, sondern Menschen zunehmend projektgebunden und zeitlich befristet eingestellt werden oder "frei" arbeiten. Das Statistische Bundesamt hat deshalb jetzt sogar eine weitere neue Begriffskategorie eingeführt: die der Unterbeschäftigten. Danach hätte im vergangenen Jahr jeder siebte Erwerbstätige in Deutschland bei entsprechender Vergütung gerne mehr gearbeitet. Erst bei einem Wirtschaftswachstum von zwei Prozent erwarten die Experten jedoch eine Trendwede zu mehr sozialversicherungspflichtigen Jobs. Derzeit werden aber nur 1,8 Prozent prognostiziert. Trotz der erfreulicherweise sinkenden Arbeitslosenzahlen bleibt es also spannend.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.