Das Parlament
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen

Das Parlament
Nr. 23 - 24 / 06.06.2006
Ines Gollnick

Der "Schatzsucher": Heinz-Peter Haustein

Parlamentarisches Profil

Der sächsische Liberale Heinz-Peter Haustein (51), Ingenieur der Elektronik, ist Unternehmer, ehrenamtlicher Bürgermeister in Deutschneudorf, seit 2005 Bundestagsabgeordneter und "Schatzsucher" aus Passion. Dabei ist die Schatzsuche als Geschäftszweck in Deutschland verboten. Das hat ihn nicht daran gehindert, seit sieben Jahren in der "Fortuna Fundgrube" in Deutschkatharinenberg, nahe der deutsch-tschechischen Grenze, nach Teilen des Bernsteinzimmers zu graben. Allerdings bediente er sich eines Tricks, gründete 2001 neben seiner Elektro- und Aufzugsbau Firma die Fortuna Bernstein GmbH, die den Zweck hat, das Besucherbergwerk zu betreiben. Neben dem touristischen und gastronomischen Angebot, ist es erlaubt, das Bergwerk weiter zu erschließen.

Der Hintergrund und Auslöser: Durch Zufall kam Haustein mit einem hochrangigen General des Dritten Reiches kurz vor dessen Tod ins Gespräch. Dieser habe ihm von Kisten mit Bernstein berichtet, die in Deutschneudorf gelandet sein sollen. Haustein recherchierte, denn niemand konnte sich damals vorstellen, dass dort noch Bergwerke in diesem Ausmaß vorhanden sein sollten. Die waren nämlich 1882 bereits geschlossen worden. "Ich bin überzeugt davon, dass wir irgendwann diesen unterirdischen Bunker finden", gibt sich der Politiker im Gespräch mit "Das Parlament" hoffnungsvoll. "Es geht mir nicht ums Geld, sondern um die Sache", unterstreicht er. Sollte er tatsächlich Teile des Bernsteinzimmers finden, gehen diese natürlich in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland über. Der Gemeinde und der GmbH stünde in einem solchen Fall ein Finderlohn zu, der gemeinnützig eingesetzt würde, denkt Haustein die Geschichte zu Ende. "Selbst wenn ich wollte, ich könnte nicht mehr aufhören", sagt er. Immer wieder beschleicht ihn der Gedanke, er könnte nur wenige Meter von dem spektakulären Fund entfernt sein.

Haustein hat eine recht ungewöhnliche Passion entdeckt, ihn aber deswegen als weltfremd abzustempeln, wäre ungerechtfertigt. Bevor er politisch aktiv wurde baute er ein Unternehmen auf, das stetig wächst. Vor 20 Jahren begann er, noch in der damaligen DDR, als Einzelkämpfer, jetzt beschäftigt er mehr als 130 Mitarbeiter. Er stellt weitere ein, darunter wieder acht Auszubildende, zusätzlich zu den bereits vorhandenen 16. Nach erfolgreichem Abschluss sollen alle übernommen werden. Natürlich musste auch er umstrukturieren, als in Deutschland die Geschäfte nicht mehr so gut liefen. Mitarbeiter reisen jetzt nach Österreich, in die Schweiz, nach Dänemark, die Niederlande oder Russland. "Man geht dorthin, wo es Arbeit gibt", sagt Haustein. Er sitzt im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales, also da, wo sich ein aktiver Unternehmer gut aufgehoben fühlt. Im Finanz- und Verkehrsausschuss arbeitet er als stellvertretendes Mitglied mit. Man könne etwas bewirken, meint er, aber aus der Opposition heraus ist es immer besonders schwer. "Das merken wir, wenn wir durchdachte Anträge einbringen und die aus polemischen Gründen einfach abgelehnt werden." Es würde weniger an der Sache entschieden, sondern aus politischem Kalkül. "Das ist eigentlich verkehrt", findet er. "Das Wichtigste ist der Mensch und das Zweitwichtigste das Parteibuch", so die Position des Oppositionspolitikers. Von grundlegenden Reformen sehe er nichts. Wenn er könnte wie er wollte, würde er "auch mal heilige Kühe" schlachten wie die Arbeitsverwaltung. Kritik übt er vor allem an den 20 Milliarden Euro, die dort seiner Auffassung nach nur für die Eigenverwaltung verbraucht würden. Ginge es nach ihm, würde er den Überbau Bundes- und Landesarbeitsagentur abschaffen, das Geld an die Landkreise geben und die Arbeitsagenturen angliedern.

Im Ausschuss kümmert sich Haustein um die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, die auch optimiert werden müssten, findet er. Auch hier will er mehr Markt- und weniger Monopolpreise. Natürlich spricht er auch pro domo, wenn er dafür plädiert, die Unternehmer zu stärken, damit diese mehr Arbeitskräfte bräuchten und die Leute von der Straße kommen. Hartz IV wäre jedenfalls nicht die Lösung. Das erlebe er auch in seiner Bürgermeistersprechstunde.

Überhaupt werden ihm die Unternehmer pauschal zu viel in die Pfanne gehauen. Familienbetriebe - wie er selbst einen führt - beschäftigten 8,9 Millionen Menschen, die 30 Dax-Unternehmen 1,7 Millionen. Familienbetriebe trügen soziale Verantwortung, dort gebe es kein Kommen und Gehen von Managern. Er würde auch die mehr als 55-Jährigen bis zur Rente beschäftigen, "weil es sich nicht gehört, wenn die 20 Jahre bei ihm waren und dann gesagt bekommen, du musst jetzt gehen, jetzt bist du zu alt".

Bei Haustein scheint bei diesen Schilderungen etwas durch, was gerne vorschnell in der politisch rechten Ecke verortet wird, nämlich Patriotismus. "Man sollte sich als Politiker auch mit seinem Land identifizieren und sich dazu bekennen, dass man für sein Land und die eigene Nation da ist", findet er. Dass er einer ist, der auch über den Tellerrand schaut, belegt sein Engagement in der deutsch-tschechischen Zusammenarbeit, die auch für seine Kommune von großer Bedeutung ist. Außerdem arbeitet er in der deutsch-tschechischen Parlamentariergruppe mit. 2005 ist in Deutschneudorf ein deutsch-tschechischer Kindergarten eröffnet worden. Jetzt soll eine gemeinsame Grundschule folgen. Gerade hat sich dafür der Schulverein gegründet, also eine private Initiative im Bildungsbereich, die verbinden soll. All das läuft nicht problemlos, was schon mit der Anerkennung von Lehrplänen losgeht. Der Kommunalpolitiker Haustein hat also noch viel zu tun. Die Funktion des Bundestagsabgeordneten ebnet da durchaus den Weg, eben wenn es um Kontakte geht, wie mit dem tschechischen Botschafter oder dem Präsidenten.

Jedenfalls ist so einer wie Haustein eine Art "Hoffnungsträger" für die Region, auch weil er mit der größte Arbeitgeber im Landkreis ist. Deutschneudorf ist eine 1.300-Seelengemeinde. So wird die Dimension deutlich. Und so sorgt er mit dafür, dass Menschen im Erzgebirge wohnen bleiben und auch dörfliches Leben erhalten wird. Der Familienvater zweier erwachsener Kinder (20 und 25) spielt selber noch Fußball mit den alten Herren. Im Posaunenchor bläst er ins Tenorhorn wie jüngst bei einem Konzert in der Kirche in Seiffen. Bei Klassik in den eigenen vier Wänden entspannt er sich. Und träumt vielleicht von der Fortune, die er braucht, um den vermeintlich verborgenen Schatz zu finden.


Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2006.