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Vom Papyrus zur E-Mail
Vor rund 4.000 Jahren entsteht die
älteste überlieferte Petition der Weltliteratur. Sie
stammt vom „Oasenmann“, der sich in der libyschen
Wüste über Misshandlungen durch Untergebene eines hohen
Beamten beschwert – damit aber letztlich wenig Erfolg
hat.
Zu den Rechten der Bürger in der griechischen und
römischen Demokratie der Antike gehört auch das
Einbringen von Petitionen bei den staatlichen Stellen. Diese
Papyrus-Schriften stellen über Jahrhunderte wichtige Quellen
für das Studium der Sozialbeziehungen und das Verständnis
für die Rechte und Pflichten im Altertum dar.
1794 stellt es das Allgemeine Preußische Landrecht jedem frei, Zweifel, Einwendungen und Bedenken gegen Gesetze und andere Anordnungen vorzubringen. Neue Verfassungen in Süddeutschland geben den Bürgern um 1815 das Recht, die Stände anzurufen, die sich ihrerseits an den Monarchen wenden dürfen. Im Deutschen Bund (1815 bis 1866) können sich Bürger zwar mit Eingaben an den Bundestag wenden – aber nur wenn ihr Anliegen privater und nicht öffentlicher Natur ist.
1848 legt die Nationalversammlung, in vielem vorbildlich, in der Frankfurter Paulskirche auch beim Petitionsrecht wesentliche Elemente des heute bekannten Petitionsrechts fest. In die Verfassung schreiben die Abgeordneten das Recht für jeden Deutschen, sich mit Bitten und Beschwerden an die Behörden und die Volksvertretungen wenden zu können. In der Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 wird dieses Recht zwar nicht mehr erwähnt, doch zählen Eingaben an den Reichstag zur Praxis. Die Weimarer Verfassung macht 1919 wieder ein Grundrecht daraus. In der NS-Herrschaft ab 1933 droht Petenten jedoch gerichtliche Verfolgung.
1949 stellt der Parlamentarische Rat bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes das Petitionsrecht in vollem Umfang wieder her. Er erhebt es sogar zu einem Grundrecht, dessen Wesensgehalt auch bei späteren Änderungen der Verfassung nicht mehr angetastet werden darf. In Artikel 17 wird unveräußerlich festgehalten, dass jedermann (also alle Menschen, unabhängig von Alter, Herkunft, Geschlecht oder Beruf) das Recht hat, „sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden“.
1975 werden die Eingaberechte und deren Behandlung durch den Bundestag über die funktionierende Praxis hinaus noch einmal formal aufgewertet. Bis dahin ist der Petitionsausschuss nur in der Geschäftsordnung des Bundestages erwähnt. Nun findet er auch Eingang in die Verfassung: „Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuss, dem die Behandlung der nach Artikel 17 an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden obliegt“, heißt es seither in Artikel 45 c des Grundgesetzes. Gleichzeitig wird darauf verwiesen, dass der Ausschuss auch besondere Befugnisse hat, die in einem gesonderten Bundesgesetz festgelegt werden.
Mit eigenem Infostand ist der Petitionsausschuss des Bundestages immer wieder auf Publikumsmessen vertreten, um auf die Möglichkeiten hinzuweisen. Mit zum Inventar gehört inzwischen ein großer Briefkasten, in den die Besucher sogleich ihre an Ort und Stelle verfasste Petition einwerfen können. Petitionen soll man künftig auch per E-Mail an den Petitionsausschuss schicken können. Um Missbrauch zu vermeiden, wird es dabei darauf ankommen, die Technik der elektronischen Autorisierung verstärkt zu nutzen.
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Text: Gregor Mayntz
Fotos: studio kohlmeier, picture-alliance
Erschienen am 15. Dezember 2004