Regierung will Börsenaufsicht beim Bund zentralisieren
Berlin: (hib/VOM) Die Bundesregierung strebt eine Zentralisierung der Börsenaufsicht in Deutschland bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht an. Dies geht aus ihrer Antwort (15/893) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (15/819) hervor. Begründet wird dies mit den Nachteilen einer drohenden Zersplitterung der Börsenaufsicht im Lande und mit den Initiativen zur Schaffung eines gemeinsamen Finanzmarktes in Europa. Die Union hatte sich in ihrer Anfrage auf eine unterschiedliche Auslegung börsenrechtlicher Vorschriften durch die Börsenaufsichtsbehörden der Länder bezogen und beklagt, dass durch solche Formen der "Aufsichtsarbitrage" die Bemühungen konterkariert würden, den Finanzplatz Deutschland effizient, konkurrenzfähig und offen für in- und ausländische Akteure zu gestalten.
Nach Darstellung der Regierung unterliegt die Einschätzung, ob ein Handelssystem als Börsenhandel einzustufen ist oder ob die in einem System zustande kommenden Preise als Börsenpreise anzuerkennen sind, ausschließlich den Börsenaufsichtsbehörden der Länder. Große Unterschiede in der Umsetzung des Börsengesetzes schwächten die Aufsicht und würden die Gefahr einer Aufsichtsarbitrage in sich bergen, räumt die Regierung ein. Die Länderaufsichtsbehörden hätten nach geltender Rechtslage jedoch grundsätzlich eine eigene Auslegungskompetenz im Hinblick auf börsenrechtliche Fragen. Zur Koordinierung der Aufsicht zwischen Bund und Ländern sei bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ein Wertpapierrat eingerichtet worden, der aus Ländervertretern bestehe, bei der Aufsicht mitwirke und die Bundesanstalt beim Erlass von Rechtsverordnungen und Richtlinien berate. Darüber hinaus hätten die Länder seit Jahren einen Arbeitskreis für Börsen- und Wertpapierwesen eingerichtet, der regelmäßig tage und an dem auch Vertreter der Bundesministerien der Finanzen, der Justiz und für Wirtschaft und Arbeit sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht teilnehmen.
Eine unterschiedliche Behandlung von Investoren in Deutschland wäre nach Meinung der Regierung nachteilig für die betroffenen Marktteilnehmer, aber auch für den gesamten Finanzplatz. Sie bestehe aber derzeit weder in rechtlicher noch in wirtschaftlicher Hinsicht, da sämtliche Märkte in Deutschland frei zugänglich seien und die Rahmenbedingungen des Wertpapierhandelsgesetzes und des Börsengesetzes für alle Marktteilnehmer gleichermaßen gälten. Die Regierung verweist darauf, dass die Länder eine Zentralisierung der Börsenaufsicht beim Bund ablehnen, weil sie diese als massiven Eingriff in die föderale Börsenaufsichtsstruktur betrachten würden.