Moratorium für Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses empfohlen
Berlin: (hib/WOL) Die Staatsministerin für Kultur und Medien (BKM), Christina Weiß, hat sich am Mittwochnachmittag im Kulturausschuss in der Frage des Wiederaufbaus des Berliner Stadtschlosses klar für ein Moratorium - einen gesetzlich angeordneten oder vertraglich vereinbarten Aufschub -
beim Wiederaufbau ausgesprochen. In Zusammenfassung des von ihr vorgelegten Abschlußberichtes der Arbeitsgruppe "Schlossareal" sagte Weiß, "es ist der falsche historische Moment", jetzt eine Entscheidung zu treffen. Die Arbeitsgruppe habe zwar festgestellt, dass das von den nationalen Expertenkommissionen "Historische Mitte Berlin" vorgeschlagene und vom Bundestag befürwortete Humboldt-Forum realisiert werden kann und auch eine Nutzungsvariante entwickelt, die die Idee des Forums wahre und auf dem Schlossareal raummäßig umsetzbar sei. Die einer kulturellen Nutzung angemessene Lösung durch eine weitgehend öffentliche Finanzierung in Höhe von knapp 600 Millionen Euro zuzüglich 80 Millionen Euro für die Barockfassaden durch private Geber, sei angesichts der angespannten Haushaltslage aber "derzeit nicht darstellbar". Ein Kauf/Mietmodell, mit dem etwa Hamburg und Berlin gute Erfahrungen gemacht haben, werde vom Bundesminister für Finanzen (BMF) ablehnend bewertet und das Modell eines privat finanzierten Projektes sei hinsichtlich der Folgen nicht absehbar.
Die CDU/CSU begrüßte ebenso wie die anderen Fraktionen die klaren Worte und unterstützte die BKM-Haltung, nicht von der Zielvorgabe einer kulturellen Nutzung abzugehen. Konkretisiert werden müsse aber der Zeithorizont beim Wiederaufbaues des Schlossareals, wie auch zum Abriss des "Palastes der Republik". Angesichts eines langfristigen Aufschubs beim Wiederaufbau müsse aber gefragt werden dürfen, ob nicht ein Teil der Millionen für die Bundesanstalt für Arbeit für einen baldigen Aufbau des Schlosses verwendet werden könnte. Wenn es nämlich nach Abriss des Palastes der Republik erst eine grüne Parkanlage in der Berliner Mitte gebe, sei der notwendige Druck zum Schlossbau zu bezweifeln. Diese Aussage fand die SPD höchst problematisch. Begrüßt wurde von den Sozialdemokraten jedoch die Einigkeit hinsichtlich der vorgesehenen kulturellen Nutzung. Dies sei ein sehr wichtiger Konsens. Ein Zeitfenster mochte die SPD nicht nennen. Das Berliner Schloss habe nicht das emotionale Gewicht der Dresdner Frauenkirche, es sei daher auch denkbar, dieses Vorhaben der nächsten Generation zu übergeben. Auf der Grundlage der jetzigen Erkenntnisse sei der Antrag der CDU/CSU zur Umsetzung des Bundestagsbeschlusses zur Wiedererrichtung des Berliner Stadtschlosses (15/1094) "total überholt".
Als "nicht sehr kraftvoll" bezeichnete die FDP ein Moratorium nach monate-, wenn nicht jahrelanger Diskussion und fragte nach den Haushaltsvorgaben zur Vorbereitung des Wiederaufbaus und zum Abriss des Palastes der Republik für die Jahre 2004/5. Bündnis 90/Die Grünen sprachen sich dafür aus, in der jetzigen Sitzung keine Abstimmung über den Unionsantrag durchzuführen, jedoch hinsichtlich des Abrisses des Palastes der Republik eine klare Festlegung durch das Parlament zu initiieren. Bezweifelt wurde auch die Haltung des BMF im Hinblick auf das Kauf/Mietmodell zur Finanzierung des Stadtschlosswiederaufbaus. Die Union begrüßte ausdrücklich die Einlassung der Bündnisgrünen und schlug vor, bis zur nächsten Sitzungswoche eine interne interfraktionelle Regelung anzustreben. Abschließend erklärte Weiß, die Mittel für den Abriss des Palastes der Republik seien in der Haushaltsplanung vorgesehen, das Zeitfenster für das Schloss liege dagegen in der eigenen Entscheidung des Parlaments. Angesichts des 600-Millionen-Umfangs für den Wiederaufbau des Schlosses müsse aber auch daran gedacht werden, dass gleichzeitig enorme Mittel für die Sanierung und Neukonzeption der Museumsinsel vorgesehen seien und "zwei Dinge mit halber Kraft zu machen, ergibt keine gute Sache".