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Hartmut Hausmann
Neue Kernkraftrichtlinie
In der EU heftig umstritten
Rechtzeitig vor dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zur EU in
diesem Jahr will die Europäische Union die
Sicherheitsvorschriften im Bereich der Kernenergie angleichen und
verstärken. Schon 1998 hatte der Innen- und Justizministerrat
der EU verlangt, dass das Sicherheitsniveau von kerntechnischen
Anlagen in den Beitrittsländern angehoben wird, damit sie dem
technischen, rechtlichen und betriebstechnischen Stand in der Union
entsprechen sollen.
In einem Änderungsantrag zu dem Kommissionsentwurf
versuchte der Industrieausschuss des Europäischen Parlaments
durch eine weitergehende Verpflichtung ein "dem Stand der Technik
entsprechendes Sicherheitsniveau" zu erreichen. Ein solches Niveau,
so heißt es in dem Text, setze voraus, dass technische,
rechtliche und betriebstechnische Systeme der besten
verfügbaren Praxis entsprechen, die gegenwärtig in der
Union erreicht wird oder sich in der Entwicklung befindet.
Zusätzlich sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden,
sich um die ständige Verbesserung dieses Sicherheitsniveaus zu
bemühen. Doch diese Verschärfung, die auch Frankreich
gezwungen hätte, seine etwas laschen Vorschriften zu
verschärfen, fand im Plenum keine Mehrheit. Ohne die
Durchsetzung dieses Grundsatzes könnte das an der Grenze zu
Luxemburg liegende Atomkraftwerk Cattenom auch weiterhin die
vorhandenen technischen Rückhaltemöglichkeiten für
hochradioaktive Stoffe ignorieren und die Mosel hoch belasten,
warnte der Luxemburger Abgeordnete Claude Turmes.
Die deutsche Berichterstatterin für die Richtlinie
über die Vergabekriterien von Euratomkrediten, Hiltrud Breyer
von den Grünen, hatte eine Ablehnung der
Kommissionsvorschläge empfohlen, um die
Finanzierungsmöglichkeiten für nicht mehr
sanierungsfähige Nuklearanlagen einzuschränken. Jedoch
sollten in Erweiterung der von der Kommission vorgeschlagenen
Länderliste auch Projekte in Russland, Armenien und der
Ukraine finanziert werden können, wenn dadurch der
Sicherheitsstandard deutlich erhöht würden. Statt dessen
stimmte die Mehrheit des Straßburger Parlaments für eine
Erhöhung der Kredite von vier auf sechs Milliarden Euro. Damit
hätten sich Kommission und Parlament zu schamlosen Handlangern
für die siechende Atomindustrie gemacht und für eine
Wettbewerbsverzerrung gesorgt, meinte die Berichterstatterin. Als
kleinen Lichtblick bezeichnete sie die Aufforderung an die
Kommission, innerhalb von sechs Monaten einen
Gesetzgebungsvorschlag für einen Stilllegungsfonds für
Kernkraftwerke zu machen.
Das Parlament setzte sich bei der Beratung der Richtlinie zur
Entsorgung von Nuklearabfällen dafür ein, dass die
Bürger besser über die staatlichen Plänen zur
Atomabfallentsorgung unterrichtet werden. Bisher werden die
abgebrannten Brennelemente überall noch in Zwischenlagern
aufbewahrt, ein problemloses Endlager ist noch nirgendwo
gefunden.
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