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Egon C. Heinrich
Stabilitäts- und Wachstumspakt wird
nächstes Jahr gelockert
EU-Haushalt 2005 im Zeichen der
Konsolidierung
Nach dem üblichen Streit zwischen dem Europäischen
Parlament und dem Rat der 25 Finanzminister über eine
Erhöhung des EU-Haushalts haben sich beide Gremien Ende
November auf die Eckpunkte des Budgets der Europäischen Union
für das Jahr 2005 geeinigt. Das EP hatte angesichts der um
zehn Länder erweiterten Union eine Erhöhung um rund elf
Prozent gefordert. Nun haben sich die für die Verabschiedung
des Haushalt verantwortlichen Institutionen auf eine Anhebung um
6,5 Prozent verständigt; das Gesamtvolumen erreicht damit
106,3 Milliarden Euro. Es wird erwartet, dass das EP diesem
Kompromiss auf seiner Plenartagung Mitte Dezember in Straßburg
zustimmen wird; danach kann Parlamentspräsident Josep Borrell
den Haushalt noch in diesem Jahr unterzeichnen und in Kraft
setzen.
Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Caio
Koch-Weser, der Bundesfinanzminster Hans Eichel wegen der
Beratungen über den Bundeshaushalt in Brüssel vertrat,
zeigte sich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Es sei gelungen, die
Gesamtausgaben der EU auf rund ein Prozent der Wirtschaftsleistung
der erweiterten Union zu begrenzen. Damit werde die Haltung der
Bundesregierung unterstrichen, dass die Finanzierung des
EU-Haushalts künftig mit einem Anteil von nicht mehr als einem
Prozent der Wirtschaftsleistung der Mitgliedstaaten
gewährleistet werden könne. Der Gemeinschaftshaushalt
trage dazu bei, das Ausgabenziel des Bundeshaushalts 2005 zu
sichern. Der deutsche Finanzierungsanteil am Haushalt der EU sinkt
im nächsten Jahr weiter auf 22,1 Prozent, nachdem er im Jahre
1999 noch 25,5 Prozent betragen hatte. Das Budget der EU in 2005
setzt erwartungsgemäß besondere Akzente für die
neuen Mitgliedstaaten, wie dies auf dem EU-Gipfel 2002 in
Kopenhagen beschlossen worden war.
Die vorhergehende Tagung der Wirtschafts- und Finanzminister der
EU hatte für den Bundesfinanzminister ein positives Erlebnis
gebracht. Denn nicht er, sondern sein griechischer Kollege Georgios
Alogoskoufis musste schwere Verstöße gegen den
Stabilitiäts- und Wachstumspakt eingestehen. Athen war bei
seinen an das Statistische Amt Eurostat übermittelten
Haushaltszahlen seit 1997 stets unter dem Drei-Prozent-Limit
geblieben und hatte den Ruf soliden Finanzgebarens. Nun stellte
sich heraus, dass die frühere Regierung des sozialistischen
Ministerpräsidenten Costas Simitis gefälschte Zahlen an
die EU-Behörden übermittelt und sich damit den Beitritt
zum Euro im Juni 2000 sozusagen "erschwindelt" hatte. Eurostat geht
normalerweise davon aus, dass die von den nationalen Behörden
gelieferten Zahlen korrekt sind; Eurostat hatte bisher kein Recht,
diese Zahlenangaben vor Ort zu überprüfen.
Erschwerend kommt hinzu, dass Athen die Manipulationen auch nach
Einführung des Euro fortgesetzt hat. Die neue, konservative
Regierung wurde aufgefordert, rasch zur Haushaltsdisziplin
zurückzukehren und das Defizit abzubauen; dieses liegt im
laufenden Jahr bei 5,5 Prozent. Der Rat der Finanzminister will auf
seiner nächsten Sitzung am 7. Dezember über eventuelle
Maßnahmen gegen Athen beschliessen. Ein Ausschluss
Griechenlands aus der Euro-Zone ist jedoch rechtlich nicht
möglich. Mit strengen Sanktionen wird nicht gerechnet. Die
neue EU-Kommission wird allenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren
gegen Athen einleiten. Sie schlägt außerdem
Maßnahmen vor, um künftig ähnliche Manipulationen zu
unterbinden. Die Kommission soll das Recht erhalten, die Zahlen der
Mitgliedstaaten vor Ort zu kontrollieren.
Angesichts des Falles Griechenland präsentierte sich
Bundesfinanzminister Eichel in Brüssel als "ehrlicher"
Defizitsünder. Es könne nicht sein, so der Minister, dass
jener Staat bestraft werde, der mit korrekten Zahlen die drei
Prozent überschreite, aber nicht jenes Land, das wegen
gefälschter Zahlen darunter bleibe.
Ziel der intensiven Beratungen ist eine größere
Flexibilität bei der Auslegung und Anwendung des Pakts. Dies
bedeutet vor allem eine Aufweichung der strikten Defizitgrenzen von
drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bei der jährlichen
Neuverschuldung von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bei der
Höhe der Gesamtschulden eines EU-Mitgliedslandes. In
Brüssel wird damit gerechnet, dass die Reform im ersten
Halbjahr 2005 unter der luxemburgischen Ratspräsidentschaft
abgeschlossen werden wird. Ministerpäsident Claude Juncker,
der auch Finanzminister ist, wurdezum festen Vorsitzenden des Rates
der Finanzminister der Euro-Länder berufen; er
befürwortet eine Reform des Pakts nach sechs Jahren.
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