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Susanne Kailitz
Mahnung und Hoffnung
Die Gedenkstätte Yad Vashem erinnert seit
50 Jahren an den Holocaust
Es gibt auf der ganzen Welt wohl kaum eine Gedenkstätte,
die emotionsbeladener und vielschichtiger ist: Yad Vashem ist ein
bedrückender Ort der Mahnung und des Erinnerns an den
Holocaust wie auch renommiertes Forschungs- und
Dokumentationszentrum und Museum. Seit fünf Jahrzehnten
versucht die Gedenkstätte in Jerusalem, Brücken zwischen
Nationen und Generationen zu schlagen. In Berlin wurde das
50-jährige Bestehen Yad Vashems mit einem Festkonzert in der
Deutschen Oper gefeiert, an dem unter anderen Bundeskanzler Gerhard
Schröder, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und der
israelische Botschafter Shimon Stein teilnahmen.
Im Mai 1953 hatte die Knesset ein Gesetz zur Gründung der
Shoah-Gedenkstätte verabschiedet, ein Jahr darauf wurde der
Grundstein von Yad Vashem gelegt. Yad Vashem, das heißt
übersetzt "Denkmal und Namen". "Wir sammeln in Yad Vashem die
Namen der Opfer, weil wir zeigen wollen, dass die Namen für
individuelle Biografien, für Personen mit einer eigenen
Geschichte stehen", erklärt Avner Shalev, Vorsitzender des
Direktorats von Yad Vashem. Auch Iris Berben, die durch den Abend
führte, betonte die Bedeutung des individuellen Gedenkens:
"Jeder Mensch ist es wert, dass man sich an ihn erinnert." Die
Gedenkstätte enthalte zudem Erinnerungsstücke von den
Überlebenden und sei ein "wunderbarer Ort", wie "ein Buch, das
man aufgeschlagen hat und das einen bereichert". Wer in Yad Vashem
gewesen sei, der sei sensibler im Zuhören, Be- und Verurteilen
geworden". Bundeskanzler Schröder betonte, Yad Vashem sei mehr
als Aufschrei und Anklage, Trauer und Gedenken. Die
Gedenkstätte sei auch Ort der Hoffnung auf Versöhnung,
Toleranz und Menschlichkeit. Die Gedenkstätte auf dem "Berg
der Erinnerung" bewahre das Erbe der Opfer des Völkermords und
gebe ihnen ihre Würde wieder. Yad Vashem sei ein besonders
bedeutsames Symbol für die deutsch-israelischen Beziehungen:
"für das Bekenntnis und die bleibende Verantwortung
Deutschlands für die staatliche Existenz Israels in sicheren
Grenzen".
Yad Vashem mahnt nicht nur, die Geschichte nicht zu vergessen,
es ehrt auch jene, die während des Holocaust ihr Leben
eingesetzt haben, um Juden zu retten. 20.000 namentlich gewidmete
Bäume in der "Allee der Gerechten" und Bronzetafeln an der
"Memorial Wall" erinnern an sie. Für Gisela Kuck, die die
Feierstunden organisiert, in denen Deutsche als "Gerechte unter den
Völkern" geehrt werden, ist dies eine besondere Form des
Erinnerns. "Dieser Ehrentitel ist die höchste Auszeichnung,
die der Staat Israel an Nichtjuden verleiht. Er ist Ausdruck des
offiziellen Dankes der Opfer an ihre Nothelfer." 1963 wurden Ludwig
Woerl, Hans Hartmann und Oskar Schindler geehrt. Die Legende der
"Gerechten" geht auf den babylonischen Talmud zurück, wonach
in jeder Generation 36 Gerechte unerkannt leben. Sie treten nur in
Zeiten bitterer Not hervor und helfen - dann gehen sie in die
Anonymität zurück.
Yad Vashem hat überall auf der Welt Freundeskreise. 32 sind
es bislang, den deutschen Freundeskreis mit Sitz in Frankfurt
gründete Ignaz Bubis 1996. Er ist der einzige, in dem auch
Nichtjuden Verantwortung tragen. Rita Süssmuth, seit 2002
Vorsitzende, betont die "besondere und schicksalhafte Beziehung"
Deutschlands zu Israel. Es sei wichtig, dass sich das
deutsch-jüdische Verhältnis nicht allein in Begriffen der
Schuld definiere. "Aus historischer Schuld kann eine Berufung
erwachsen, aus Tod und Leid kann Neues entstehen, auch neues
Leben."
In die Zukunft gerichtet ist die wissenschaftliche Arbeit. Yad
Vashem birgt das größte Archiv zum Holocaust,
Erinnerungsstücke und audiovisuelle Interviews mit
Überlebenden. Das Wissen um die Vergangenheit sei der
Schlüssel für die Zukunft, sagt Avner Shalev. "Wir
stellen fest, dass viele junge Menschen, gewissermaßen die
dritte Generation, sich für unsere Arbeit interessierten. Wir
wollen über die Wissensvermittlung den Dialog in Gang
bringen." Schröder betonte: "Nur wer sich erinnert, auch wenn
er keine Schuld auf sich geladen hat, kann verantwortungsbewusst
mit der Geschichte umgehen. Erinnerung hilft, der Gegenwart einen
Sinn zu geben."
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