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O. Ulrich Weidner
Wir müssen vom Öl wegkommen
Kyoto-Protokoll - Regierungserklärung und
Debatte zum Klimaschutz
Bundesumweltminister Jürgen Trittin
(Grüne) nannte es "ein erstes Ziel auf dem Weg zu einer
Industriegesellschaft, die entschieden weniger Treibhausgase
emittiert und fossile Brennstoffe effiezienter einsetzt als bisher"
- das Inkrafttreten des so genannten Kyoto-Protokolls am 16.
Februar 2005. Dies sei ein Durchbruch für den internationalen
Klimaschutz, nachdem auch Russland das Protokoll ratifiziert hat.
Es gehe nicht um einen Abschied von der Industriegesellschaft,
aktiver Klimaschutz erfordere aber eine andere Industriepolitik:
"Wir müssen vom Öl wegkommen."
Mit dem Kyoto-Protokoll bekomme die Nutzung
der Atmosphäre erstmals einen Preis, meinte Trittin.
Klimaschutz und Energiepolitik müssen intelligent
verknüpft werden. Durch das Engagement für erneuerbare
Energien wurde Deutschland zum Technologieführer. Bei der
Windkraft habe man den ersten Platz, bei der Photovoltaik den
zweiten hinter Japan. Der Minister verwies auf die führende
Rolle Deutschlands: So habe sich bereits 1990 die
Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" für eine
konsequente Klimaschutzpolitik ausgesprochen und eine Minderung der
Treibhausgasemissionen der Indsutriestaaten um 80 Prozent bis zum
Jahr 2050 empfohlen. Deshalb sei das Kyoto-Protokoll ein
"gemeinsamer Erfolg deutscher Klimapolitik". Ausdrücklich
dankte in diesem Zusammenhang der Minister seiner Vorgängerin
im Amt, Angela Merkel, wobei es Beifall im gesamten Bundestag
gab.
Und noch einen Erfolg zitierte Trittin in der
Regierungserklärung. So liege Deutschland bei der Reduktion
der Treibhausgase nur zwei Prozentpunkte vor der Kyoto-Zielmarke;
die EU habe bis 2002 die Emissionen um drei Prozent gesenkt. Bei
der sparsamen Nutzung von Energie gebe es "riesige Potenziale, etwa
bei den Kohlendioxiden im Pkw- und Lkw-Verkehr. Auch die Schwellen-
und Entwicklungsländer müssten nun ihre Verpflichtungen
übernehmen und sollten nicht die Fehler der
Industrieländer machen. Er finde es ermutigend, wenn China
trotz seines Wirtschaftswachstums bis 2010 zehn Prozent seines
Stroms regenerativ erzeugen will. An die Vereinigten Staaten
appellierte Trittin, der größte Verursacher von
Treibhausgasen müsse seiner Verantwortung "endlich gerecht
werden".
Klaus W. Lippold von der Unionsfraktion
leitete seinen Diskussionsbeitrag damit ein, dass Schätzungen
über Bedrohungen, etwa durch die Abschmelzung der Polkappen,
die zunehmende Versteppung und die Vernichtung des tropischen
Regenwaldes, eher die Untergrenze als die Obergrenze darstellten.
Für die Union müsse die eigene Politik eine ethische
Fundierung haben, den nachfolgenden Generationen eine
"menschenwürdige Welt zu übergeben". So müsse auch
die Armutsgrenze zwischen Nord und Süd überwunden werden.
Trotz aller Erfolge in der Klimaschutzpolitik müsse man
feststellen, dass man ursprünglich von einer
größeren Reduktion bei den Treibhausgasen ausgegangen
sei. Ferner habe Trittin Anfang des Jahres angekündigt, ein
überarbeitetes Klimaschutzprogramm vorzulegen -
Ankündigungen genügten aber nicht.
Ulrich Kelber von der SPD betonte die
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Chancen der Klimapolitik,
für die es sich zu engagieren lohne. Neue, energieeffiziente
Produkte, eingesparte Kosten könnten in die Finanzierung von
Dienstleistungen fließen und so zu neuen Arbeitsplätzen
führen: "Ich finanziere doch lieber den Handwerker, der auf
meinem Dach Wärmedämmungen anbringt, als
fundamentalistische Strukturen in Saudi-Arabien über das
Begleichen meiner Ölrechnung." Wenn in der verarbeitenden
Industrie Löhne und Nebenkosten nur 21 Prozent, Material- und
Energiekosten aber 56 Prozent ausmachen, werde deutlich, dass der
Klimaschutz ein sehr großes Kostensenkungspotenzial
habe.
Die Umweltexpertin der FDP, Birgit Homburger,
begrüßte die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls durch
Russland, betonte aber, der Prozess müsse in Gang gehalten
werden und weitere Länder, vor allem die USA, zum Beitritt
bewogen werden. Mit Verwunderung habe sie das Lob des Ministers auf
den Emissionshandel vernommen, da er sich doch so lange dagegen
gesträubt habe. Kritisch sah die Parlamentarierin die
Aufforderung der Bundesregierung, ein deutsches Finanzkonsortium
solle sich an der Förderung von Gas und Öl in Russland
beteiligen, dies sei "energiepolitisch Unsinn".
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