10.3
Global Governance als Verstärkung der transnationalen
Kooperation von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren
10.3.1 Nichtstaatliche
Akteure in der
Global Governance
Global Governance meint mehr als nur einen verstärkten
intergouvernementalen Multilateralismus. Als ein zweiter Baustein
des globalen Regierens gilt die Einbindung nichtstaatlicher Akteure
in das Regieren – auch daher die Rede vom globalen Regieren
(Governance) und nicht von globaler Regierung (Government). Dabei
ist sowohl an zivilgesellschaftliche als auch an andere private
Akteure zu denken. Häufig genannte nichtstaatliche Akteure
sind etwa Verbände wie Gewerkschaften, Industrie-,
Arbeitgeber- und Wohlfahrtsverbände sowie Umwelt-,
Entwicklungs- und Menschenrechts-NGOs, wie Greenpeace, Oxfam oder
amnesty international. „NGO“ steht dabei für Non-
Governmental Organization, also für
Nicht-Regierungsorganisation.
Das Wachstum der Menge der international
tätigen NGOs hat Ende der achtziger Jahre einen neuen
Höchststand erreicht (s. Abb. 10.1in 10.2.1.6; derzeit
existieren ca. 17000 nichtstaatliche „conventional“ und
„other international bodies“ nach dem Yearbook of
International Organizations 1999/2000). Der im Rahmen der UNO breit
verwendete Begriff „Nicht-Regierungsorganisation“
umfasst generell alle Organisationen, die keine Befugnis zu
allgemeinverbindlichen politischen Entscheidungen haben, also eben
kein Mandat zu „regieren“. Dies gilt für alle
privaten Akteure, Interessengruppen, Wirtschaftsunternehmen oder
auch für humanitäre Gruppen wie das Rote Kreuz.
Umgangssprachlich werden unter „NGOs“ oft solche
umwelt- und entwicklungspolitischen Organisationen verstanden, die
sich als Non-Profit-Organisationen weniger für partikulare
Interessen ihrer Klientel als für allgemeine Anliegen
einsetzen.46 Aber auch
privatwirtschaftliche und profitorientierte „global
players“, wie die multinationalen Konzerne, sind
nichtstaatliche Akteure, die in
Global Governance-Strukturen und -Prozesse eingebunden werden
sollen.
Für die Politik stellt sich die Frage,
wie die besondere Flexibilität von nichtstaatlichen Akteuren
in der Reaktion auf die Dynamiken und Probleme der Weltwirtschaft
genutzt und wie die besondere Rolle von gemeinwohl-orientierten
NGOs beim Ausgleich der de facto geringeren Partizipation auf
Seiten der Globalisierungsverlierer gestärkt werden kann.
Bislang übernehmen bestimmte NGOs weitgehend allein die Rolle
der „Global Opposition“, die das kritische
Agenda-Setting übernimmt, also die konkrete Benennung und
öffentliche Kritik globaler Probleme, und die das
autokratische Gebaren mancher internationaler Organisationen und
Staaten in Frage stellt. So trafen sich parallel zum „World
Economic Forum“ (WEF) 2002 in New York über 50000
Menschen zum „Weltsozialforum“ (WSF) in Porto Alegre.
Die Formierung einer zivilgesellschaftlichen „Global
Opposition“ verweist auf Versäumnisse der
konventionellen politischen Akteure und Institutionen bei der
Gestaltung des Globalisierungsprozesses. Um in Zukunft friedliche
Dialoge in Gang setzen und militante Proteste vermeiden zu
können, wäre es sinnvoll, demokratische Foren für
den offenen Meinungsaustausch mit Adressaten in Politik, Wirtschaft
und Gesellschaft zu schaffen, in deren Rahmen auch Kritik
geäußert werden kann. Solche neuen Formen der
Partizipation sollen dazu beitragen, den ins Hintertreffen
geratenen gesellschaftlichen Gruppen Mitsprachemöglichkeiten
und die Teilhabe an Global Gover nance zu verschaffen.
46 Im Folgenden wird vorwiegend breit von
„nichtstaatlichen Akteuren“ gesprochen. Wenn
ausschließlich gemeinwohlorientierte NGOs gemeint sind, wird
dies gekennzeichnet.
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