10.4.2 Stärkung
der globalen Demokratie als Ziel von Parlamenten
10.4.2.1 Einbezug von Parlamenten
in außen politische Entscheidungsprozesse
Die Mitglieder
des Parlaments sind direkt vom Volk gewählt; insofern
müssen sie auch im Hinblick auf Globalisierungsprozesse
Kontroll- wie Gestaltungsfunktionen übernehmen –
schließlich wirken diese in zunehmendem Maße auf
nationale Politik zurück. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden,
ist es notwendig, dass Parlamentarierinnen und Parlamentarier
systematisch und umfassend über Globalisierungsprozesse
informiert werden. Der Informationsaustausch zwischen Ministerien
und dem Parlament sollte verbessert und neue Instrumente der
politischen Teilhabe entwickelt werden. Ziel muss es sein,
systematisch parlaments- und staatsübergreifende Arbeitsfelder
zu erschließen.
Die
Kontrollrechte des Parlaments und seiner Ausschüsse sind
jedoch im Feld der Außenpolitik bzw. auch in allen anderen
ressortübergreifenden Feldern internationaler Politik
eingeschränkt, insbesondere wenn es um die spezifischen Regeln
für die Einflussnahme des Parlaments auf völkerrechtliche
Verträge geht (vgl. Messner 2001, Wolf 2001). In einer sich
globalisierenden Welt, in der völkerrechtliche Verträge
zunehmend an Bedeutung für die Innen- und Außenpolitik
gewinnen, muss diese Beschränkung des Parlaments aufgehoben
werden. Angemessen ist die Stärkung der Position des
Parlaments auch im Bereich der Vorbereitung und Ausgestaltung
solcher Verträge. Parlamente sollten sich schon zu einem
frühen Zeitpunkt bei der Identifizierung von Problemen und der
Vorbereitung multilateraler Verträge durch begleitende
Maßnahmen, Anhörungen und Teilnahme an Verhandlungen
einbringen, um die Transparenz und Mitgestaltungsmöglichkeiten
für die Parlamentarier im Hinblick auf die internationale
Politik zu sichern.68 Im
Zusammenspiel zwischen Parlament und Parlamentsverwaltung muss eine
Form der Informationsaufbereitung entwickelt werden, die es den
Mitgliedern des Parlaments ermöglicht, auch an politischen
Entscheidungen auf internationaler Ebene teilhaben und diese
nachvollziehen zu können. Auch auf die erforderlichen
nationalen – ggf. auch regionalen bzw. kommunalen –
Gesetzesänderungen muss hingewiesen werden. Es müssen
Regelungen entwickelt werden, die die frühzeitige Einbeziehung
des Parlaments sicherstellen und verhindern, dass sich die
Verfahrenszeiten zur Ratifizierung völkerrechtlicher
Verträge weiter verlän gern. Andernfalls
würde sich die Spanne zwischen der Langsamkeit der
nationalstaatlichen Verfahren und den beschleunigten
ökonomischen Prozessen nochmals vergrößern (s.
Empfehlung 10-15).
Eine „Task Force Globalisierung“
sollte prüfen, welche weiteren organisatorischen Neuerungen
die angemessene parlamentarische Beschäftigung mit
Globalisierungsthemen sicherstellen helfen (s. Empfehlung 10-17).
Diese „Task Force“ sollte etwa die Einrichtung neuer
Gremien prüfen: Ein hochrangiges Koordinationsgremium, dessen
Aufgabe in der Herstellung einer ressortübergreifenden
Verzahnung über die Ausschussgrenzen hinweg besteht,
könnte den Querschnittsbezügen vieler
Globalisierungs themen gerecht werden. Auch die Einrichtung
themenbezogener „Task Forces“, die sich für eine
begrenzte Zeit speziell mit ausgewählten globalen
Fragestellungen beschäftigen und etwa die Organisation
gemeinsamer Anhörungen mit den betroffenen
Fachausschüssen zu globalisierungsrelevanten Themen
übernehmen, sollte erwogen werden. Der im Zusammenhang mit dem
Maastrichter Vertrag geschaffene Europa-Ausschuss des Bundestages,
der Konsultationsrechte vor den Entscheidungen des EU-Ministerrates
wahrnimmt, könnte ebenfalls einen Ansatz darstellen, der
prinzipiell auf alle anderen Politikbereiche übertragbar
wäre. Schließlich sollte auch die Einrichtung eines
ständigen „Querschnittsausschusses Globalisierung“
geprüft werden. Um die federführenden Ausschüsse in
diese Arbeit der „Task Force Globalisierung“
einzubinden, ist die Doppelmitgliedschaft der Mitglieder der „Task
Force“ in einem regulären Bundestagsausschuss und dem
neuen Gremium sinnvoll.
68 So werden z. B. dem EU-Ausschuss durch Art. 23 Abs. 2
und 3 GG in den Angelegenheiten der Europäischen Union
besondere Informationsrechte eingeräumt. Auch das Recht etwa
der Ausschüsse, die Anwesenheit jedes Mitglieds der Regierung
zu verlangen, oder die „Aktuelle Stunde“ bieten hier
Möglichkeiten.
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