*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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11.2.2.4   Ressourcen (Kapitel 7 des Abschlussberichts)

Die FDP begrüßt insbesondere die im Bericht getroffene Feststellung, dass eine Auswei­ tung und Intensivierung internationaler Handelsbeziehungen den Wohlstand sowohl in den In­ dustrie- als auch in den Entwicklungsländern steigert und dass insoweit veränderte Rahmenbe­ din­ gungen des Welthandels prinzipiell keinen Anlaß geben, die wirtschaftlichen Chancen, die mit der Globalisierung verbunden sind, grundsätzlich zu beschneiden. Positiv zu vermerken ist auch, dass der Bericht gängige ökologische Ste­ reo­ typen – zumindest in der ansonsten häufig anzutreffenden einseitigen und platten Form – vermeidet. Dies gilt etwa im Hinblick auf die Stichworte „Umweltdumping“, ökologisches „race-to-the-bottom“, Standortverlagerung „schmut­ ziger“ Industrien und ökologischer Raubbau an natürlichen Ressourcen in den weniger entwickelten Ländern.

Gleichwohl enthält der Text der Enquete-Mehrheit an zahlreichen Stellen kritikwürdige Passagen, die ein abweichendes Votum begründen und erfordern. Dies betrifft zunächst die ungerechtfertigt positiven Wertungen der deutschen Umweltpolitik der laufenden Legislaturperiode. Unbegründet anerkennende Worte für die nationale Umweltpolitik der Bundesregierung finden sich an mehreren Stellen. Diesen Wertungen widerspricht die FDP. Ausdrückliche Kritik verdienen ferner die Äußerungen zu den Empfehlungen des WBGU-Gutachtens und die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen sowie die Ausführungen zum Wassermarkt. Weitere Detail-Passagen sind aus (umwelt-) ordnungspolitischer Sicht abzulehnen.

Exemplarisch für eine ungerechtfertigt positive Wertung der deutschen Umweltpolitik der laufenden Legislaturperiode ist die Vertagung des Bundesnaturschutzgesetzes. Es wird ausgeführt, dass die Bundesregierung mit dessen Novellierung einen „relativ vielversprechenden Vorstoß“ gemacht habe; dieser sei „ein Schritt in die richtige Richtung“, wenngleich „nicht weitgehend genug“. Tatsächlich werden mit der Naturschutzgesetznovelle bestehende Auflagen ausgeweitet und verschärft; betroffene Wirtschaftsbereiche (Tourismus, Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft) werden zusätzlich belastet, ohne dass dem Naturschutz hierdurch absehbar gedient würde. Möglichkeiten zum kooperativen Naturschutz werden nicht nur nicht erweitert, sondern zurückgenommen. Trotz zu erwartender starker Regulierung und einer damit einhergehenden höheren Belastung wird kein einheitlicher und hinreichender Ausgleich für Naturschutzleistungen gewährleistet. Der Gesetzgeber sollte den naturnahen Wirtschaftsbereichen aber zusätzlichen Dirigismus ersparen. Tatsächliche Probleme im Naturschutz ergeben sich weniger aus einem Mangel an Regulierung als vielmehr daraus, dass die Naturschutzverwaltungen organisatorisch, personell und finanziell schon derzeit kaum in der Lage sind, ihre Aufgaben sinnvoll wahrzunehmen. Zur Behebung solcher Defizite trägt die Novelle jedoch nichts bei, im Gegenteil: Mit der Abkehr vom anthropozentrischen Ansatz und einer Zurückstufung des Vertragsnaturschutzes zugunsten ordnungsrechtlicher Maßnahmen dient der Gesetzentwurf nicht einem dem Nachhaltigkeitsgrundsatz verpflichteten Interessenausgleich und untergräbt die Akzeptanz für Maßnahmen des Naturschutzes. Deshalb müssen beim Naturschutz freiwillige Maßnahmen und der Vertragsnaturschutz in den Vordergrund gestellt werden. Die bestehende Ausgleichsregelung und gute fachliche Praxis sollen nach Vorgabe der land- und forstwirtschaftlichen Fachgesetze erhalten und weiterent    wickelt werden. Sicherzustellen ist, dass die bestehende Ausgleichsregelung von den Ländern umgesetzt wird, Vollzugsdefitize sind zu beseitigen. Wirksamer Naturschutz ist auf eine sinnvolle Zusammenarbeit mit den Naturnutzern angewiesen.

In der daraus abgeleiteten Handlungsempfehlung wird die Bundesregierung aufgefordert, den Anteil der als Biotope zu schützenden Naturflächen auf 15–20 Prozent auszuweiten. „Biotop“ ist ein Fachbegriff, mit dem man ursprünglich kleinere Naturreste (kleine Tümpel usw.) meinte. Ökologisch zweckmäßiger wäre es, die aus fachlicher Sicht erhaltenswerten Biotoptypen und die zu schützenden Tier- und Pflanzenarten zu konkretisieren. Die Festlegung undifferenzierter Flächenquoten ist willkürlich und wenig hilfreich: Man vergleiche die Bedeutung einer Zehn-Prozent-Vorgabe für einen Flächenstaat wie Bayern etwa mit den Konsequenzen für einen Stadtstaat. Rein quantitative Vorgaben ohne hinreichend präzise qualitative Kriterien nützen dem Naturschutz nichts. Generell ist die Eignung von Quoten als Zielgröße für umweltpolitische Maßnahmen zweifelhaft. Ökologisch motivierte Quoten erweisen sich meist als wenig hilfreich für den Umweltschutz, was zuletzt am Beispiel der Mehrwegquote im Bereich der Abfallpolitik deutlich geworden ist. Quoten schränken politischen Entscheidungsspielraum unnötig ein und entfalten ein unerwünschtes Eigenleben auch dann, wenn bezüglich des ursprünglichen Lenkungsziels kein Handlungsbedarf mehr besteht.

Des Weiteren findet sich die Empfehlung, zur „Entwicklung einer nachhaltigen Biodiversitätsstrategie“ die Verbände in Form eines „Runden Tisches“ einzubeziehen und eine interministerielle Arbeitsgruppe (IMA) „Biodiversitätspolitik“ zu gründen. Außerdem soll die Bundesregierung eine neue Institution beim BMU einrichten, die nationale und verbindliche Regeln für einen biopolitischen „Vorteilsausgleich“ formuliert. Diese Vorschläge sind wenig überzeugend: Zum einen hat beispielsweise die „interministerielle Arbeitsgruppe“ zum Thema „Nachhaltigkeit“ eher ernüchternde Resultate erbracht. Auch sind die politischen Probleme im Zusammenhang der Biodiversität kaum auf eine mangelhafte Anzahl oder Struktur von deutschen Behörden zurückzuführen. Im Gegenteil liegt der Verdacht nahe, dass zusätzliche bürokratische Strukturen geschaffen werden sollen. Gerade was den biopolitischen Vorteilsausgleich betrifft, haben sich private Unternehmen schon beachtlich engagiert, ohne dass solche Initiativen in dem Abschlussbericht angemessene Erwähnung finden. Beispielsweise hat Costa Rica die landeseigene Natur zum nationalen Erbe erklärt. Dessen nachhaltige Nutzung obliegt dem Instituto Nacional de Biodiversidad (INBio). Das Institut schloß 1991 einen Vertrag mit dem Pharmaunternehmen Merck, der Nutzungs- und Lizenzgebühren für genetische Ressourcen vorsieht. Das Beispiel zeigt, dass auch im Bereich der Biodiversität ökonomische Anreize, marktliche Mechanismen und private Initiativen sachgerecht genutzt und eingebunden werden müssen, statt diese von vornherein in korporatischen und quasi-behördlichen Strukturen zu ersticken. Statt dessen findet rot-grüne Quotenvorliebe regelmäßig ihr institutionelles Pendant in behördlicher Amtskompetenz, die mit korporatistischen „Kaffeekränzchen“ am Runden Tisch gepaart werden soll. Runde Tische sind gefährliche Möbel. Sie verwischen vor allem die Verantwortlichkeit der Regierung vor Parlament und Bürgern. Zumeist werden hier politische Geschäfte zum Nachteil derer verabredet, für die am „runden Tisch“ – wohlweislich – kein Stuhl vorgesehen ist.

Die Ausführungen zur Privatisierung und Liberalisierung des Wassermarktes in Deutschland sind unangemessen zurückhaltend und konservativ. Die Enquete-Kommission spricht sich gegen eine grundlegende Neuordnung der Strukturen der deutschen Wasserwirtschaft durch die Streichung des kartellrechtlichen Ausnahmetatbestandes nach § 103 GWB (alte Fassung) und gegen eine Liberalisierung des deutschen Wassermarktes aus. Dem ist nachdrücklich zu widersprechen: Als einzigartiges Naturprodukt ist Wasser sowohl in Deutschland als auch weltweit ein lebensnotwendiges Gut. Die Versorgung mit sauberem Trinkwasser erfordert deshalb besondere Sorgfalt und strenge Kontrolle. Unabhängig davon, ob die Wasserwirtschaft in der Hand öffentlich-rechtlicher oder privater Unternehmen liegt, muss der Staat dafür Sorge tragen, dass höchste ökologische und gesundheitliche Standards gewahrt bleiben. Diese sind in Deutschland seit Jahrzehnten verbindlich und sollen es auch bleiben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Staat diese Aufgabe selbst wahrnehmen muss. Nach Auffassung der FDP besteht kein Widerspruch zwischen einer hohen Bedeutung der Wasserversorgung für den Umwelt- und Gesundheitsschutz auf der einen sowie Wettbewerb und Privatisierung der Wasserversorgung auf der anderen Seite. Andere lebensnotwendige Güter werden qualitativ hochwertig und zuverlässig ebenfalls durch Private zur Verfügung gestellt. Niemand käme etwa auf die Idee, dass das Grundnahrungsmittel Brot etwa nur durch öffentlich-rechtliche Anbieter zur Verfügung gestellt werden dürfte. Insoweit ist nicht einzusehen, dass die Wasserversorgung nicht auch durch Private erbracht werden sollte. Entscheidend ist, dass die hohe Qualität des Trinkwassers gewährleistet bleibt. Die kostensenkenden und innovationsfördernden Kräfte von Markt und Wettbewerb müssen zum Vorteil aller Bürger auch für den Wassermarkt genutzt werden. Die Wasserversorgung kann in Deutschland privatisiert werden, ohne dass Qualitätseinbußen zu befürchten wären. Dieses Votum ist freilich auf Deutschland bezogen: Es kann selbstverständlich nicht ohne weiteres auf andere Länder übertragen werden. Der Vorschlag der Kommission, das Recht auf Wasser als „individuelles Grundrecht“ festzuschreiben, ist ehrenwert, dürfte aber das Problem der Wasserversorgung gerade in den besonders betroffenen (und ärmsten) Regionen der Welt kaum lösen, zumal gerade dort andere (und ältere) Grundrechte, wie etwa das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, kaum erkennbare Wirkung zeigen. Zum Sprachgebrauch des Berichts an dieser Stelle ist im übrigen anzumerken, daß es sich beim Wasser – zumindest in ökonomischer Diktion – eben nicht um ein „öffentliches Gut“ handelt. Wissenschaftliche Fachbegriffe sollten entweder korrekt verwendet oder vermieden werden, da anderenfalls Miss­ verständnisse unvermeidlich sind. Bedenklich ist außerdem die Forderung, Kosten betriebswirtschaftlich zu    ermitteln, Preise die jedoch „armutsgerecht“ zu gestalten. Auch hier ist die (verteilungs-)politische Absicht ehrenwert. Die Wirkung staatlicher Preisvorgaben ist aber nicht nur ordnungspolitisch heikel. In aller Regel ist es sinnvoller, die Bildung von knappheitsgerechten Preisen einem Markt zu überlassen und dabei sicherzustellen, dass möglichst alle Kostenkomponenten Eingang in die Preise finden. Sozialpolitische Umverteilung sollte dann besser über direkte Einkommenstransfers, nicht jedoch über künstliche Preisverzerrungen realisiert werden. Die Ausführungen zu „Frauenspezifischen Auswirkungen der Wasserknappheit“ sind geeignet, ein ernstes Problem ins Lächerliche zu ziehen.

Der Bericht macht sich Vorschläge des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) zu eigen. Dieser schlägt in seinem Sondergutachten „Entgelte für die Nutzung globaler Gemeinschaftsgüter“ vor, Entgelte auf die Nutzung globaler Gemeinschaftsgüter, insbesondere den internationalen Luftraum und die Hohe See, zu erheben. Die zweckgebunden einzusetzenden Nutzungsentgelte sollen zum Schutz dieser Güter beitragen und die internationale Nachhaltigkeitspolitik stärken. Hinsichtlich der Verwaltung der Mittel empfiehlt der WBGU, den größten Teil des Aufkommens an bestehende internationale Institutionen zu vergeben, etwa an die Globale Umweltfazilität (GEF) oder die neuen Fonds zum Klimaschutz. Die FDP lehnt diese Vorschläge – insbesondere auch den Vorschlag einer „emissionsorientierten Flugverkehrsabgabe“ – ab. Ohne Zweifel können umweltpolitisch motivierte Abgaben im Einzelfall ökologisch sinnvoll und geboten sein. Auch sind für ökologisch motivierte Abgaben Ausgestaltungen denkbar, die zu ökonomisch vernünftigen Ergebnissen führen können. Allerdings bergen solche Abgabenkonzepte stets die Gefahr von internationalen Wettbewerbsverzerrungen und finanzieller Belas­ tungen für die Bürger, ohne dass umweltbezogene Ziele hierdurch tatsächlich erreicht werden. Es gilt zu vermeiden, dass Abgaben den Umweltschutz bei den Bürgern diskreditieren, indem der Eindruck entsteht, es gehe nicht um Umweltschutz, sondern um das Erzielen von Einnahmen für den Staat. Hervorzuheben ist dabei der kaum lösbare Konflikt zwischen der Lenkungsfunktion und der Finanzierungswirkung solcher Abgaben. Eine Zweckbindung des Aufkommens für hehre Ziele – einerlei, ob für ökologische, soziale oder sonstige Zwecke – ist dabei nur ein scheinbarer und trügerischer Ausweg. Zwar ist eine Zweckbindung für den Fiskus mitunter hilfreich, um den Griff in private Brieftaschen durch scheinbare Gegenleis­ tungen plausibel zu machen. Widerstände der Steuerbürger werden auf diese Weise vielleicht geschwächt oder überwunden. Derartige Verschleierungsmechanismen sind jedoch mit einem liberalen Verständnis von Steuerpolitik unvereinbar, weil mündige Bürger einen Anspruch darauf haben zu wissen, welche konkreten Ziele mit einer Abgabe verfolgt werden sollen. Nur so kann jeder einzelne in der Lage sein, gute von schlechter Politik zu unterscheiden und seine Wahlentscheidung sachlich zu begründen. Die Zweckbindung von Steuermitteln beeinträchtigt demgegenüber die Transparenz staatlicher Eingriffe. Im undurchschaubaren Dickicht fiskalischer Umverteilung wird für den Einzelnen letztlich unsichtbar, ob er zu den Gewinnern oder zu den Verlieren staatlicher Eingriffe gehört. Davon abgesehen schafft jede Zweckbindung sachfremde Wirkungszusammenhänge. Ohne Sachzusammenhang werden bei einer Zweckbindung die Spielräume zur Erfüllung einer staatlichen Aufgabe abhängig von dem Grad, in dem die Erfüllung einer anderen staatlichen Aufgabe gelingt. Insbesondere die von der Bundesregierung in Deutschland eingeführte „Ökosteuer“ hat die Glaubwürdigkeit staatlicher Umweltpolitik in diesem Sinne massiv beschädigt. Wie kann es glaubwürdig um den Umweltschutz gehen, wenn doch die Einnahmen aus der Ökosteuer an anderer Stelle schon fest eingeplant sind?

Die Überlegungen der Kommission zu der Frage, wie eine höhere Akzeptanz für den Umweltschutz in Entwicklungsländern geschaffen werden könnte, ignorieren weitgehend die ökologischen und ökonomischen Chancen, die ein moderner Klimaschutz auf der Grundlage der flexiblen Mechanismen des Kyotoprotokolls auch für diese Länder bieten könnte. Die FDP engagiert sich deshalb seit langem für eine aktive Klimapolitik. Durch Emissionszertifikate und deren weltweiten Handel wird insbesondere auch für die weniger entwickelten Länder eine attraktive Möglichkeit erschlossen, substanzielle Beiträge zum Klimaschutz zu leisten und zugleich aktiv und in eigener Verantwortung am Welthandel teilzunehmen und auf diese Weise ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern. Ein weltweiter Emissionshandel ist insoweit auch eine große Chance für die entwicklungspolitische Zusammenarbeit. Neben einer konstruktiven Begleitung klimapolitischer Aktivitäten auf europäischer und auf multilateraler Ebene muss Deutschland auf dem Weg bilateraler Zusammenarbeit die Initiative zur Umsetzung von Klimaschutzprojekten auch im Ausland ergreifen. Entwicklungspolitische Konzepte müssen unter expliziter Bezugnahme auf die Mechanismen des Kyotoprotokolls verstärkt in ein zu entwickelndes klimapolitisches Gesamtkonzept Deutschlands eingebunden werden. Derartige Einsichten wären dem globalen Umwelt- und Klimaschutz dienlicher als die Forderung, bei „den Verhandlungen um die zweite Verpflichtungsperiode des Kioto-Protokolls darauf (zu dringen), dass auch diejenigen klimawirksamen Emissionen des Flugverkehrs (wie etwa Kondensstreifen) berücksichtigt und einbezogen werden, die nicht zu den sechs sogenannten „Kioto-Gasen“ zählen“.

11.2.2.4.1  Für eine ökonomisch durchdachte Umweltpolitik

Zum Zusammenhang zwischen Globalisierung und ökologischem Gleichgewicht vertritt die FDP grundsätzlich die folgende Position:

Befunde

1.   Das Wachstum der Weltwirtschaft bringt vielfältige ökologische Probleme mit sich. Es ist nützlich, zwi    schen globalen und lokalen Problemen zu unterscheiden:

–    Durch die weltweite Zunahme der wirtschaftlichen Aktivität kommt es zu ökologischen Veränderungen auf dem „Planet Erde“, die für die Zukunft der Mensch- heit von großer Bedeutung sein können: Abbau der Ozonschicht, Temperaturanstieg und Klimaveränderung, Überfischung der Weltmeere, Abholzung der Tropenwälder, Verminderung der biologischen Vielfalt u.a.

–    In lokalen Ballungszentren des raschen wirtschaftlichen Wachstums kommt es zu extremen ökologischen Engpässen: Luft- und Wasserverschmutzung durch Emissionen der Industrie und des Autoverkehrs, Trinkwasserknappheit und massive lokale Zerstörung von Lebensräumen von Tieren und Pflanzen, u.a.

2.   Globale ökologische Probleme sind in den neunziger Jahren verstärkt zum Gegenstand internationaler Vereinbarungen geworden. Soweit diese Vereinbarungen konkrete Maßnahmen vorschreiben, folgen sie einem typischen Muster: relativ starke ökologische Beschränkungen für Industrieländer, dagegen kaum Beschränkungen für Entwicklungsländer. Besondere Beachtung verdient in dieser Hinsicht das Kyoto-Protokoll von 1997, das Verpflichtungen zur Senkung der Emission von Treibhausgasen festlegt, um der Erwärmung der Erdatmosphäre zu begegnen. Diese Verpflichtungen sind international stark differenziert: Während die EU–Staaten bei den sechs wichtigsten Treibhausgasen eine Reduktionspflicht von in der Summe 8 v.H. gegenüber 1990 übernommen haben, wurde das Burden-sharing innerhalb der EU-Staaten stark differenziert. Die innereuropäische Bandbreite der Verpflichtungen reicht von Deutschland (mit einer Reduktionspflicht von 21 Prozent) über Frankreich (keine Reduktionspflicht) bis zu Portugal und Griechenland (27 bzw. 25 Prozent Emissionssteigerung). Frei von Beschränkungen sind die Entwicklungsländer und die schnell wachsenden EMEs.

3.   Lokale ökologische Probleme sind in der Vergangenheit auf nationaler Ebene mit sehr unterschiedlicher Intensität angegangen worden:

–    In den westlichen Industrieländern ist es in den letzten Jahrzehnten gelungen, die ökologische Situation urbaner Ballungszentren und damit die Lebensqualität für die dort lebenden Menschen deutlich zu verbessern. Dies gelang in der Regel durch die Kombination mehrerer Maßnahmen: Aufbau einer verbesserten Infrastruktur, Sanierungen kontaminierter Regionen, staatliche Regulierung von Emissionen und Immissionen etc. Auch die Abnahme der Bevölkerungswanderung vom Land in die Städte nach dem endgültigen Abschluss der Industrialisierung war in dieser Hinsicht hilfreich.

–    In den Entwicklungsländern – und besonders in den über Jahrzehnte schnell wachsenden EMEs – hat sich die ökologische Situation urbaner Ballungszentren dagegen verschlechtert. Die Maßnahmen, die bisher zur Lösung der Probleme ergriffen wurden, sind nach den Maßstäben der Industrieländer noch völlig unzureichend. Auch die Bevölkerungswanderung vom Land in die Städte hält an.

4.   Vielfach wird die Globalisierung für die Zunahme weltweiter Umweltprobleme verantwortlich gemacht. Da die weltwirtschaftliche Arbeitsteilung zu mehr Wachstum und Wohlstand führt, kann dies auch ein höheres Maß an Umweltbelastung bedeuten, weil z.B. bei der ausgeweiteten Produktion von Gütern und Dienstleistungen zusätzliche Emissionen anfallen und mehr Konsumgüter auch mehr Abfall mit sich bringen. Unabhängig von der Globalisierung setzen vor allem in Entwicklungsländern örtliche Produzenten vielfach Technologien ein, die wesentlich umweltbelastender sind als die in Industrieländern angewandten Produktionsmethoden. Gegenüber global operierenden Unternehmen wird vor diesem Hintergrund häufig der Vorwurf erhoben, dass sie bei ihren Investitionen in Entwicklungsländern die noch fehlenden oder sehr geringen Umweltstandards kostensparend ausnutzen oder sogar nur deswegen überhaupt dort tätig werden. Für die Produktion in den Industrieländern werden Kritikern zufolge gerne umweltintensive Vorprodukte aus Entwicklungsländern bezogen.

5.   Diesen Vorwürfen ist entgegenzuhalten, dass bei Direktinvestitionen in Entwicklungsländern schon aus betriebswirtschaftlichem Kalkül in der Regel die gleichen Anlagen zum Einsatz kommen wie in Industrieländern. Viele Anlagen sind heute schon so konstruiert, dass nicht nur weniger Rohstoff im Produktionsprozess benötigt wird, sondern die Rohstoffe auch effizienter verwertet werden (integrierter Umweltschutz). Wird das gleiche Produkt an einem ausländischen Standort hergestellt, so lohnt es sich in aller Regel nicht, die in die Anlage eingebauten emissionssenkenden Technologiebestandteile extra wieder zu entfernen. Das wäre teurer als der Einsatz einer bereits erprobten Technologie auch im Ausland. Da zudem nicht nur Unternehmensstrategien, sondern auch Nachrichten global sind, werden Umweltschädigungen durch multinationale Konzerne, die z.B. beim Kauf einer örtlichen Produktionsstätte mit veralteter Technik in einem Entwicklungsland publik werden, inzwischen in der Regel weltweit sehr schnell bekannt. So entsteht ein starker Druck in entwickelten Ländern auf den Investor, keine Produktions- und Verarbeitungsmethoden in Entwicklungsländern einzusetzen oder beizubehalten, die besonders umweltintensiv sind.

6.   Weltweit existieren sehr unterschiedliche Umweltstandards. Dies ist nicht nur auf die unterschiedliche Reichweite von Umweltbelastungen zurückzuführen (lokal, regional, national oder global), sondern auch darauf, dass Umweltschutz ein Gut ist, das erst mit dem Erlangen eines gewissen Wohlstandsniveaus verstärkt nachgefragt wird. Aus diesem Grund sperren sich viele Entwicklungsländer nicht nur gegen einen angemessenen Schutz lokaler Umweltgüter – was letztlich ihren eigenen Interessen zuwiderläuft –    sondern zaudern auch beim Schutz internationaler bzw. globaler Umweltgüter. Der wirtschaftspolitisch grundsätzlich richtige Ansatz, auf dezentrale Lösung zu setzen, bei denen der Staat lediglich den Rahmen und die Anreize vorgibt, die Lösungen aber „von unten“gefunden werden, wird deshalb je nach betrachteter Volkswirtschaft zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Aber gerade im Umweltschutz kann auf einen solchen dezentralen Ansatz nicht verzichtet werden. Die technischen Prozesse, die nötig sind, um Umweltrisiken zu mindern oder zu vermeiden, basieren in der Regel auf unternehmensinternen Kenntnissen, so dass ein staatliches Ordnungsrecht an Grenzen stößt.

Politische Konsequenzen

1.   Aus liberaler Sicht muss die Umweltpolitik so gestaltet sein, dass sie vorgegebene ökologische Ziele mit einem Minimum an ökonomischen Kosten erreicht. Dies impliziert, dass jede ökologische Maßnahme stets genau dahin überprüft wird, ob es Alternativen gibt, die weniger wirtschaftliche Ressourcen verschlingen und weniger Optionen für die Zukunft verstellen. Wer diese Prüfung vornimmt, muss dazu legitimiert sein. Hier gilt es wieder, zwischen globalen und lokalen Umweltproblemen zu unterscheiden.

2.   Bei der Lösung globaler Umweltprobleme sind internationale Absprachen unumgänglich, auch wenn einzelne Länder eine Vorreiterrolle übernehmen, eine Vorbildfunktion ausüben und auch wenn isolierte Beiträge zur Lösung globaler Probleme beitragen können. Die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, insbesondere im Bereich der Senkung von Schadstoffemissionen zur Klimastabilisierung weisen dabei zwei Schwächen auf:

–    Sie schließen jene Länder der Erde fast vollständig von der Verpflichtung zur Schadstoffreduktion aus, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahren ein besonders starkes – und schadstoffintensives – wirtschaftliches Wachstum erleben werden. Dies gilt vor allem für eine Reihe von EMEs, darunter China und Indien als die bevölkerungsreichsten Länder der Welt. Tatsächlich wird nicht der Stand, wohl aber die Entwicklung des weltweiten Schadstoffausstoßes maßgeblich von dem wirtschaftlichen Wachstum allein in diesen beiden Ländern abhängen.

–    Sie ordnen die Hauptlast der ökologischen Anpassung jenen Ländern zu, die bereits wesentliche Schritte in Richtung der Schadstoffminderung getan haben, in aller Regel die Industrieländer. Dies führt, global betrachtet, zu sehr hohen Kosten der Schadstoffminderung: Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Kosten der Minderung von Emissionen bei fast allen der bekannten Schadstoffe steil ansteigen mit der bereits erreichten Senkung des Niveaus. Dies entspricht auch der praktischen Lebenserfahrung mit Maßnahmen der Schadstoffminderung: So stößt z. B. eine verstärkte Isolierung von Wohnräumen – in Deutschland durch immer striktere Wärmeschutzverordnungen erzwungen – dort an harte ökonomische Grenzen, wo die Wohnqualität in den bereits gut isolierten Räumen leidet und dadurch zunehmende volkswirtschaftliche Folgekosten entstehen (so etwa Allergien bei den Menschen, Feuchtigkeit in den Räumen der Häuser).

3.   Ökonomisch effizienter Umweltschutz verlangt Wege zu finden, um in der Zukunft weltweite Schadstoff­ emissionen vor allem dort zu vermindern, wo die Zunahme der Emissionen aufgrund des wirtschaftlichen Wachstums voraussichtlich am größten sein wird, weil dort – da es bisher kaum Bemühungen um Verminderung gab – die Kosten pro reduzierter Schadstoffeinheit am geringsten sind. Diese Anforderung weist eindeutig in Richtung der Gruppe der EMEs. Diese müssen veranlasst werden, Reformen durchzuführen und Technologien einzusetzen, die für eine nachhaltige Minderung der Schadstoffausstöße ihrer Volkswirtschaften sorgen. Dies wird nur gehen, indem die Industrieländer entsprechende politische Schritte finanziell und technisch unterstützen, da die Bevölkerung in den EMEs selbst auf absehbare Zeit andere Prioritäten setzt als den globalen Umweltschutz. In diesem Zusammenhang kommt den flexiblen Kyoto-Instrumenten, insbesondere dem „Clean Development-Mechanism“, eine herausgehobene Bedeutung zu. Konkrete Ziele einer solchen globalen Umweltpolitik sollten vor allem sein, dafür zu sorgen, dass die meisten EMEs

–    ihre Energieerzeugung grundlegend verändern, und zwar weg von schadstoffintensiven fossilen Brennstoffen hin zu weniger umweltbelastender Energiegewinnung,

–    die Subventionierung des Energieverbrauchs – weit verbreitet zur Stützung der inländischen Industrie – reduzieren, bestenfalls verbunden mit einer Liberalisierung der Energiemärkte und einer Privatisierung der Versorgungsbetriebe

–    auf ökologischen Raubbau mit weltweiten Folgen verzichten (z.B. auf das Abholzen tropischen Regenwalds).

Eine solche Politik wird zweifellos nicht ohne fiskalische Belastungen für die Industrieländer zu verwirklichen sein. Gleichwohl spricht vieles dafür, dass diese volkswirtschaftlich weniger stark zu Buche schlagen werden als die massive Fehllenkung von Ressourcen in dem Versuch, ohnehin schon niedrige Schadstoffemissionen pro erzeugter Energieeinheit hierzulande noch weiter mit hohem technischen und finanziellen Aufwand zu reduzieren.

4.   Lokale Umweltprobleme sind allein Sache der betroffenen Region. Es obliegt den Regierungen der jeweiligen Länder oder Städte, in Absprache mit der lokalen Bevölkerung umweltpolitische Ziele zu definieren und durch Maßnahmen umzusetzen. Eine globale Umweltpolitik ist hier weder erwünscht noch sinnvoll möglich. Jede internationale Unterstützung zur Lösung lokaler Probleme ist deshalb auch nicht wirklich Teil einer globalen Umweltpolitik, sondern schlicht eine spezielle Form der Entwicklungshilfe. Diese mag im Einzelfall durchaus sinnvoll sein, etwa für die wirtschaftlich besonders rückständigen Länder, die TERs.

   Die Festlegung von Herstellungs- und Weiterverarbeitungsverfahren bei einer Produktion fällt zunächst in die Souveränität des Herstellers und seines Sitzlandes, nicht in diejenige des Importlandes. Nur soweit dies zu grenz­ überschreitenden umweltbeeinträchtigenden Effekten führt, sind zwischenstaatliche Verhandlungslösungen geboten. Dieses Vorgehen ist zielführender als ein Versuch, bestimmte Produktions- und Verarbeitungsmethoden, die sich das Importland wünschen mag, generell mit Hilfe von Handelsrestriktionen durchsetzen zu wollen.

11.2.2.4.2  Offene Fragen

Die Punktation ist ausgesprochen ungenau. Es ist nicht klar, was die Mehrheit der Enquete unter Umwelt und Armutsbekämpfung versteht. Anreizstrukturen und Finanzierungsstrategien einer technologischen Revolution zum Ressourcenverbrauch sind Teil einer Diskussion über Instrumente.

Konflikte beim Rohstoffabbau sind altbekannt; Haftungsregeln im Sinne des Verursacherprinzips haben nichts mit dem Thema der Globalisierung zu tun.




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