*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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4.2.1.4    Ressourcenorientierte Definition internationaler Wettbewerbsfähigkeit

Hier wird Wettbewerbsfähigkeit als das Vermögen begriffen, die einheimischen Ressourcen unter den Bedingungen weltoffener Märkte effizient zu nutzen. So schlägt z.B. das ifo-Institut in Anlehnung an die OECD vor, den Lebensstandard – Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner – und die Beschäftigungsrate – Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter – als Indikatoren für die Fähigkeit zur Ressourcennutzung zu verwenden (Gerstenberger 2001). Dieser Ansatz ist in vielerlei Hinsicht plausibler als der außenhandels-, kosten- oder kapitalorientierte Ansatz, hat aber nur noch mittelbar mit den Konkurrenzbeziehungen zwischen den in- und ausländischen Unternehmen bzw. den Produktionsfaktoren zu tun.

Das ifo-Institut kommt, gemessen an diesen Indikatoren, zu dem Ergebnis, dass Deutschland wegen seines geringen Arbeitsmarkterfolges im internationalen Vergleich ungünstig abschneidet. Zu einem im Prinzip übereinstimmenden Ergebnis kommt mit ähnlicher Methodik die Standortberichterstattung, die das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) seit 1998 regelmäßig veröffentlicht (Hein u.a. 2001, Heise    u.a. 2000, Heise u.a. 1998). Der WSI-Standort-Indikator – „Leistungsfähigkeit im internationalen Vergleich“ – besteht aus zwei Komponenten: Die Effizienz des Faktors Arbeit wird durch die Erwerbstätigenproduktivität – BIP je Erwerbstätigen, international vergleichbar gemacht durch Kaufkraftparitäten – gemessen. Der Nutzungsgrad des Faktors Arbeit wird durch die Beschäftigungsquote – Erwerbstätige je zivile Erwerbspersonen – angegeben. Der Gesamtindikator für die Leistungsfähigkeit wird dann durch das arithmetische Mittel aus Erwerbstätigenproduktivität und Beschäftigungsquote gebildet. Tabelle 4-1 zeigt diesen Indikator und seine Komponenten für das Jahr 2000 und die fünf größten OECD-Länder Deutschland, Frankreich, Großbritannien, USA und Japan, jeweils ausgedrückt im Verhältnis zum Durchschnitt aller 15 EU-Länder.

Abbildung 4-7 stellt dar, wie sich die WSI-Leis­ tungsfähigkeitsindikatoren für die fünf größten OECD-Länder und seine beiden Komponenten in den 90er Jahren verändert haben.

   In den USA und in Großbritannien haben sich sowohl Effizienz als auch Nutzungsgrad des Faktors Arbeit von 1991 bis 2000 relativ zum EU-Durchschnitt positiv entwickelt. In Japan und Frankreich – im letzteren Fall weniger ausgeprägt – haben sich beide Indikatoren verschlechtert. Deutschland hat eine gemischte Bilanz mit zwei gegenläufigen Trends: die Produktivitätsentwicklung ist positiv und auch günstiger als in allen anderen zum Vergleich herangezogenen Industrieländern10, die deutsche Beschäftigungsentwicklung war dagegen die ungünstigste aller fünf Länder. Die Veränderung des Gesamtindikators zeigt – auf Grund der gewählten Gleichgewichtung beider Teil­ indikatoren – insgesamt noch eine leichte Verbesserung der Leistungsfähigkeit Deutschlands im internationalen Vergleich (s. 4-7).

Dabei bedarf die im internationalen Vergleich relativ günstige Produktivitätsentwicklung in den USA einer ergänzenden Interpretation: Zum einen handelt es sich um die Produktivität je Erwerbstätigen, nicht je Arbeitsstunde; hier spiegelt sich die Tatsache, dass die Arbeitszeit in den USA im fraglichen Zeitraum im Unterschied zu den anderen Ländern nicht gesunken, sondern gestiegen ist. Zweitens verbergen sich hinter den US-Zahlen möglicherweise starke Disparitäten, d.h. es handelt sich um eine Durchschnittsbildung aus hochproduktivem modernem und geringproduktivem Niedriglohnsektor (vgl. Scharpf 2002). Zu prüfen wäre, ob sich in den Zahlen auch ein starker Konjunktureffekt spiegelt. Dies würde bedeuten, dass im amerikanischen Aufschwung seit 1995 die Produktivität kapazitätsaus­ lastungsbedingt stärker gestiegen ist als in den eher von rezessiven Tendenzen bestimmten Vergleichsländern.

Das Ergebnis ist identisch mit der Einschätzung anderer Sachverständiger: Im internationalen Vergleich liegt die Schwachstelle der Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in den 90er Jahren in der ungünstigen Arbeitsmarktentwicklung. Das zeigt sich unter anderem darin, dass die Erwerbsquote11 der Frauen in Deutschland vergleichsweise niedrig ist. Im Jahr 2000 betrug sie 63,2%, in Japan 59,6%, in den Niederlanden 64,5%, in Großbritannien 68,9%, in den USA 70,8% und in Dänemark 75,8%; in den großen OECD-Ländern war die Frauenerwerbsquote nur in Frankreich (61,7%) und Italien (46,3%) niedriger als Deutschland (OECD 2001a: 336–395).



10 Der hier verwendete Produktivitätsvergleich auf Basis von Kaufkraftparitäten führt nicht unbedingt zum gleichen Ergebnis wie Produktivitätsvergleiche in jeweiliger Landeswährung oder mit einer einheitlichen Vergleichswährung.

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11 Anteil der Erwerbspersonen an der jeweiligen Bevölkerungsgruppe (Altersgruppe der OECD-Angaben: 16–64 Jahre).

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Tabelle 4-1

Abbildung 4-7