*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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4.9.2 Strategien zur Reduzierung der digitalen Spaltung unter besonderer Berücksichtigung von Qualifikation und „Brain Drain“

4.9.2.1 Die digitale Revolution

Die digitale Revolution führt zu globalen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Dabei spielt das Internet eine zentrale Rolle, indem es räumliche und zeitliche Kommunikationsbarrieren überwindet. Mit der digitalen Revolution sind vielfältige Auswirkungen auf die Arbeitswelt verbunden, die sich u.a. in einem steigenden Anteil von Tätigkeiten im IuK-Sektor, einer erhöhten Dienstleis­ tungsnachfrage und einem beschleunigten Tätigkeitswandel manifestieren. Mit dem Wandel von Tätigkeitsinhalten und Arbeitsanforderungen geht auch ein Wandel der Arbeitsorganisation einher. Flache Hierarchien und dezentrale Entscheidungsstrukturen bis hin zu auf Telekooperation basierenden und standortungebundenen Netzwerken sind für die veränderte Arbeitsorganisation kennzeichnend (BMA 2001: 13, Sommer 2001).

Die neuen IuK-Techniken sind für Entwicklungsländer zur Überwindung herkömmlicher Entwicklungsbarrieren und die Verringerung von Armut von hoher Relevanz. Zum einen ist der Einsatz von IuK-Techniken für Entwicklungsländer unabdingbar, um die Gefahr einer weiteren Abkopplung von der Weltwirtschaft zu verhindern. Gleichzeitig eröffnen sich neue Entwicklungspotenziale. Die Erstellung von IuK-Produkten und -Dienstleistungen ist unter wirtschaftlichen Aspekten und mit dem Ziel, nachhaltige Beschäftigung zu schaffen, besonders wichtig.

Das Volumen des weltweiten Markts für Software Produkte wird für das Jahr 2000 auf über 500 Milliarden US-Dollar geschätzt, hinzu kommen umfangreiche weitere IuK-bezogene Dienstleistungen (Arora 2001: 1269, nach Angaben der International Data Corporation). Vor allem bei Dienstleistungen wie Datenerfassung und -pflege, Kundenbetreuung in Call Centern etc. sind die Zutrittsbarrieren auch für neue Anbieter verhältnismäßig niedrig. Länder wie Indien, China, Südafrika und Jordanien haben mit der arbeitsteiligen Übernahme von Programmiertätigkeiten bereits Marktanteile im IuK-Sektor erobert, Wachstum generiert und Arbeitsplätze geschaffen. Nach Angaben der National Association of Software and Service Companies (NASSCOM) wurden Ende 2000 ca. 410 000 Arbeitskräfte in der indischen Softwareindustrie beschäftigt. Der Export von Software-Produkten und IuK-bezogenen Dienstleistungen lag in Indien 2000/2001 bei 6,2 Milliarden US-Dollar (NASSCOM 2001). Trotzdem ist die Bedeutung des IuK-Sektors für den gesamten Arbeitsmarkt in diesem bevölkerungsreichen Land relativ gering. Der Anteil der Arbeitskräfte in der Softwareindus­ trie an den gesamten Beschäftigungsverhältnissen beträgt 0,1 Prozent.51

Die Erstellung eigener Software in Schwellen- und Entwicklungsländer kann dazu führen, dass Nischen des Weltmarktes bedient und hochwertige Arbeitsplätze geschaffen werden. In Costa Rica konnten beispielsweise durch den Aufbau der Softwareindustrie und dem Export von Software in Höhe von 50 Millionen US-Dollar (1999) über direkte Beschäftigungseffekte ca. 2000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Über sekundäre Beschäftigungseffekte in Form von technischem Support, Dienstleistungen etc. liegen noch keine Zahlen vor. Auch Uruguay, Brasilien, Singapur und Malaysia gelang es, Marktnischen im IuK-Sektor zu bedienen (Stamm 2001a, 2001b: 2, OECD 2001e: 47).

Tabelle 4-9 ist dem World Employment Report 2001 der ILO entnommen und verdeutlicht die Beschäftigungsanteile des IuK-Sektors in ausgewählten Ländern.

Zentrale Voraussetzung für eine breite Nutzung von IuK- Techniken in Entwicklungsländern ist jedoch zunächst die Deckung überlebenswichtiger Grundbedürfnisse und die Stärkung des nationalen Bildungs- und Ausbildungssys­ tems sowie der Infrastruktur für IuK-Techniken. Der Zugang zu international verfügbarem Wissen und die ra    sche Verbreitung von Informationen an zentrale Gesundheitseinrichtungen können positive Auswirkungen auf die medizinische Versorgung eines Landes haben (Stamm 2001b, 2001c, Weltbank 1999: 30, OECD 2001e: 47).

Die Zugangs-, Nutzungs-, und Anwendungsmöglichkeiten von IuK-Techniken fallen weltweit sehr ungleich aus. Es wird deshalb auch von einer „digitalen Kluft“ gesprochen. Eine genaue Analyse der digitalen Spaltung, die zwischen Ländern aber auch zwischen Personengruppen eines Landes erkennbar ist, erfolgt in Kapitel 5.2.

Neben den derzeit noch bestehenden technischen und institutionellen Problemen wird das Hauptproblem für Entwicklungsländer der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften im IuK-Bereich sein, der durch die dauerhafte Emigration von Akademikern und Fachkräften noch verschärft wird. Dieses sogenannte „Brain Drain“ führt oftmals zu einem enormen Humankapitalverlust in Entwicklungsländern (Stamm 2001: 7, BMZ 2001a: 29-32).

Politisch kann die globale Vernetzung über die Stärkung zivilgesellschaftlicher Organisationen zur Demokratisierung und politischen Partizipation beitragen. Die globale Wissens- und Informationsübertragung sowie die weltweite Netzwerkbildung sind dabei von zentraler Bedeutung (Stamm 2001a, Stamm 2001b: 1, ILO 2001b: 58).



51 Die Gesamtzahl der Beschäftigten betrug in Indien im Jahre 1996 411 020 000 Personen (World Labour Report 1997: 263).

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Tabelle 4-9