Das Parlament mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen
-
Mit der Beilage aus Politik und Zeitgeschehen
-
Homepage des Bundestages | Startseite | Volltextsuche | Ausgabenarchiv | Abonnement | Impressum | Links
-

Volltextsuche
Das Parlament
Nr. 29-30 / 12.07.2004

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

Zur Druckversion
Hartmut Hausmann

Freiheit für Justiz und Medien

Italien in der Kritik des Europarates

Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat Italien aufgefordert, seine nationale Gesetzgebung an den Normen des Europarats zur Sicherung des Rechtsstaatsprinzips und der Unabhängigkeit der Justiz anzupassen und insbesondere das "Cirami-Gesetz" außer Kraft zu setzen. Dieses von Ministerpräsident Berlusconi initiierte und von ihm selbst bereits in Anspruch genommene Gesetz führt den Begriff des "legitimen Verdachts" in die Strafprozessordnung ein, mit dessen Hilfe die Aussetzung eines Verfahrens und die anschließende Übertragung auf ein anderes Gericht an einem anderen Ort beantragt werden kann. Der Verdacht kann beliebig oft geäußert werden, und jedes Mal muss das Verfahren ganz von vorn beginnen. Als Argument "für einen legitimen Verdacht" müssen "schwer wiegende örtliche Gegebenheiten, die geeignet sind, den Verlauf des Verfahrens zu beeinträchtigen", genannt werden.

Als Begründung dafür, dass das Gesetz für den Europarat nicht hinnehmbar ist, erklärt die Versammlung, das Gesetz werde die durchschnittliche Verfahrensdauer in Italien, die ohnehin schon ungewöhnlich lang ist und weswegen Italien schon mehrfach vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt wurde, noch weiter verlängern. Außerdem würden die Fälle den zuständigen Richtern entzogen, wodurch die Wahl der Richter praktisch den Angeklagten überlassen werde. Zudem werde der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz untergraben, weil sich nur Angeklagte dieser Möglichkeit bedienen könnten, die sich die Kosten solcher Verfahren leisten könnten.

In einer zweiten Entschließung haben sich die Europaratsparlamentarier besorgt über die Konzentration politischer, kommerzieller und medialer Macht in den Händen einer einzigen Person, nämlich von Premier Silvio Berlusconi, gezeigt. Die Versammlung forderte auf der Grundlage des Berichts von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die italienischen Behörden auf, mit gesetzlichen Maßnahmen die Praxis des politischen Eingriffs in die Medien zu beenden. Mit Mediaset, dem kommerziellen Kommunikations- und Rundfunkkonzern Italiens und einem der größten der Welt, ist Berlusconi im Besitz von rund der Hälfte aller Rundfunk- und Fernsehsender des Landes. Seine Rolle als Regierungschef versetze ihn auch in die Lage, den Staatsrundfunk RAI zu beeinflussen, die der wichtigste Konkurrent von Mediaset ist. Da Mediaset und RAI über 90 Prozent der Zuschauer erreichen, besitze Berlusconi die Kontrolle über das Medium. H. H.

Zur Inhaltsübersicht Zurück zur Übersicht