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Erik Spemann
Sommertheater in München
Bayern: Wenig Beifall für Huber
Die bayerische Landespolitik hat ihr Sommertheater: Kaum schien
es der CSU-Fraktion im Landtag gelungen zu sein, die von der
Staatskanzlei im Eiltempo und zum Teil mit überhasteten
Schritten vorangetriebene Verwaltungsreform im Land in
überlegte Bahnen zu lenken, da kommt ein neuer Paukenschlag.
So wurde ein kürzlich im Kabinett bereits verabschiedetes
elfseitiges Strategiepapier von Reformminister Erwin Huber bekannt,
das einen weitaus schärferen Spar- und Reformkurs für
Bayern fordert als alle bisherigen Pläne. Huber verlangt eine
"drastische Reduzierung staatlicher Tätigkeit" auf das "strikt
Notwendige und Unerlässliche". Staatliche Leistungen an die
Bürger will er auf eine "Grundsicherung und Hilfe zur
Selbsthilfe" beschneiden. Die Vorlage stieß auf heftige Kritik
von Opposition und Verbänden, aber auch innerhalb der CSU.
Vor allem der harsche Ton von Hubers neuem Vorstoß erregte
Aufsehen. Vor dem Hintergrund stark wachsender Pensionsausgaben
für die Beamten - von derzeit 2,92 auf 5,07 Milliarden Euro im
Jahr 2005 - forderte Huber einen drastischen Personalabbau und den
Rückzug sowie den Abbau staatlicher Aufgaben. Dabei
qualifizierte er die Staatsdiener indirekt als "großen, aber
mittelmäßigen und unmotivierten Beamtenapparat" ab,
wohingegen "mit einer vergleichsweise geringen Zahl qualifizierter
und motivierter Staatsbediensteter" einer Volkswirtschaft mehr
gedient sei.
Huber warnte für den Fall, dass es zu keinem kräftigen
Abbau von Aufgaben und Personal kommen sollte, vor einem Absinken
der Investitionsquote bis 2014 unter zehn Prozent. Bereits bis 20.
Juli sollen nun die einzelnen Ressorts entsprechende
Vorschläge auflisten, damit im Herbst darüber beraten
werden könne. Dabei bleibt kaum etwas von Hubers strengem
Prüfstand verschont. Nach einem festen Schema hat jedes
Ministerium zu untersuchen, ob Aufgaben ersatzlos gestrichen, auf
Private übertragen oder effizienter von einer anderen
Behörde erfüllt werden können. Gleichzeitig machte
Huber deutlich, dass der Umfang der abzubauenden Aufgaben
"deutlich" über die Aufgaben hinausgehen müsse, die von
den Ressorts Anfang des Jahres bei einer Erhebung als unverzichtbar
genannt worden seien. Die Staatskanzlei will dazu eigene
Vorschläge machen, die von den Ministerien aufgegriffen werden
müssen. Als Zielvorgabe für die Einsparungen bis zum Jahr
2008 nannte Huber eine Marke oberhalb der bisher anvisierten 15
Prozent (gegenüber 2003).
Beamtenbund reagiert empört
Die Opposition reagierte postwendend. "Das soziale Bayern wird
abgewickelt", wetterte SPD-Fraktionschef Franz Maget. Stoiber
schieße weit über das Ziel hinaus, denn gerade in Bayern
gebe es durch Steuermehreinnahmen noch Spielräume im Haushalt,
die gute Struktur zu erhalten. Ein derart rigider Sparkurs sei
nicht gerechtfertigt. Magets Fraktionskollegin und Vize-Vorsitzende
im Ausschuss für den öffentlichen Dienst, Christa
Naaß, forderte Huber auf, sich für seine verbalen
Ausfälle gegen die Beamten zu entschuldigen. Der Vorsitzende
des Bayerischen Beamtenbunds, Rolf Habermann, kommentierte, man
gewinne den Eindruck, dass die Staatsregierung in ihrem Reformeifer
keine Grenzen kenne und offenbar dabei sei, "die Bodenhaftung zu
verlieren".
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Sepp Dürr,
spottete: "Mit Huberismus zurück in die 80er-Jahre". Es sei
zwar richtig und überfällig, den "aufgeblähten
CSU-Staat" zu reformieren, aber nicht mit diesem Rückfall in
neoliberale Experimente à la Thatcher. Der Staat könne
nicht darauf reduziert werden, der Wirtschaft den Weg frei zu
räumen: "In Hubers Welt fehlt der Mensch, der Schutz der
Lebensgrundlagen, die Verantwortung, die der Staat für
diejenigen aufbringen muss, die sich selbst nicht helfen
können", so Dürr.
Landtagspräsident Alois Glück, früher
CSU-Fraktionschef, sah in Hubers Einschätzung der bayerischen
Beamten eine "pauschale Beleidigung, die den Respekt vor den
betroffenen Menschen vermissen lässt". Bei der
Verwaltungsreform werde der Umgang mit den Betroffenen "zunehmend
zu einem Schaden für die CSU", wird der Politiker zitiert.
Dagegen müssten die vielen Reformwilligen im Land zu
Verbündeten gemacht werden, erklärte er weiter und mahnte
einen "partnerschaftlichen Stil" an. Erst dieser Tage hatte
Glück als Vorsitzender des größten
CSU-Bezirksverbands Oberbayern breite Zustimmung für ein
Thesenpapier zum "Kurs der CSU in dieser Umbruchzeit" bekommen.
Darin wird vor einer "Krise des Gemeinwesens" gewarnt und eine
Synthese von Leistungskultur und Sozialkultur verlangt. Weiter ruft
das Papier die CSU zu Bürgernähe und Respekt vor den
Menschen auf und mahnt, man müsse nicht nur über die
Finanzen, sondern auch über Wertvorstellungen reden.
Glücks Nachfolger im Fraktionsvorsitz, Joachim Herrmann,
begrüßte grundsätzlich, dass nun endlich konkrete
Vorschläge für den Abbau staatlicher Aufgaben vorgelegt
würden. Gleichzeitig machte er deutlich, dass soziale
Leistungen wie die Förderung des Breitensports oder der
Jugendarbeit nicht zur Diskussion stünden. Auch bei der
Wirtschaftsförderung hält Herrmann weitere Kürzungen
für nicht verträglich. Missmut dringt ferner aus den
einzelnen Ministerien. Nach der Bayerischen Verfassung führt
nämlich jeder Minister seinen Geschäftsbereich
selbstständig und unter eigener Verantwortung.
Tatsächlich aber regiert den Ministern die Staatskanzlei immer
stärker hinein.
Ministerpräsident Edmund Stoiber machte deutlich, dass er
grundsätzlich hinter Hubers Kurs stehe. Bayern werde seinen
maßvollen, aber konsequenten Kurs solider Staatsfinanzen
entschlossen fortsetzen, sagte er beim Präsidentenwechsel am
Bayerischen Obersten Rechnungshof. Der Staat müsse schlanker
werden, "weil wir nicht in ein paar Jahren die Hälfte des
Staatshaushalts für Beamtengehälter und Pensionen
ausgeben wollen". Der nachfolgenden Generation immer
größere Schuldenberge zu hinterlassen, wäre
"zutiefst ungerecht und unmoralisch". Erik Spemann
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