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Hartmut Hausmann
Erdogan fordert Ende der Isolierung
Nord-Zyperns
EU-Kommission für Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei
Die Europäische Kommission hat den Staats- und
Regierungschefs der EU bei ihrem Gipfeltreffen im Dezember einen
Beschluss zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der
Türkei empfohlen. Wie Kommissionspräsident Romano Prodi
am 6. Oktober in Brüssel mitteilte, habe die Türkei ihre
inneren Reformen so weit vorangetrieben, dass die von der EU 1993
aufgestellten politischen und wirtschaftlichen Kriterien für
die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten "in ausreichendem Maß" als
erfüllt angesehen werden könnten.
Zugleich heißt es aber auch, dass sich die Unumkehrbarkeit
des Reformprozesses, seine Umsetzung besonders bei den
Grundfreiheiten über einen langen Zeitraum bestätigen
müsse. Bei einem schwerwiegenden und dauerhaften Verstoß
gegen die Grundsätze der Freiheit, Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenrechte werde die
Kommission nicht zögern, bei den Staats- und Regierungschefs
die Aussetzung der Verhandlungen zu beantragen. Deshalb, so
Kommissionspräsident Prodi, sei der Beginn der Verhandlungen
ein Verfahren "mit offenen Ausgang".
Zur selben Stunde, da die EU-Kommission über den Bericht
zur Türkei als Voraussetzung für die Aufnahme von
Beitrittsverhandlungen mit dem Land am Bosporus beriet, hat der
türkische Ministerpräsident Recep Tayyib Erdogan vor der
Parlamentarischen Versammlung des Europarats noch einmal einen
Überblick über das türkische Reformprogramm und die
weiteren Schritte gegeben. Er dankte der Versammlung, dass sie die
Türkei auf ihrem eindeutigen europäischen Kurs
unterstützt habe, und mit der Beendigung des
Monitoringverfahrens über die Einhaltung der
Beitrittsverpflichtungen die Grundlage für zusätzliche
positive Elemente des Kommissionsberichts gelegt habe.
Die vom Europarat entwickelten 190 Konventionen und
Vertragswerke bildeten heute die Grundlage des türkischen
Rechtssystems. In das neue türkische Strafrecht seien dadurch
auch Straftatsbestände wie Genozid und Verbrechen gegen die
Menschlichkeit aufgenommen worden. Weitere bereits vollzogene
Reformschritte seien die Abschaffung der Todesstrafe, eine Politik
der Nulltoleranz gegenüber Folter, die Abschaffung der
Sicherheitsgerichthöfe, die Neudefinierung der Beziehungen
zwischen der Zivilgesellschaft und dem Militär nach
demokratischen Normen, die Verankerung der Gleichheit der
Geschlechter in der Verfassung und das Recht zum Gebrauch von
Dialekten in der Öffentlichkeit. Die Übernahme von
weiteren fünf Europaratsübereinkommen stehe bevor. Das
enorme Reformprogramm, das sich seine Regierung Anfang 1993
vorgenommen habe, sei somit schon fast abgeschlossen. Der
türkische Ministerpräsident kündigte an, dass sein
Land in Kürze das römische Statut zum Internationalen
Strafgerichtshof unterzeichnen und damit Mitglied des Tribunals
werde.
Zur Verbesserung der Situation auf Zypern forderte Erdogan die
Internationale Gemeinschaft auf, das "ungerechte"
Wirtschaftsembargo gegen Nordzypern zu beenden. Die in dieser Woche
erfolgte Zulassung von türkisch-sprachigen Zyprioten zur
Arbeit im Europarat sei ein wichtiger erster Schritt. Im April
hatten die Zyperntürken mit großer Mehrheit für den
UN-Friedensplan gestimmt, die griechischen Zyprioten hatten ihn
jedoch abgelehnt. Deshalb sei es jetzt an der Zeit, die politische,
wirtschaftliche und kulturelle Isolierung Nordzyperns zu
beenden.
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