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Startseite > DIALOG > Online-Konferenzen > 2003 > Online-Konferenz des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zum Thema "Islamisches Recht und Menschenrechte" 12. November 2003 >
Islamisches Rechte
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Transkript der Online-Konferenz
"Islamisches Recht und Menschenrechte"

Hermann Gröhe, CDU/CSU


Name Frage Antwort
 Japers  Wie stehen Sie zum Vorschlag von Frau Schavan - wird das eine Mehrheit in den CDU- geführten Landesregierungen finden oder gibt es auch abweichende Meinungen zu diesem Konzept? Wie szehen Sie persönlich zu diesem "Verbot"?  Ich unterstütze nachdrücklich die Auffassung von Frau Schavan. Angesichts der politischen Bedeutung der "Kleiderordnung" im Islam begründet der Wille einer Lehrerin, in einer staatlichen Schule das Kopftuch tragen zu wollen, Zweifel an ihrer Eignung zur Lehrerin. Neben der Religionsfreiheit der Lehrerin ist auch die Religionsfreiheit der Kinder, das Erziehungsrecht der Eltern und der staatliche Bildungsauftrag zu beachten.Weltweit steht das Kopftuch im Islam für ein Frauenbild, das mit den Vorstellungen des Grundgesetzes nicht vereinbar ist. Ich befürchte einen Einfluss gerade auf muslimische Mädchen, der deren Integration erschwert.
 T. Reiner  Hallo Herr Gröhe,
ich habe den Eindruck, dass die Diskussionen zum Thema Islam in den Medien immer dann aufgegriffen werden, wenn über besonders grausame und unmenschliche Übergrifffe oder Entscheidungen in islamischen Ländern berichtet werden kann. Sehen Sie das auch so? Wie können Sie in Ihrem Ausschuss dagegen angehen?
Ich finde übrigens klasse, dass Sie so einen Anhörung gemacht haben!
 Sicher leidet auch die Beschäftigung mit dem Islam in den Medien unter der Beachtung des Leitsatzes "only bad news are good news". Gerade weil wir ein differenziertes Bild vom Islam wollen, haben wir als CDU/CSU Bundestagsfraktion die Anhörung unseres Ausschusses vorgeschlagen. Vor Ort pflege ich als Abgeordneter - unterstützt vom Deutsch-Türkischen Forum in der CDU - ein gutes Miteinander mit den Moscheevereinen, die ganz überwiegend sehr moderat sind.
 Kübell  Herr Gröhe,
welchen Folgerungen ziehen Sie als christdemokratischer Politiker (EKD) aus der Anhörung des Ausschusses zum Thema Islamisches Recht und Menschenrechte?
 Die Anhörung hat uns darin bestärkt, wie notwendig es ist, ein noch differenzierteres Bild vom Islam zu gewinnen. Allerdings wurden auch Befürchtungen im Hinblick auf ein Erstarken fundamentalistischer Tendenzen bestätigt, die sich z.B. auch in asiatischen Raum zunehmend gegen "Nichtgläubige" richten. In der Frage der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und in der Frage der Religionsfreiheit kann es keinen "Kulturrabatt" für die islamische Welt geben. Wir wollen menschenrechtsfreundliche Tendenzen im Islam stärken.
 Simone  Sie schreibe, dass ein 'clash of civilisation' durch einen Dialog der Kulturen verhindert werden kann. Wie genau kann dieser Dialog gestaltet sein, damit ein Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen möglich ist? Haben Sie bereits konrekte Planungen dafür?  Das Ziel des Dialogs muss ein besseres wechselseitiges Verständnis sein. Dieser Dialog verlangt nach differenzierten Kenntnissen über den Dialogpartner und Respekt vor seinen Überzeugungen. Aber er verlangte auch klare Standpunkte. Ausgangspunkt ist für uns die Überzeugung von der Universalität der Menschenrechte. Unsere Ausschussanhörung war ein Beitrag zu diesem Dialog. Geplant ist die Veröffentlichung des Protokolls - auch in englischer Sprache. Die andauernde Auswertung der Anhörung wird uns weitere Themen finden lassen. Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sind dabei die Themen Religionsfreiheit und Gleichberechtigung zentral. Erst neulich habe ich darüber mit Parlamentariern aus Nigeria gesprochen, wo geradezu ein "Kulturkampf" über diese Fragen ausgetragen wird. Auch die Situation im Sudan und in Indonesien steht regelmäßig auf unserer Tagesordnung.
Zentral für das Verhältnis zwischen "dem Westen" und der "islamischen Welt" ist die Lage im Nahen Osten. Leider gibt es dort zur Zeit wenig Anlass zum Optimismus. Dennoch dürfen wir nicht nachlassen, die kompromissbereiten Kräfte auf allen Seiten nach Kräften zu unterstützen.
 Annette  Hallo Herr Gröhe
ich finde es kritisch, wenn bei Gesprächen mit ausländischen Regierungen nur diplomatisch geredet wird. Wie machen Sie das in ihrem Ausschuss, gerade bei Gesprächen mit Vertretern islamischer Länder?
 Sicher läßt sich sagen, dass bei den Gesprächen unseres Ausschusses z.B. mit Kolleginnen und Kollegen oder Regierunsgvertrretern aus anderen Ländern KLARTEXT geredet wird. So haben wir im Gespräch mit Vertretern des türkischen Parlamentes sowohl Fragen nach der Folter wie nach den Schikanen gegen die kleinen christlichen Kirchen in aller Deutlichkeit formuliert.
 Lanz  Warum muss Hohmann gehen und warum darf Nitsche bleiben? Erst der Druck der Medien hat doch Merkel zum Handeln getragen - wo war Ihre Stimme als Mitglied der EKD?  Die Äußerungen von Herrn Hohmann waren weit dramatischer als die Äußerungen des Kollegen Nitsche - wobei auch letzterer unsägliches gesagt hat. Während Herr Nitsche sich aber unzweideutig entschuldigt hat, ist die Erklärung von Herrn Hohmann eben gerade keine ausreichende Distanzierung.
És ist falsch, dass erst öffentlicher Druck Frau Merkels Handeln bestimmt hat. Aber es ist SEHR SCHWER, ein Partei- und Fraktionsmitglied auszuschließen. Hier gilt es, bestimmte Verfahren - z.B. das "rechtliche Gehör" des Betroffenen genauestens zu beachten, sonst erleidet man anschließend vor Gericht eine Niderlage.
Ich selbst habe am 8. November anlässlich der CDU-Kreisvertreterversammlung öffentlich erklärt, dass für Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit kein Platz in der CDU sein darf. Dies können Sie in der Neuss-Grevenbroicher Zeitung vom Montag nachlesen. Bereits vorher hatte ich gegenüber der Bundesvorsitzenden und unserem Landesvorsitzenden eindeutig für entsprechende Schritte votiert. Dabei habe ich allerdings immer als CDU-Politiker und gerade nicht als Vertreter der EKD geredet. Dies hat Bischof Huber in von mir geteilter Deutlichkeit getan.
 Heizmann  Sehr geehrter Herr Gröhe,
ich freue mich, dass sich der Bundestag mit dem Thema befaßt! Mit großer Sorge lese, dass in islamischen Ländern häufig andersgläubige Reperessionen - bis hin zu Todesurteilen ausgesetzt sind. Was tun Sie dagegen?
Herzliche Grüße, A. Heizmann
 Das Thema Religionsfreiheit hat für die Union wie auch für mich ganz persönlich einen zentralen Stellenwert. Wir beschäftigen uns intensiv mit der Lage in einzelnen Ländern, schreiben auch regelmäßig Regierungen...an. Dies geschah beispielsweise im Hinblick auf Todesurteile in Pakistan wegen "Blasphemie". Internationaler Druck hat hier sicher zu "Begnadigungen" beigetragen. Auch nahmen schon Kollegen an Prozessen als Beobachter teil.
 Pesster  Menschenrecht und Islam - das ist doch wie Feuer und Wasser - oder glauben sie ernsthaft, dass nurch kulturelle Begegnung das Feuer gelöscht wird. Sind die Politiker denn alle naiv - wir brauchen mehr Klarheit in der Sprache - gerade von der Opposition, aber die schliesst ja solche Leute neuerdings aus.  Gerade als Menschenrechtler sage ich: Antisemitismus hat in der Union nichts zu suchen !
Natürlich sehe ich die Gefahren durch einen gewaltbereiten islamischen Fundamentalismus. Da wird nichts beschönigt. Terrorismus muss auch militärisch bekämpt werden. Zugleich gilt es, moderate Kräfte - und die gibt es ! - zu stärken. In meiner Heimatstadt Neuss leben zahlreiche, gut integierte Muslime türkischer Herkunft, die uns geradezu bedrängen, den Fundamentalismus ernst zu nehmen, aber auch immer daran zu denken, dass dieser eine Minderheit unter den Muslimen ist.
 Dr. Klingbein  Seit dem Bombenanschlag von Bagdad ist klar, dass die Hilfe jetzt auch für die Helfer gefährlich geworden ist, eine furchtbare Situation. Wie sollten sich Ihrer Meinung nach die Hilfsorganisationen verhalten ?  Wir lassen uns regelmäßig über die schwierige Sicherheitslage informieren. Sicher gibt es Bereiche, in denen die Hilfsorganisationen zu gefährdet sind. Dies gilt aber nicht für den ganzen Irak. Ihre Hilfe wird dringend gebraucht, und ich habe großen Respekt vor denen, die auch jetzt ihre Arbeit fortsetzen.
 Hans Färber  Ich finde es nicht gut, dass wir soviel Geld in diese Länder pumpen. Wir mußten uns schließlich auch immer selber helfen !  Richtig ist, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg massiv von den einstigen Gegnern, vor allem den USA, unterstützt wurde. Die Hilfe ist aber nicht nur moralisch geboten. Sie liegt auch in unserem eigenen Interesse. Gerade ein exportorientiertes Land wie Deutschland braucht eine respektierte Völkerrechtsordnung und politische Stabilität, die dauerhaft nur bei gerechten Verhältnissen zu erreichen ist. Terroranschläge in aller Welt zeigen zudem, dass wir uns vor den Problemen in der Welt nicht verstecken können.
 Uhland  Sehr geehrter Herr Gröhe,
Sie schreiben in Ihrem Statement, dass 'Reformen von innen' in islamischen Ländern unterstützt werden müssen. Wie kann das von Ihnen denn unterstützt werden, ohne den Vorwurf der Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten zu provozieren.(s.China)
Mit freundlichen Grüßen, Simone Uhland
 Einsatz für Menschenrechte findet auf der Grundlage des Völkerrechts statt und ist keine Einmischung in die inneren Angelegeheiten eines Landes. Dies sagen wir gerade den Chinesen immer wieder in aller Deutlichkeit. Allerdings müssen wir moderate innerislamische Strömungen in einer Weise unterstützen, die deren Authenzität achtet und sie vor dem Vorwurf bewahrt, "Agenten des Westens" zu sein.
Quelle: http://www.bundestag.de/dialog/Konferenzen/2003/menschenrechte/trans_groehe
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