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141/2003
Stand: 26.06.2003
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Frank-Walter Steinmeier: Nichts verfälscht oder unter der Decke gehalten

1. Untersuchungsausschuss

Berlin: (hib/KHB) Der Chef des Bundeskanzleramtes, Frank-Walter Steinmeier, hat in der dreistündigen Vernehmung als Zeuge vor dem 1. Untersuchungsausschuss über angeblichen Wahlbetrug versichert, die Bundesregierung insgesamt und das Kanzleramt hätten "alle belastbaren Daten" dem Bundestag und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, man habe "nichts verfälscht oder unter der Decke gehalten". Ebensowenig habe es eine Verabredung zu irgendeiner Art Verschwörung darüber gegeben. Der Ausschuss soll untersuchen, ob die Regierung Informationen zur Haushaltslage, zur Einhaltung der Stabilitätskriterien und zur Lage der Kranken- und Rentenkassen "unvollständig oder falsch dargestellt" hat. Steinmeier war der letzte Zeuge vor der Vernehmung des Kanzlers am kommenden Donnerstag. Vertreter der Opposition, die den Ausschuss beantragt hatte, bemängelten, das Kanzleramt habe fast alle Akten aus seinem Bereich als vertraulich eingestuft, weil sie den Kernbereich des Regierungshandelns beträfen. So könne die Opposition dazu Fragen nur in nichtöffentlicher Sitzung stellen. Abgeordneter Jürgen Gehb (CDU/CSU) sprach von "Lücken in den Kanzleramtsakten", ohne die Lücken wegen der Vertraulichkeit näher bezeichnen zu können.

Nach Steinmeier setzt der Vorwurf an die Regierung voraus, es gebe eine von der Regierung bestimmte Wahrheit. Es sei der Opposition aber bisher nicht gelungen, "diesen Gedanken auch nur halbwegs plausibel zu machen". Bei der hohen Transparenz des Regierungshandelns gehe der Lügenvorwurf ins Leere. An Vorhersagen über die wirtschaftliche Entwicklung, Steuerschätzungen, Beitragssätze der Kranken- und der Rentenkassen seien Bund und Länder, Wirtschaftsinstitute und Verbände beteiligt. Als Chef des Kanzleramts nehme er Prognosen der Institute nicht als unbeteiligter Beobachter zur Kenntnis; er wisse natürlich, Handeln der Regierung beeinflusse Prognosen ebenso wie die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung. Schon das Abrücken von bisher geäußerten Erwartungen beeinflusse den Konjunkturverlauf und müsse deshalb gerechtfertigt sein. Im Sommer 2002 habe er keinen Grund für ein Abrücken gesehen, zumal die Regierung mit ihrer Prognose am unteren Ende des Spektrums der Vorhersagen gelegen habe und sie sie "nach bestem Wissen und dem damaligen Wissensstand abgegeben" habe. Konjunkturverlauf, Einhal

tung der EU-Stabilitätskriterien und Lage der Kranken- und Rentenkassen seien zwar immer wichtige Themen; doch ihn habe damals im Amt die Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der mögliche Irakkrieg, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ("Hartz-Kommission") und die Bewältigung der Flutkatastrophe mehr beschäftigt. "Wir hatten anderes zu tun als uns unterstellt wird."

Steinmeier bestritt Mutmaßungen, Finanzminister Hans Eichel habe im Februar 2002 einen "blauen Brief" der EU-Kommission einfach hinnehmen wollen. Im Ministerium habe man dieser Frage offen gegenüber gestanden. Man sei auch in Gesprächen mit dem Kanzleramt zum Schluss gekommen, im europäischen Wettbewerb der Staaten könnte auch eine Rolle spielen, wie man auf eine solche Ankündigung der Kommission reagiert: "Eine Weisung aus dem Kanzleramt an den Finanzminister hat es nicht gegeben." Dass die Bundesregierung die am 1. September fällige Meldung nach Brüssel zur Konjunkturlage erst nach der Wahl abgab, erklärte Steinmeier mit der Flutkatastrophe. Minister Eichel habe ihm gesagt, er wolle die Auswirkungen der Flut auf die wirtschaftliche Lage abwarten. Wenn jemand hätte manipulieren wollen, hätte sich die unvorhergesehene Flut dafür weit besser geeignet als Zahlen, die jeder habe nachprüfen können. Wäre es nur darum gegangen, Punkte im Wahlkampf zu machen, hätte die Koalition besser auf die Verschiebung der Steuerermäßigungen um ein Jahr verzichtet. Die Frage des Abgeordneten Hans-Peter Friedrich (CDU/CSU), ob die Informationslage für Kanzler Gerhard Schröder (SPD) vor dem Fernsehduell am 8. September mit Herausforderer Edmund Stoiber (CSU) gelautet habe, Deutschland werde die EU-Stabilitätsgrenze von drei Prozent einhalten, beantwortete Steinmeier mit "Ja".

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2003/2003_141/01
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