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017/2005
Stand: 19.01.2005
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Sachverständige uneins über Änderung des Stabilitäts- und Wachstumspakts

Finanzausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/) Der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt stellt nach Auffassung der Deutschen Bundesbank keine ökonomische "Zwangsjacke" dar. Vielmehr sei der Pakt ausreichend flexibel und vor allem ein Instrument der Prävention, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme der Währungshüter zur heutigen öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses, die um 16 Uhr im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus beginnt. Die geladenen Sachverständigen nehmen zu dem Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (15/3957) Stellung, den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt zu modifizieren. Gegenstand der Anhörung sind darüber hinaus ein Antrag der CDU/CSU (15/3719), den Pakt nicht zu ändern, sowie ein Gesetzentwurf der FDP (15/3721), die Stabilitätskriterien des Paktes in das Grundgesetz aufzunehmen. Die Bundesbank befürchtet, dass eine Lockerung der Haushaltsregeln in den EU-Mitgliedstaaten zu Entwicklungen führen könnte, die Konflikte zwischen Finanz- und Geldpolitik wahrscheinlicher werden lassen. Der Anreiz zu solider Haushaltspolitik würde vermindert und es würden falsche Signale an jene Länder gesendet, in denen der Euro bislang noch nicht eingeführt wurde. Auch der Bundesrechnungshof plädiert dafür, an den "Eckpfeilern" des Paktes ohne Abstriche festzuhalten. Zu den Eckpfeilern des Paktes sollten nach wie vor das öffentliche Defizit von höchstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und das Schuldenstandskriterium von höchstens 60 Prozent des BIP gehören, weil sie erkennen ließen, ob die Haushaltsdisziplin eingehalten wird. Die Rechnungsprüfer schlagen darüber hinaus vor, den Pakt wirkungsvoller anzuwenden. Dies gelte vor allem für eine bessere Transparenz bei der Überwachung der Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten. Auch könnte es sinnvoll sein, dem Schuldenstand mehr Gewicht beizumessen, heißt es weiter. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass der Pakt an seinen ökonomischen Konstruktionsfehlern gescheitert ist. Die Vorschläge der Koalition gehen den Wissenschaftlern nicht weit genug, während sie die Empfehlungen von Union und FDP für "ökonomisch kontraproduktiv" halten. Ein sinnvoll reformierter Pakt müsse einen klaren Bezug zur Schuldenstandsquote haben. Die zur Konsolidierung notwendige Zielgröße müsse auch tatsächlich kontrolliert werden können. Empfohlen wird, der nationalen Finanzpolitik erst dann Begrenzungen aufzuerlegen, wenn die Schuldenstandsquote den mittelfristigen Referenzwert von 60 Prozent des BIP zu überschreiten droht. Statt einer Defizitquote sollte eine verbindliche Obergrenze für die Wachstumsrate der Staatsausgaben vorgegeben werden. Diese Obergrenze müsse unterhalb der durchschnittlichen Wachstumsrate des nominalen BIP der letzten sechs bis acht Jahre liegen. Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel hält es ebenfalls für sinnvoll, dem Schuldenstand mehr Bedeutung beizumessen. Die Vorschläge der EU-Kommission zur Reform des Paktes werden von den Kieler Experten negativ bewertet. Eine Finanzpolitik ohne bindende Regeln hätte gravierende Auswirkungen, heißt es. Daher sollten die Regierungen ihr Bekenntnis zum Pakt "in die Tat umsetzen". Auch der Chefvolkswirt der Hypo-Vereinsbank, Martin Hüfner, hält die Brüsseler Reformvorschläge für nicht zielführend. Das Regelwerk verlöre seinen "Biss", wenn die Drei-Prozent-Defizitgrenze relativiert würde. Professor Hans-Hermann Francke von der Universität Freiburg unterstützt den Vorschlag der FDP, in das Grundgesetz aufzunehmen, dass das Verhältnis zwischen dem öffentlichen Schuldenstand und dem Bruttoinlandsprodukt den Wert von 60 Prozent nicht überschreiten darf. Professor Rudolf Hickel von der Universität Bremen hält dem entgegen, dann existierten zwei unterschiedliche Arten der Verschuldungsbegrenzung, wenn gleichzeitig Artikel 115 des Grundgesetzes (Begrenzung der Nettokreditaufnahme durch die Höhe der öffentlichen Investitionen) nicht gestrichen wird. Hickel plädiert für Mut zur antizyklischen Finanzpolitik und für eine Kooperation der Mitgliedstaaten in der Finanzpolitik.
Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2005/2005_017/04
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