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027/2005
Stand: 27.01.2005
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Bundeskanzler unterstreicht inhaltliche Auslegung der Stabilitätsfrage

Europaausschuss

Berlin: (hib/WOL) Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat am Mittwochnachmittag im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union die Zulässigkeit einer Interpretation der Kriterien des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes betont. Auf Fragen der Abgeordneten sagte Schröder zur "Finanziellen Vorausschau" bis 2013, die Ein-Prozent-Grenze (am EU-Haushalt) sei "sehr stabil". In Bezug auf die Lissabon-Strategie - mit der Vorstellung, Europa weltweit zum stärksten Block zu machen - sei zu klären, wofür der Einsatz von Ressourcen erfolgen solle. Schröder nannte dazu Forschung, Entwicklung und Beschäftigung. Beim Stabilitätspakt gehe es schließlich darum, was ein Land mache und was berücksichtigt werden müsse. Es sei ein Unterschied, ob ein Staatshaushalt eine rezessive oder stagnative Entwicklung verzeichne oder ob massive finanzielle Anstrengungen zur Beschäftigung negativ beurteilt würden. Eine "mechanistische Anwendung ist falsch und das darf nicht so bleiben", erklärte der Bundeskanzler. Bei dem Pakt gehe es um Stabilität und Wachstum, die Betonung liege auf Wachstum. Die Beschäftigungskomponente dürfe nicht zu kurz kommen. Es sei wenig sinnvoll, stagnative Elemente zu stärken. Die Diskussion bloßer Zahlen werde den Sachverhalten nicht gerecht. Auch müsse berücksichtigt werden, dass Deutschland der größte Nettoeinzahler in die EU sei. Damit werde es anderen Ländern, die mehr von der EU bekommen als sie einzahlen, leicht gemacht, ihre Quote zu erfüllen.

Zu den Entscheidungen Litauens, Polens und Italiens für eine Europäische Verfassung sagte der Kanzler, für Deutschland gehe es darum, in beiden Häusern die parlamentarische Debatte möglichst zügig zu führen. Eine rasche deutsche Ratifizierung werde zweifellos ein positives Signal für andere Mitgliedstaaten sein, die dazu auch plebiszitäre Verfahren einsetzen wollen. Zu den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sagte Schröder, bei allem Respekt vor anderen Meinungen gehe es um ein gegebenes Wort gegenüber einem seit 1963 assoziierten Mitglied. Das beherrschende Argument der Beitrittsgegner über große Schwierigkeiten wegen kultureller Unterschiede wies er am Beispiel des historischen Anteils griechischer Kultur in der Türkei zurück. Auch biete eine 10- bis 15-jährige Verfahrensdauer ausreichend Raum, das Zusammenspiel mit einem nicht fundamentalistischen Islam, die gesellschaftliche Stellung der Frau oder die Frage der Religionsfreiheit zu prüfen. Den Vorwurf der CDU/CSU, wonach die Regierung das Parlament nicht ausreichend einbezogen habe, hatten zuvor Koalitionsabgeordnete als unzutreffend bezeichnet.

Zur außenpolitischen Haltung Deutschlands und Europas befragt, erläuterte der Kanzler unter anderem die Position Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands gegen eine Kernkraftnutzung durch den Iran. Angesichts der Situation in der gesamten Region habe für die drei EU-Mitgliedstaaten ein Moratorium (ein befristetes Aussetzen) zum Bau von Kernkraftwerken keinen Sinn. Entsprechend der modernen Energiepolitik plädiere man für einen dauerhaften Verzicht auf Kernkraftwerke. Zum Verhältnis von Israel und Palästina führte Schröder aus, hier könne es nicht um Einmischung gehen, sondern nur um Befriedung. "Einen Konflikt oder gar eine militärische Intervention können wir nun wirklich nicht brauchen", ergänzte er. Zu den Aktivitäten Deutschlands und der EU gegenüber der neuen ukrainischen Regierung sagte der Bundeskanzler, es gehe nicht um Beitritt - darin sei man sich einig. Es gehe um Partnerschaft und um eine Stabilisierung der Ukraine auf wirtschaftlicher Basis. Abzuwarten sei die Frage einer größeren Visafreiheit für ukrainische Bürger. "Da müssen wir mal gucken", so Schröder.

Quelle: http://www.bundestag.de/bic/hib/2005/2005_027/02
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