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November 11/2000
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KONTROVERSE DEBATTE IM PLENUM

"Eingetragene Lebenspartnerschaft" mit Koalitionsmehrheit verabschiedet

(re) Für gleichgeschlechtliche Paare soll es künftig ein eigenständiges familienrechtliches Institut, die "Eingetragene Lebenspartnerschaft", geben. Der Bundestag hat dazu am 10. November mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen einen Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (14/3751) in geänderter Form gebilligt. CDU/CSU, F.D.P. und mehrere Abgeordnete der PDS stimmten gegen die Vorlage bei einer Reihe von Enthaltungen, im Wesentlichen ebenfalls aus der PDS.

Das Plenum stimmte dabei auf Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (14/4545,14/4550) über eine in zwei Teile zerlegte Vorlage ab. Der eine Teil enthält Vorschriften, die einer Zustimmung des Bundesrates nicht bedürfen, der andere (das so genannte Lebenspartnerschafts-Ergänzungsgesetz) Regelungen, denen die Länderkammer zustimmen muss.

Keine Mehrheit fanden die Liberalen für einen eigenen Gesetzentwurf zur Regelung der Rechtsverhältnisse eingetragener Lebenspartnerschaften (14/1259). Das Parlament votierte zudem mehrheitlich gegen Gesetzentwürfe der F.D.P. (14/326) sowie der PDS (14/308), mit denen das Wohnrecht hinterbliebener Haushaltsangehöriger im Falle des Todes eines Mieters geregelt werden sollte.

Kirchenkritik zurückgewiesen

Unter die Vorschriften, die laut Koalition einer Zustimmung des Bundesrates nicht bedürfen, fallen laut SPD und B 90/Grüne das neue familienrechtliche Institut selbst sowie Regelungen zu dessen behördlicher Eintragung. Auch das "kleine Sorgerecht" für ein in eine Lebenspartnerschaft mitgebrachtes Kind ist enthalten.

Neben weiteren familienrechtlichen Aspekten sind zudem Folgeregelungen in den Bereichen des Mietrechts, des Erbrechts, der Kranken- und Pflegeversicherung und des Ausländergesetzes enthalten. Das Lebenspartnerschafts-Ergänzungsgesetz beinhaltet demgegenüber Folgeregelungen im öffentlichen Dienstrecht und im Steuerrecht sowie unter anderem auch Vorschriften zur Bedürftigkeitsprüfung bei Sozialhilfe und Wohngeld.

Anlässlich der Verabschiedung des Gesetzentwurfes im Plenum des Bundestages erklärte die SPD-Abgeordnete Margot von Renesse, es sei eine Frage der Menschenrechte und des Grundgesetzes, dass die Beziehung zwischen zwei Männern bzw. zwei Frauen endlich die Anerkennung und die rechtliche Stabilisierung erfahre, die sie schon seit langem verdiene. Hierfür gebe es im Übrigen eine Mehrheit im Parlament, die nicht nur aus der Koalition von Sozialdemokraten und Bündnisgrünen bestehe.

Mit Blick auf Kritik des Kölner Kardinals Joachim Meisner an dem Vorhaben ergänzte die Parlamentarierin, es möge sein, dass der Katechismus der katholischen Kirche

homosexuelle Beziehungen als "unsittlich" ablehne. Die Verfassung tue das nicht. Am Entwurf der F.D.P. kritisierte die SPD, er begünstige homosexuelle Paare gegenüber heterosexuellen unverhältnismäßig, da er Ersteren Rechte zugestehe, aber keine Pflichten auferlege.

Für die CDU/CSU bezeichnete Norbert Geis das Koalitionsvorhaben als einen "Verstoß gegen unsere Kultur" und den "schlimmsten Angriff auf Familie und Gesellschaft". Der Verfassungsgesetzgeber habe den Schutz der Familie im Grundgesetz besonders herausgestellt, so der Abgeordnete. Wenn nun ein anderes Institut gleichwertig danebenstehe, bestehe die Gefahr, dass eben diese Einzigartigkeit verloren gehe. Die Initiative von SPD und B90/Grüne sei schon aus diesem Grund "verfassungsrechtlich höchst bedenklich". Für diese, in einem Entschließungsantrag (14/4551) bekräftigte Position fand die CDU/CSU aber keine Mehrheit.

"Ehe nicht in Frage gestellt"

Kerstin Müller, Fraktionssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, hielt demgegenüber fest, mit der Entscheidung des Bundestages für eine "Eingetragene Lebenspartnerschaft" gingen "die langen Jahre der Diskriminierung" von Homosexuellen zu Ende. Argumenten der CDU/CSU, solche Partnerschaften würden Ehe und Familie schädigen und die gesellschaftliche Werteordnung zerrütten, hielt Müller entgegen, das neue Institut nehme "niemandem etwas weg". Deshalb stelle es die Ehe auch nicht in Frage.

Für die F.D.P.-Fraktion widersprach deren Vorsitzender Wolfgang Gerhardt. Eine Kopie der Ehe, welche die "kulturell dichteste Verantwortungsgemeinschaft" sei und deshalb zu Recht unter dem besonderen Schutz des Staates stehe, könne nicht die Lösung bei der Frage nach einer fairen und angemessenen Würdigung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften sein. Demgegenüber überlasse es der Entwurf der Liberalen den Betroffenen selbst zu entscheiden, für welche Bereiche sie eine rechtliche Absicherung wünschten.

"Torso wird übrig bleiben"

Christina Schenk (PDS) unterstrich die Forderung ihrer Fraktion nach einer vollständigen Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare. Es gebe keinen einzigen Grund, Lesben und Schwulen diese Rechte vorzuenthalten, wie dies der rot-grüne Entwurf tue. Dieser stempele Homosexuelle vielmehr zu Paaren zweiter Klasse, so die Abgeordnete weiter. F.D.P. und PDS kritisierten im Plenum zudem übereinstimmend, wenn – wie zu erwarten – der Bundesrat die zustimmungspflichtigen Teile der Initiative ablehne, bleibe ein Torso übrig, mit dem den Betroffenen nicht geholfen sei.

Vor der Beratung der Gesetzentwürfe im Plenum hatte die CDU/CSU mit einem Geschäftsordnungsantrag vergeblich versucht, die Vorlage von der Tagesordnung absetzen zu lassen. Die Union begründete ihren Vorstoß damit, aufgrund zu spät zugeleiteter Änderungsanträge habe die Zeit für ein geordnetes parlamentarisches Verfahren

gefehlt. Ähnlich hatte die Fraktion schon am 8. November im Rechtsausschuss argumentiert Nach Zurückweisung ihres Anliegens durch die Mehrheit der Koalitionsfraktionen nahm die CDU/CSU dann an den weiteren Ausschussberatungen nicht mehr teil.

Quelle: http://www.bundestag.de/bp/2000/bp0011/0011018
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