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Das Parlament
Nr. 27 / 04.07.2005

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Alexander Weinlein

Aufgekehrt...

Eigentlich war es ja der große Tag des Vertrau.... äh, nein, Verzeihung, des Misstrauens. Oder doch des Vertrauens? Wie auch immer: Korrekt ausgedrückt muss es heißen, dass die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten nicht bereit war, Bundeskanzler Gerhard Schröder das Vertrauen auszusprechen. Ist ja auch nicht so ganz einfach, eine Formulierung zu finden, die verfassungsrechtlichen Bestand hat, sprich vor den gestrengen Augen des Bundespräsidenten, gegebenenfalls des Bundesverfassungsgerichtes und auch vor denen des Souveräns - umgangssprachlich: Volk, politisch: Wähler - Gnade findet.

Deswegen waren auch alle Redner in der historischen Debatte am vergangenen Freitag mehr oder weniger erfolgreich bemüht, die richtigen Worte zu finden. Doch wie es nun einmal so ist, wenn man sich so sehr darauf konzentriert, keinen Fehler zu machen - genau dann geht es eben doch schief. So zum Beispiel bei Angela Merkel, die als frisch gekürte Kanzlerkandidatin von CDU und CSU, nach dem um Misstrau... äh, Verzeihung, um Vertrauen bittenden Kanzler ans Rednerpult trat. Kaum hatte sie mit ihrer Rede begonnen, da bescheinigte sie der rot-grünen Bundesregierung genau jene Eigenschaft, die Gerhard Schröder wenige Minuten zuvor noch so vehement bestritten hatte: Handlungsfähigkeit! Und damit sprach sie unfreiwilig so manchem Sozialdemokraten und Grünen aus der Seele.

Doch damit nicht genug, die Oppositionsführerin vergaloppierte sich gleich noch einmal und ließ die Republik wissen, wer nach den angestrebten Neuwahlen im September regieren soll: "Rot-Grün kann unser Land nicht mehr regieren, die PDS darf unser Land nicht regieren, CDU/CSU mit der SPD ..."

Dieses ungewollte Koalitionsangebot wollte denn auch SPD-Chef Franz Müntefering so nicht schwarz auf weiß gedruckt sehen und forderte Merkel auf, beim Gegenlesen des Bundestagsprotokolls den Versprecher zu korrigieren: "Das vermasselt mir sonst den ganzen Wahlkampf." Irgendwie tat es ja doch allen Beteiligten ganz gut, dass die ansonsten so ernste und angespannte Situation im Plenarsaal durch das quittierende Gelächter der Abgeordneten entspannt wurde.

Mehr als ein Rätsel gab hingegen die Ausführung von Franz Müntefering zum Verhältnis von Vertrauen und Misstrauen auf, die nicht wirklich zum Abstimmungsverhalten der Koalition passen wollte: Eigentlich genieße der Kanzler ja das Vertrauen der Mehrheit im Hohen Hause. Wer dies nicht glaube, könne ja einen konstruktiven Misstrauensantrag stellen, sprich noch in der Sitzung gegen Schröder als Kanzler kandidieren. Da dieser Aufforderung aber niemand Folge leisten wollte, lässt sich die Behauptung des SPD-Vorsitzenden weder beweisen noch widerlegen. Wir werden ihm da also einfach mal vertrauen müssen. Und Vertrauen ist schließlich der Anfang von Allem.

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