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Das Parlament
Nr. 28 - 29 / 11.07.2005

 
Bundeszentrale für politische Bildung
 

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Dubravko Kolendic, dpa

Das Hauptproblem heißt Korruption

Parlamentswahlen in Albanien bringen politischen Wechsel

Die Parlamentswahl vom 3. Juli in Albanien war von allen Parteien als der große Test verstanden worden, der zeigen sollte, dass das Balkanland international gültige Standards als eigene angenommen hat. "Europa" war die wichtigste Parole im Wahlkampf, aber gerade dieses "Europa" hat noch vor Bekanntgabe der endgültigen Wahlergebnisse zahlreiche Mängel im Wahlprozess aufgezählt.

Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierten den "unzureichenden politischen Willen" der Parteien zur Änderung des bestehenden, für Missbräuche "offenen" Systems. Der Urnengang verlief "nur teilweise" im Einklang mit internationalen Normen: Die Wählerlisten waren fehlerhaft, es gab Probleme mit Identifikationsdokumenten, die notwendig für die Stimmabgabe waren, und das alles führte zu einer "Konfusion". Die OSZE verlangte deswegen rasche Gesetzesänderungen, die als Voraussetzung für die weitere internationale Integration Albaniens angesehen werden. Vom OSZE-Bericht hänge auch der Abschluss der sich seit zwei Jahren zäh hinziehenden Verhandlungen Tiranas mit der EU über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen ab, sagte ein EU-Diplomat. Deswegen kann ein solcher Bericht die Wahlsieger nicht erfreuen.

Sali Berisha, Chef der bisher oppositionellen Demokratischen Partei, hatte noch in der Wahlnacht erklärt, dass die Wahlen "demokratisch und frei" waren. Auch der große Verlierer, Sozialistenchef Fatos Nano, stimmte mit dem überein. Denn im Wahlkampf ging es nicht um Wahlgesetze, sondern vor allem um die großen Plagen des verarmten Landes: die tief verwurzelte Korruption, Misswirtschaft und Kriminalität. "Der korrupte Knochen wurde durch die Wahlen aus der Politik beseitigt", verkündete Berisha, selbst Arzt und Kardiologe. Damit meinte er die sozialistischen Minister und hohe Beamte, deren Reichtum aus Schmiergeldern stammt. Aber es bleibt fraglich, ob sich die seit dem Fall des Kommunismus entwickelte Verflechtung der politischen mit der wirtschaftlichen, oft auch kriminellen Macht so leicht auflösen könnte.

Nach einem Bericht der Weltbank stammen mindes-tens sieben Prozent aller Einkommen aus Schmiergeldern. Hinzu kommt der internationale Drogenschmuggel, der hohe Profite den Banden sichert. Bis zu einem Drittel aller in Europa konsumierten Rauschgifte werden über Albanien geschleust, behaupten internationale Polizisten. Die künftige Regierung in Tirana, die bestimmt Berisha mit dem einen oder anderen Partner, nicht aber mit Nano, stellen wird, wird in ihrem Kampf gegen diese Übel weiterhin breite internationale Unterstützung haben. Aber im Land selbst müssen die demokratischen Institutionen gestärkt und gefördert werden, sagt ein westlicher Diplomat.

Berisha, der erste nichtkommunistische Präsident Albaniens, hat sich seinerseits nicht besonders als solcher Reformator ausgezeichnet. Während seiner ersten Regierungszeit - 1997 - brach im Land das Finanzsystem zusammen, Armeearsenale waren ausgeplündert, Tausende starben in bürgerkriegs-ähnlichen Unruhen, und erst die Entsendung von NATO-Truppen beruhigte das Land. "Ich habe die Verantwortung für meine Fehler übernommen", gab Berisha unlängst zu.

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