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Startseite > DIALOG > Online-Konferenzen > 2004 > Online-Konferenz mit dem Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, am 25. Mai 2004 >
EU-Aussschuss
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Rainder Steenblock, B90/GRÜNE

Transkript der Online-Konferenz zum Thema "Europa geht uns alle an!"


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 Herr Stöckl  Wann tut sich entlich was mit dem Elsbettmotor; was die Automobilindustrie anpreißt ist doch veraltete Wasserkochertechnik.  Solche innovativen Technologien müssen sich am Markt behaupten. Der Staat kann und sollte durch Vorschriften hier nicht stark regulierend eingreifen. Es besteht aber natürlich die Möglichkeit, über Markteinführungshilfen oder auch über Forschungsförderung unterstützend tätig zu werden. Außerdem haben die meisten Bundesländer eigene Technologieförderinstrumente.
 Preker, Gustav  Mit welchen Argumenten werben Sie für eine europäische Verfassung - wir haben doch in allen Mitgliedsstaaten demokratische Verfassungen, die den Bedürfnissen der jeweiligen Bevölkerung entsprechen - zum großen Teil sind diese nationalen Verfassungen doch auch durch Volksabstimmungen bestätigt worden. Schade nur, dass dies in Deutschland bisher nicht erfolgt ist.  Die europäische Verfassung regelt das Zusammenwirken der europäischen Institutionen und stärkt insbesondere das Europäische Parlament. Sie macht die EU aber auch handlungsfähiger, indem sie das Einstimmigkeitsprinzip in vielen Fällen durch das Mehrheitsprinzip ersetzt. Eine Volksabstimmung über die Verfassung befürworten auch die Grünen.
 Karin Schroeder  Guten Abend Herr Steenblock, das was Sie alles fordern ist doch im Moment gar nicht zu bezahlen. Die Beiträge Deutschlands an die EU sind doch bereits jetzt zu hoch. Wir finanzieren alle Länder und haben am wenigsten davon.  Deutschland profitiert am meisten vom europäischen Binnenmarkt, da wir am meisten in Europa exportieren. Viele Arbeitsplätze in Deutschland sind nur durch die EU und den Binnenmarkt geschaffen worden. Auch die Osterweiterung schafft insgesamt mehr Arbeitsplätze in Deutschland, als durch Betriebsverlagerung verloren gehen. Auch die ostdeutschen Bundesländer werden sehr stark durch EU-Gelder unterstützt.
 Christine Nieraad  Wieso erfährt die Öffentlichkeit so wenig über die Arbeit des EU-Parlaments?  Die deutsche Presselandschaft ist immer noch sehr stark auf nationale Probleme orientiert, obwohl fast 70 % der für uns wíchtigen Gesetze in Brüssel verabschiedet werden. Wahrscheinlich ist für viele Journalisten Europa noch zu kompliziert. Wenn das Europäische Parlament durch die Verfassung mehr Rechte bekommt, wird sich das Interesse hoffentlich verstärken.
 Volker Gaeb  Ich habe das Gefühl, dass der Sitz im Europaparlament nur immer den Politikern zufällt, die belohnt werden müssen oder die weggelobt werden.  Auf der Grünen Europaliste steht mit Sicherheit kein Politiker der weggelobt werden soll. Für uns ist Europa die zentrale politische Handlungsebene der Zukunft. Deshalb betrachten wir das Europaparlament auch nicht als Altersversorgung, sondern als politische Arbeitsebene, die kompetente Politiker verlangen. Wenn Sie sich näher über die Grünen KandidatInnen informieren wollen, können Sie sich auf die Grüne Webseite unter www.gruene.de einloggen.
 Frau Grüse  Wie wollen Sie in ganz Europa Zugang zu Bildung und Kultur gewährleisten? Dieser Zugang ist doch noch nicht einmal in Deutschland gesichert.  Wir haben in letzter Zeit große Fortschritte bei der Vereinheitlichung europäischer Studiengänge und Studienabschlüsse erreicht. Die Finanzierung von Bildung und Kultur ist allerdings vorrangige Aufgabe der einzelnen Länder bzw. in Deutschland der Bundesländer. Für Forschung und Innovation werden aber auf europäischer Ebene mittlerweile Milliarden Beträge ausgegeben, die den europäischen Wissenschaftsstandort stärken.
 Herr Maier  EU-Erweiterung schön und gut! Aber wie sieht es mit der finanziellen Unterstützung der neuen Bundesländer aus? Muß Deutschland nicht erst einmal an sich selbst denken?  Die Unterstützung für die ostdeutschen Bundesländer muss fortgesetzt werden. Deshalb setzen sich die Grünen für eine Regelung ein, die auch in der neuen Förderperiode von 2007 bis 2013 eine Unterstützung der ostdeutschen Bundesländer sicher stellt. Auch die EU-Kommission vertritt mittlerweile diese Position, so dass wir mit großer Wahrscheinlichkeit eine weitere Förderung auf dem bisherigen Niveau gewährleisten können.
 Vanessa  ich finde ja dass Deutschland und Frankreich am meisten von der EU-Erweiterung profitieren, Länder wie Spanien oder Portugal gehen leer aus. auf langer Sicht können sie vielleicht vom Export profitieren, was meinen Sie dazu ?  Länder, wie Spanien und Portugal profitieren z. Z. sehr stark von den europäischen Strukturfonds. Die benachteiligten Regionen werden von den wohlhabenden Ländern solidarisch unterstützt. Beim Aufbau von Infrastruktur, bei der Schaffung von Arbeitsplätzen, beim Aufbau von Bildungssystemen wird diesen Ländern jedes Jahr mit Milliarden Beträgen geholfen, bis sie an das europäische Durchschnittsniveau herangeführt sind. Von den sich immer stärker entwickelnden Handelsbeziehungen in Europa profitieren dann auch diese Länder.
 Tillmann Miltzow  Ist Europa nun ein Staat wie die USA oder ein lockerer Staatenbund?  Weder noch. Die neue europäische Verfassung spricht von einem Europa der Staaten und von einem Europa der Bürgerinnen und Bürger. Europa ist dabei, eine neue staatliche Identität zu entwickeln, die beides beinhaltet. In Zukunft wird aber die Tendenz in Richtung Bundesstaat zunehmen. Dazu gehört auch eine Stärkung des Europäischen Parlamentes, ein gewählter Präsident und ein europäischer Außenminister. Die Nationalstaaten werden aber noch lange ihre Eigenständigkeit bewahren wollen.
 Tillmann Miltzow  Sie haben das europäische Parlament angesprochen und das gerade wenn am 13.6.2004 die Wahlen zum europäischem Parlament stattfinden. Viele Menschen der Eu wissen nicht wieso sie zur Wahl gehen sollen, ich schließe mich da ein, können Sie mir einen triftigen Grund nennen, der mich veranlassen könnte an der Wahl teilzunehmen??  Viele Entscheidungen, die unser Leben regelt, werden mittlerweile auf europäischer Ebene getroffen. Das gilt z. B. für die Sicherheit unserer Lebensmittel, für die Sicherheit im Seeverkehr, das gilt für den Umweltschutz, das gilt für das Wettbewerbsrecht und das gilt für die Forschungspolitik, um nur einige Beispiele zu nennen. Deshalb ist es wichtig, sich auf europäischer Ebene einzumischen, da fast 70 % der Gesetze, die wir in Deutschland verabschieden, die Umsetzung von europäischen Gesetzen sind. Wer sich nicht an den Wahlen zum Europäischen Parlament beteiligt, sollte dann hinterher auch nicht über die europäische Politik meckern.
 DerHase  Bis ihre Gesetzesinitiative aber auf den Weg und vom Bundestag beschlossen worden ist (dafür brauchen sie doch auch eine 2/3 Mehrheit!) ist aber der Prozeß um die EU-Verfassung längst abgeschlossen. Also warum so kleinkariert und nicht einfach mal einen guten Vorschlag der FDP-Opposition zustimmen?  Auch dieser Vorschlag setzt eine Grundgesetzänderung voraus. Es macht also vom Verfahren kein Unterschied. Nur unser Antrag ist viel umfassender.
 Torsten  Ist ein geeintes Europa in der Lage sowohl wirtschaftlich als auch militärisch den USA Paroli bieten zu können?  Es kann nicht Ziel europäischer Politik sein, sich gegen Amerika zu stellen. Aber ein geeintes Europa kann mit sehr viel größerem Nachdruck international für friedliche Konfliktlösungen und für multilaterale Politik eintreten. Das würde auch bei den Amerikanern dazu führen, dass sie ihre internationale Politik stärker überdenken. Für viele Staaten ist ein starkes Europa ein vertrauensvoller Partner bei der Lösung internationaler Konflikte. Das wäre eine Chance für eine friedlichere Welt. Deshalb müssen wir den Einigungsprozess in Europa auch auf sicherheitspolitischer Ebene intensivieren.
 DerHase  Im Gegensatz zu Vorschlag liegt aber der Entwurf der FDP schon vor!  Die rot-grüne Gesetzesinitiative wurde schon in der letzten Legislaturperiode erarbeitet und eingebracht. Sie kann also sofort wieder reaktiviert werden. Vielleicht unterstützt diesmal ja auch die FDP den Vorschlag für eine Grundgesetzänderung.
 Tillmann Miltzow  Der Hase hat recht, vielleicht findet die FDP ihren Antrag besser und wird gegen den Koalitionsantrag stimmen, dann ist die Chance vertan.  Das Problem bei einer Volksabstimmung ist die CDU/CSU, die schon erklärt hat, dass sie keine Aufnahme in das Grundgesetz will. Damit wird leider kein Antrag die notwendige Zweidrittelmehrheit bekommen.
 Hase  Na dann machen sie das doch einfach mal!  O.k.
 Lorenz Rademacher  Wie stehen Sie zu einem EU-Beitritt der Türkei ? Danke  Ein Türkei-Beitritt bietet für die EU viele Chancen, aber nur wenn die Türkei tatsächlich die in Kopenhagen vereinbarten Kriterien erfüllt. Ein islamisch geprägtes Land, was sich zur Demokratie bekennt, könnte ein Bollwerk gegen den islamischen Fundamentalismus sein und ein Vorbild für andere arabische Länder. Deshalb wäre damit ein Sicherheitsgewinn für Europa verbunden.
 Peter Ullmann  Warum gibt es keine Volksabstimmung zur neuen EU-Verfassung?  Dazu brauchen wir eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag, um das Grundgesetz zu ändern. Das lehnen CDU und CSU grundsätzlich ab und so ist keine Mehrheit für eine Volksabstimmung in unserem Parlament zu erreichen.
 Tim Winter  Die Kampagnen der Parteien zur Europawahl vermitteln kaum konkrete Themen - eher vage "Images". Wie steht es mit den Grünen?  Die Grünen setzen bei der Europawahl auf vier Schwerpunktthemen: Einsatz für die Umwelt muss in Europa grenzenlos sein und auf den bisherigen Erfolgen aufbauend wollen wir den Kampf gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen konsequent fortsetzen. Ein wichtiges Beispiel dafür ist der Kampf gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel. Ein zweites wichtiges Thema ist die europäische Wissensgesellschaft, in der alle Bürgerinnen und Bürger ein Zugang zu Wissen und Kultur gewährleisten wird. Ein dritter Punkt ist die Gestaltung einer lebendigen Demokratie, in der auch die Bürger durch direkte Beteiligung stärker einbezogen werden und das Europäische Parlament mehr Rechte bekommt. Der vielleicht wichtigste Punkt ist, dass wir Frieden europäisch denken wollen. In einem Europa, das für Multilateralismus, für Abrüstung, für eine Stärkung der Vereinten Nationen und für eine internationale Herrschaft des Rechts steht, können wir Modelle für das friedliche Zusammenleben auf der ganzen Welt entwickeln.
 DerHase  Warum werden sie am Freitag den Antrag der FDP auf Volksabstimmung über die EU-Verfassung ablehen?  Grüne und SPD werden einen eigenen Gesetzentwurf einbringen, der grundsätzlich die Möglichkeit von Volksabstimmungen und Volksinitiativen auf Bundesebene ermöglichen soll. Damit ist unser Antrag sehr viel weitgehender als der FDP-Antrag, der sich nur auf eine Volksabstimmung zur europäischen Verfassung bezieht. Eine solche Abstimmung wäre, wenn unser Antrag angenommen wird, natürlich auch möglich. Wir Grüne würden am liebsten eine europaweite Volksabstimmung über die europäische Verfassung durchführen.
Quelle: http://www.bundestag.de/dialog/Konferenzen/2004/europa/steenblock_transkript
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