*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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3.7.3       Bedeutung und Entwicklung von KMU in Schwellen- und Entwicklungsländern

3.7.3.1    Die Bedeutung und Entwicklung von KMU in Schwellenländern

Dem leistungsfähigen Mittelstand in den Industrieländern steht eine noch andere Situation in den Schwellenländern gegenüber. In den hoch entwickelten Volkswirtschaften sichern KMU die nationale Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit und sind gleichzeitig Beschäftigungsmotor. In den Schwellenländern leisten KMU zwar bereits heute wichtige Beiträge für Innovationen und die wirtschaftliche Entwicklung. Um die Bedeutung der KMU in den Indus­ trieländern zu erreichen, sind jedoch die notwendigen Rahmenbedingungen vor Ort entscheidend. Einige Schwellenländer, die am weltweiten Handel teilnehmen, konnten ihre Exportquote von 4,3 Prozent in den achtziger Jahren auf 6,4Prozent in den neunziger Jahren steigern, aber diese Zunahme beruht alleine auf den Steigerungen von nur 13 Ländern in Lateinamerika und in Ost- bzw. Südostasien. In den Schwellenländern haben sich insgesamt in den letzten beiden Jahrzehnten die Indikatoren für Beschäftigung und damit die Einkommenssituation verbessert. Es haben sich grundsätzlich marktgerechte und offene Rahmenbedingungen durchgesetzt, die Direktinvestitionen sind gestiegen. Diese Länder gewinnen für Stabilität und Dynamik der Weltwirtschaft an Bedeutung. Sie sind entscheidend für die Integration der Entwicklungsregionen in die globalen Dienstleistungs-, Güter- und Kapitalmärkte. Sie sind Motoren für regionale Kooperation und Integration und lösen damit deutliche Effekte für die Länder mit schwachen Wirtschaftsstrukturen in ihren Regionen aus.

Für die Schwellenländer sind Direktinvestitionen ein wichtiges Element, um langfristig den Anschluss an die Industrieländer zu erreichen. Bei der WTO-Konferenz in Doha wurden Veränderungen bei den Rahmenbedingungen für Auslandsinvestitionen vereinbart. Die Verhandlungen über ein multilaterales Rahmenabkommen für Auslandsinvestitionen sollen im Herbst 2003 aufgenommen werden. Bei dieser Liberalisierung kann jedes Land die Sektoren benennen, die es für Auslandsinvestitionen öffnen will.

Für Schwellenländer sollen Ausnahmeklauseln eingearbeitet werden. Sonderregelungen sind bei der Marktöff    nung der Schwellenländer gerechtfertigt, nicht aber beim Investitionsschutz. Schwellenländer brauchen Investitionsanreize, die durch einen verminderten Investitionsschutz aber nicht zu erreichen sind. In dem neuen Rahmenabkommen sollen auch ökologische und soziale Standards festgelegt werden. Einige Schwellen- und Entwicklungsländer vermuten hinter diesen Forderungen protektionistische Bestrebungen. Hier sind mittelfristig Lösungen zu finden, die beiden Seiten gerecht werden.

Durch Orientierung am Weltmarkt, durch wettbewerbsfähige heimische Unternehmen und ausländische Di­ rekt­ investitionen werden die Schwellenländer schneller als die übrigen Entwicklungsländer wachsen – und damit auch die dort ansässigen kleinen und mittleren Un­ ternehmen.

Innovative KMU, die mit den Industrieländern, aber auch mit den Ländern ihrer Regionen kooperieren, verbessern die Leistungsfähigkeit, Beschäftigungs- und Ausbildungssituation.

Die zunehmende Zusammenarbeit zwischen KMU in einigen Schwellenländern mit KMU in Industrieländern ist eine positive Antwort und Folge der Globalisierung. Es wird z. B. gemeinsam an internationalen Ausschreibungen teilgenommen und in dieser Zusammenarbeit Projekte vor Ort abgewickelt; es findet Wissenstransfer statt. Diese Kooperationen werden zum Teil auch durch Projekte der Entwicklungszusammenarbeit unterstützt und gefördert. Teilnehmer sind in der Regel KMU mit gut ausgebildetem Personal in den Bereichen Technik, Konstruktion und Dienstleistung.

Beispiele: Bekannt sind die erfolgreichen KMU in Indien als wichtige Zulieferer von IuK-Leistungen und heute erfolgreiche selbstständig am Markt operierende Unternehmen. Es sind KMU, die dazu beigetragen haben, dass die indische Softwareindustrie 1998/1999 Umsätze in Höhe von ca. 3,8 Milliarden US-Dollar erzielte und 180000Menschen beschäftigen konnte. In einer Reihe weiterer Entwicklungs- und Schwellenländer, so China, Brasilien, Jordanien, Südafrika, Costa Rica und Chile, sind entsprechende KMU entstanden, um die ehrgeizigen Programme dieser Länder, bei der Softwareproduktion international wettbewerbsfähig zu werden, umzusetzen.

Im Bereich anderer intelligenter Dienstleistungen, z. B. in den verschiedenen Sparten der Ingenieur- und Medizintechnik, ist ebenfalls eine sich entwickelnde Zusammenarbeit mit KMU festzustellen, die auch durch Neugründungen von Investoren aus den Industrieregionen unterstützt wird.

Eine weitere erfolgreiche Form der KMU sind die von sog. ethnischen Netzwerken und Familienclans betriebenen Unternehmen. Diese sind oft völlig vom Kreditmarkt unabhängig und teils sehr erfolgreich. Besonders häufig sind diese Unternehmen in Indonesien, Singapur und China zu finden.

Wichtig können für KMU in den Entwicklungsländern aber auch Kooperationen mit international tätigen Unternehmen oder Organisationen sein, durch die ein Technologietransfer in diese Länder und Unternehmen ermöglicht wird. Hier spielen auch transnationale Unternehmen (TNC) eine wichtige Rolle, die durch ihre Direktinvestitionen und Produktion vor Ort die Entwicklung von lokalen innovativen KMU – oft im direkten Umfeld – stark fördern. Gerade das „Outsourcing“ von Prozessen hat große Potenziale für KMU auch in Entwicklungsländern freigelegt. Diese erhalten die Chance, innovativ und damit global wettbewerbsfähig zu werden. Der Bedeutung dieser Kooperationen entsprechend hat die UNCTAD hierzu im Jahre 2000 ein Programm aufgelegt und Empfehlungen in ihrem World Investment Report 2001 erarbeitet. Beispiele für solche lokalen KMU sind Zulieferbetriebe („Backward Linkages“, typisch etwa im Automobilbau) und Weiterverarbeiter („Forward Linkages“, typisch etwa in der chemischen Industrie). Wichtig sind auch intra-industrielle Kooperationen („Horizontal Linkages“). Durch diese Zusammenarbeit werden hohe Qualitätsstandards transferiert und helfen den lokalen kooperierenden KMU beim Aufbau und der Entwicklung der Produktionen. Dies wirkt sich auch positiv auf die Aus- und Weiterbildung aus. Mit Ausnahme einiger Schwellenländer sind transnationale Unternehmen bisher kaum funktional mit dem traditionellen Kleingewerbe verknüpft. Deshalb gilt es, die­ se Kooperationen zu fördern.

Ziel solcher Kooperationen muss eine Entwicklung der lokalen Unternehmen sein, um im Laufe der Zeit Produkte und Dienstleistungen immer höherer Qualität herstellen zu können, die dann auch ohne den anfänglichen Kooperationspartner auf dem Markt wettbewerbsfähig sind.

Kooperationen von TNC mit KMU in Entwicklungs- und Schwellenländern können jedoch auch nachteilig für die jeweilige Volkswirtschaft sein, wenn z. B. eine Kooperation in einer durch Zölle oder andere Maßnahmen geschützten Industrie erfolgt, so dass das KMU nicht wirklich auf dem globalen Markt wettbewerbsfähig wird. Probleme können auch auftreten, wenn das ausländische Unternehmen eine auf dem lokalen Nachfragemarkt zu starke Stellung inne hat und Druck auf die kooperierenden KMU ausübt. In diesem Zusammenhang sei auf die Diskussion der Codes of Conduct verwiesen (vgl. Kapitel3.6), wo die Bedeutung von Sozial- und Umweltstandards bei Kooperationen von TNC mit Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern ausführlicher thematisiert wird.

Diese Entwicklungen und Möglichkeiten werden wiederum nur bei einem kleinen Teil der Entwicklungsländer (fortgeschrittene Entwicklungsländer) aktiv genutzt, bei der Gesamtbetrachtung der Entwicklungsländer ergibt sich ein anderes Bild.




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