*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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7.2.2.4    Institutionen

Unterernährung kann als Einschränkung elementarer menschlicher Freiheiten begriffen werden. Die Erweiterung und institutionelle Sicherung von politischen, wirtschaftlichen und sozialen Freiheiten im Handlungsfeld der Ernährungssicherheit ist ein wichtiger Aspekt der politischen Gestaltung der Globalisierung.17

Zu den wichtigsten institutionellen Regelungen der Ernährungssicherung gehört das im Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte niedergelegte Menschenrecht auf angemessene Nahrung. Die Bedeutung der WSK-Rechte in der entwicklungspolitischen Debatte der letzten Jahre und der damit verbundene Perspektivenwechsel von Basic Needs zu Basic Rights hat erheblich zugenommen, so dass sie inzwischen als wichtige Indikatoren im Sinne von Mindeststandards für staatliches Handeln gelten. Schon der Welter­ näh­ rungsgipfel von 1996 hat sich dafür ausgesprochen, das Recht auf Nahrung durch Verpflichtungen, die das für die Politik von Staaten bedeutet, in einem Verhaltenskodex umzusetzen. Einen ersten, international breit diskutierten Entwurf dieses Verhaltenskodex gibt es inzwischen. Nun macht sich die deutsche Agrarministerin dafür stark, dass dieser Verhaltenskodex politisch vom Welternäh­ rungs­ gipfel – Fünf Jahre danach im Juni 2002 gefördert wird.18 Diese Initiative ist zu unterstützen, denn noch hat dieser Ansatz keine breite politische Bedeutung, noch nicht einmal innerhalb der EU.

   Hunger und Mangelernährung waren Gegenstand zahl­ reicher internationaler Konferenzen und Initiativen der Vergangenheit (z.B.: UN-Welternährungskonferenz 1974, Weltkindergipfel 1990, Weltbevölkerungskonferenz 1994).19 Auch auf dem jüngsten Welternährungsgipfel 1996 in Rom wurden zwar viele richtungsweisende Vorschläge gemacht, die Erfolge des vereinbarten Aktionsprogramms sind bis heute jedoch gering. Gleichwohl tragen internationale Konferenzen dazu bei, „durch gemeinsamen Dialog die Einsicht und die Dialogbereitschaft zu fördern“ (Reimann 2000: 357). „Um das Recht auf Ernährung zu verwirklichen, müssen keine neuen Institutionen geschaffen, sondern bestehende Einrichtungen effizienter koordiniert und genutzt werden. Dabei wirken sich die Vorgaben und Entscheidungen einer großen Anzahl unterschiedlicher Akteure aus. Neben dem Menschenrechtsschutzsystem der Vereinten Nationen haben internationale Regierungsorganisationen, Banken und sonstige Finanzierungsfonds sowie NRO maßgeblichen Einfluss“ (Reimann 2000: 357, s. Abbildung 7-9).

Innerhalb des Menschenrechtsschutzsystems der Vereinten Nationen spielt das 1977 gegründete Ernährungskomitee (United Nations Administrative Committee on Coordination – Subcommittee on Nutrition) eine wichtige Rolle. Ziel ist es, die Aktivitäten zur Verbesserung der Ernährungslage zu harmonisieren. Deshalb wirken alle UN-Organisationen mit, die in unterschiedlicher Weise einen Beitrag zur Verbesserung der Welternährungssituation leisten.

Die Ziele der Welternährungssicherheit zu verfolgen ist auch der satzungsgemäße Auftrag des Committee on World Food Security (CFS). „Der Ausschuss soll innerhalb des Systems der Vereinten Nationen als Forum zur Überprüfung und Weiterverfolgung von Maßnahmen hinsichtlich der weltweiten Ernährungssicherheit dienen, einschließlich der Nahrungsproduktion, der nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcenbasis für die Er­ näh­ rungssicherheit, der Ernährung, des physischen und wirtschaftlichen Zugangs zu Nahrungsmitteln und anderen    für die Ernährungssicherheit relevanten Aspekten der Armutsbekämpfung, der Auswirkungen des Handels mit Nahrungsmitteln auf die Ernährungssicherheit, sowie anderer in diesem Zusammenhang stehender Fragen“ (§6 der Satzung des CFS).20 Die Fortschritte bei der Erreichung der im Rahmen des Welternährungsgipfels 1996 formulierten Ziele zur Halbierung der Anzahl der Unter­ ernährten bis zum Jahr 2015, die während des UN-Milleniumgipfels bekräftigt wurden, sind derzeit nicht ausreichend. Es sind erhebliche Anstrengungen nötig, um die angestrebten Ziele tatsächlich zu verwirklichen. Ein entsprechender Review-Mechanismus, wie er bereits im CFS festgelegt ist, sollte während des Welternährungsgipfels – fünf Jahre danach im Juni 2002 auf seine Funktion und Wirkung hin überprüft werden, gegebenenfalls müssten Beschlüsse gefasst werden, die die Effektivität des Monitoring-Systems steigern. Die FAO könnte in Zusammenarbeit mit den anderen Akteuren eine zentrale Rolle übernehmen (s. Abbildung 7-9).Es ist wichtig zu begreifen, dass „‚wir, die Völker‘, aus Individuen bestehen, deren Anspruch auf die grundlegenden Rechte viel zu oft den angeblichen Interessen eines Staates oder einer Nation geopfert wurde“ (Annan 2001).



17 Eine ausführliche Darstellung des hiermit allgemein angesprochenen Begriffes der „Global Governance“ findet sich in Kapitel 10.1.

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18 Der Welternährungsgipfel – Fünf Jahre danach, der ursprünglich vom 5.–9. November 2001 in Rom stattfinden sollte, wurde auf Juni 2002 verschoben.

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19 Weitere internationale Konferenzen, auf denen Ernährungsfragen eine wichtige Rolle gespielt haben: Internationale Ernährungskonferenz 1992, Konferenz zur Reduzierung des weltweiten Hungers 1993, 2020 Vision für Nahrung, Landwirtschaft und die Umwelt 1995.

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20 S. http://www.fao.org/legal/basictxt/h63f.htm 07.05.02.

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Kasten 7-2






















Abbildung 7-9