*) Eingesetzt durch Beschluss des Deutschen Bundestages vom 15. Dezember
1999 - entspricht der Bundesdrucksache 14/2350

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9.3.3.3    Erschwerung ausreichender Bildungsversorgung

Die Verbesserung des allgemeinen Bildungsniveaus – insbesondere von Mädchen – spielt für eine Reihe von Fragen eine Schlüsselrolle. Umgekehrt hat auch das Bevölkerungswachstum Einfluss auf die Bildungsversorgung.

Wirkungen auf Familienebene

Auf Familienebene sinken unter Armutsbedingungen die „Investitionen” in die Entwicklung eines Kindes mit wachsender Familiengröße (Leisinger 1999: 101). Die Vermeidung ungewollter Schwangerschaften hat einen unmittelbar positiven Effekt innerhalb einer Familie auch auf die Bildung und Ausbildung der nachwachsenden Generation. Dies illustrieren auch Untersuchungen, wonach die Wahrscheinlichkeit des Schulbesuchs der Kinder erheblich höher ist, wenn die jeweilige Mutter Familienplanung anwendet – auch wenn hier verschiedene Faktoren zusammenwirken und darum keine monokausale Erklärung angemessen ist.

Verbesserung der (Aus-)Bildungsversorgung und andere Maßnahmen zur Verlangsamung des Weltbevölkerungswachstums verstärken sich gegenseitig.

Schnelles Bevölkerungswachstum hat, wie beschrieben, negative Effekte auf die Einkommensentwicklung und erschwert auch dadurch in Entwicklungsländern Investitionen der ohnehin einkommensschwachen Eltern in Bildung und Ausbildung ihrer Kinder. Auch hier ist die Wirkung wechselseitig.

Wachsende Zahl der Kinder im Schulalter

Auf gesellschaftlicher Ebene bedeutet rapides Bevölkerungswachstum im Zusammenspiel mit der pyramidenförmigen Altersstruktur ein rapides Wachstum der Zahl der Kinder und Jugendlichen. In der Folge verteilt sich der Bildungsetat auf eine immer größere Kopfzahl. Eine Verbesserung der Bildungsversorgung ist aber im Zeichen der globalisierten Weltwirtschaft mehr denn je conditio sine qua non dafür, dass Entwicklungsländer nicht von der weltwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt bleiben oder werden.

   Hohes Bevölkerungswachstum ist kein unüberwindbares Hindernis für eine Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung mit Bildungs- und Ausbildungsangeboten, wie positive Trends in diesem Bereich in der Vergangenheit zeigten (Nachweise bei O’Neill, MacKellar, Lutz 2001: 89); jedoch erschwert das hohe Bevölkerungswachstum im Zusammenspiel mit anderen Faktoren die Bildungsversorgung auf mehreren Ebenen.

Geschlechtsspezifische Diskriminierung in der Bildungsversorgung

Nach wie vor besuchen erheblich weniger Mädchen als Jungen Grund- und weiterführende Schulen, auch wenn in einer Reihe von Ländern diese geschlechtsspezifische Diskriminierung verringert wurde. Der Fortschritt der Geschlechtergerechtigkeit in der Bildung, der für vorangegangene Jahrzehnte festgestellt werden konnte, ist in den letzten Jahren ins Stocken gekommen, in zahlreichen Ländern gab es sogar Rückschritte (Ruppert 2001a: 112, 120f.).

Allgemeine Rückschlüsse auf das Verhältnis zwischen Veränderung der Diskriminierung im Bildungswesen und der Bevölkerungsentwicklung lassen die verfügbaren Daten jedoch nicht ohne weiteres zu. Es lässt sich aber belegen, dass auf Familienebene eine hohe Kinderzahl die bestehende Diskriminierung von Mädchen in mehrfacher Hinsicht verstärkt; unter Armutsbedingungen wird bei ihnen in der Regel zuallererst gespart. Das betrifft sowohl den Schulbesuch wie auch die Ernährung, die für den Lernerfolg nachweislich von großem Einfluss ist. Zudem wirkt sich auf Familienebene eine hohe Kinderzahl in Kombination mit Armut und bestehender Diskriminierung in der Weise aus, dass die älteren Geschwister – und hier überproportional die Mädchen – für die Betreuung der jüngeren eingesetzt werden, statt dass sie zur Schule gehen. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein geringeres Einkommen und schlechteren Zugang zu Familienplanung haben werden (O’Neill, MacKellar, Lutz 2001: 99ff u.ö.).

Die ohnehin zu fordernde Beseitigung der geschlechtsspezifischen Diskriminierung (auch) im Bildungsbereich ist auch bevölkerungspolitisch wünschenswert, weil eine Erhöhung des Bildungsniveaus der Mutter für verschiedene Determinanten der Fertilität einflussreicher ist als die des Vaters.




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