|
|
Hartmut Hausmann
Ein Berg von Klagen in Straßburg
Menschenrechte
Mit dem Eingang von 45.000 neuen Beschwerden hatte der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in
Straßburg im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand zu
verzeichnen. Zwar konnten gut 20.000 Fälle abgeschlossen
werden, weil sie sich entweder nicht auf die Europäische
Menschenrechtskonvention bezogen und damit als unzulässig
zurückgewiesen werden mussten oder sie konnten in einer
gütlichen Einigung beigelegt werden. 718 Klagen wurden durch
ein Urteil abgeschlossen. Da alle eingehenden Beschwerden
geprüft und bearbeitet werden müssen, ist der Berg von
anhängigen Klagen inzwischen auf 78.000 angestiegen.
Der Präsident des Gerichtshofs, der Schweizer Luzius
Wildhaber, kündigte bei der Vorstellung der Arbeitsbilanz 2004
an, die innere Reform voranzutreiben. Zugleich rief er die
Mitgliedsstaaten auf, das Protokoll Nr. 14 zur Europäischen
Konvention zum Schutze der Menschenrechte unverzüglich zu
ratifizieren. Wenn dies geschehe, zeigte sich Wildhaber
überzeugt, erhalte der Gerichtshof hilfreiche
Verfahrensinstrumente, die es ihm ermöglichten, die Verfahren
zu rationalisieren und die Prüfung der Fälle zu
beschleunigen. Das Protokoll liegt seit dem 13. Mai 2004 vor und
wurde bis jetzt von 32 Staaten unterzeichnet, aber nur von sechs
Ländern ratifiziert. Es tritt erst in Kraft, wenn es alle
Unterzeichnerstaaten der Konvention ratifiziert haben.
Der Statistik für 2004 ist zu entnehmen, dass es bei den
718 Urteilen vor allem um die Länge der Verfahrensdauer geht,
die Bürger in ihren Ländern hinnehmen müssen, um zu
ihrem Recht zu kommen - ein vor allem in Polen, Frankreich,
Griechenland und Tschechien auftretendes Problem. Spitzenreiter bei
den noch anhängigen Verfahren sind Russland und Polen mit
jeweils 11.000 unerledigten Klagen.
Zurück zur
Übersicht
|