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Karl-Otto Sattler Hinten, am Ende des lang gezogenen Flurs, ertönt Beifall.
"Dort wird gerade gekegelt", erläutert Christa Varadi auf dem
Weg hin zu dem Gemeinschaftstreff, eine Tür nach der anderen
gleitet vorbei, auf den ersten Blick erinnert die Situation ein
wenig an eine Klinik. Die Pflegedienstleiterin klopft bei einem
Zimmer an: "Dürfen wir mal reinschauen?" Die Bewohnerin
strahlt: "Schön, dass mal unangemeldeter Besuch kommt." Da
steht zwar ein Pflegebett, aber ansonsten sieht der gemütlich
eingerichtete Raum so gar nicht nach Krankenhaus aus: Weinrot ist
die Farbe zweier Plüschsessel und einer Plüschcouch, eine
uralte Standuhr, eine Kommode, die Stühle, der Tisch, "das
habe ich mir alles von daheim mitgebracht", erzählt die Dame,
"es soll so sein wie früher." Ja, meint Varadi, "wir
bemühen uns um eine häusliche Atmosphäre in den
Zimmern, die Leute sollen sich nicht wie in einer Klinik
fühlen." ... Karl-Otto Sattler Die Pflegeversicherung kennt drei Arten von Leistungen:
Zuschüsse für die stationäre Unterbringung in Heimen
sowie Zahlungen für die häusliche Pflege, wobei in diesem
Fall unterschieden wird zwischen der Betreuung durch
Familienangehörige einerseits und der Versorgung durch
professionelle ambulante ...
Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) sieht einem
möglichen Ende der allgemeinen Wehrpflicht und damit verbunden
des Zivildienstes gelassen entgegen: "Alle Spitzenverbände der
Wohlfahrtsorganisationen waren in der von mir eingesetzten
Kommission ,Impulse für die Zivilgesellschaft' vertreten, und
keine einzige kommt zu dem Ergebnis, dass ein Ende des
Zivildienstes zu nicht zu bewältigenden Schwierigkeiten
führen würde." Unabhängig davon möchte sie
jedoch das freiwillige Engagement - auch älterer Menschen
zwischen 60 und 80 - in Deutschland konsequent ausbauen. Für
ein entprechendes Modellprojekt stehen im Haushalt 2005 zehn
Millionen Euro zur Verfügung. ... Johanna Metz Eva sitzt auf ihrem Bett, die Hände auf die Gehhilfe
gestützt, und wartet. Adrett sieht sie aus, mit ihrer
cremefarbenen Bluse und der großen Perlenkette. Das lange
weiße Haar ist ordentlich gekämmt. "Komm ich heute unter
die Dusche?", fragt sie, und es klingt ungeduldig. "Eva mag
Duschen", erklärt der Zivildienstleistende Ronny. "Nich Eva?
Bald biste dran, dauert nich mehr lange." Die 68-jährige
lächelt. ... Johanna Metz Der Zivildienst ist ein Auslaufmodell." Christiane Koss, die
Leiterin einer Schwerstbehindertenwohngruppe der Bundesvereinigung
Lebenshilfe e.V. im Zentrum Berlins, beobachtet das schon seit
Jahren. "Früher hatten klingelte hier jeden Tag mindestens
zehnmal das Telefon. Heute ist es viel, ... Tobias von Heymann Anders als Deutschland haben zahlreiche andere europäische
Staaten die komplexe Debatte um die Zukunft von Wehr- und
Zivildienst und mögliche Folgen für die Sozialsysteme
bereits hinter sich - für manche stellte sie sich sogar
überhaupt nicht oder nur in geringem Maße. Wegen der
Fülle der ... Alexander Weinlein Vor Gericht wird Recht gesprochen, aber nicht zwangsläufig
Gerechtigkeit geübt. Diese verbreitete pessimistische
Auffassung bestätigte am 19. Januar das
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit seiner Entscheidung, dass
die derzeitige Einberufungspraxis der Bundeswehr nicht gegen das
Grundgesetz verstoße. Gleichzeitig kritisierte der
zuständige 6. Senat des Verwaltungsgericht aber, dass sich
eine Lücke auftun könne zwischen den
Wehrdienstfähigen und den tatsächlich Einberufenen - und
dies könne zu einer Verletzung des Prinzips der
Wehrgerechtigkeit führen. ... Hans-Jürgen Wirth In den 70er-Jahren gehörte soziales und politisches
Engagement zu den Leitwerten der Jugend. Im Rahmen einer breiten
Bewegung der Initiativ-, Spontan- und Selbsthilfegruppen entstanden
neue Formen der sozialen Wohltätigkeit ("Lernziel
Solidarität"), die sich von der christlichen
Nächstenliebe bewusst abgrenzten. Man benutzte nicht
länger das Wort "Ehrenamt", sondern den Begriff "Engagement",
in dem einerseits das Verpflichtetsein mitschwingt, andererseits
aber die "künstlerische Freiheit" ausgedrückt ist, denn
"engagieren" heißt ursprünglich "verpflichten, unter
Vertrag nehmen, besonders von Künstlern". ... Tobias von Heymann Wehrpflicht, Zivildienst - oder Freiwilliges Soziales Jahr:
Für viele Jugendliche und junge Erwachsene ist das Thema
angesichts von Arbeitslosigkeit, der Suche nach dem richtigen
Ausbildungs- oder Studienplatz von hoher Aktualität. Doch
fragen sie sich oft auch sehr kritisch: Was bringt mir das ...
Ulrike Baureithel Ob Freiwilligenarbeit, Bürgerengagement, Selbsthilfe oder
Ehrenamt - freiwillige Dienste sind ein unverzichtbarer Bestandteil
des zivilen Lebens. Während sich die Kommunen aus dem sozialen
Aufgabenfeld vielfach zurückziehen, engagieren sich Menschen
zunehmend auch in diesem Bereich. Was bewegt Menschen, freiwillig
Verantwortung für andere zu übernehmen? Warum setzen sie
sich manchmal schwierigen sozialen Situationen aus und befassen
sich bei der Betreuung von Kranken und Alten sogar mit Sterben und
Tod? Gespräche mit Ehrenamtlichen zeigen, dass nicht nur
Pflichtbewusstsein, sondern auch der Wunsch nach Kommunikation und
Anerkennung ist ein Motiv für Bürgerengagement ist. ...
Susanne Kailitz Die Diagnose schien erschreckend: Die westliche Gesellschaft sei
"immer stärker vom Verlust aller moralischen Normen bedroht",
neige zur Selbstsucht und werde "von Raffgier, egoistischen
Interessen und einem ungebrochen Machtstreben" angetrieben. So
pessimistisch war das Fazit ... Claudia Heine Und übrig bleiben nur die Alten? Was seit einigen Jahren
als Horrorvision des demografischen Wandels durch Deutschland
geistert, ist im Osten des Landes teilweise schon Realität.
Seit der Wende 1989 schrumpfte in einigen Kreisen die
Bevölkerung um zehn Prozent; vor allem junge Menschen
verließen auf der Suche nach Arbeit ihre Heimat. Bis zum Jahr
2050 würde sich die Bevölkerung nochmals halbieren, wenn
diese Westwanderung anhält. Hinzu kommt ein radikaler
Geburteneinbruch von ungefähr 50 Prozent nach 1990. Eine
solche Entwicklung ist zwar für den Westen nicht zu erwarten,
und dennoch dient das Beispiel als Warnung für das ganze Land.
... Eckhard Hansen und Flemming Hansen Soziale Dienstleistungen sind eines sicherlich nicht: ein klar
erkennbares Identifikationsmerkmal des Sozialstaates. Dieser wird
in der öffentlichen Wahrnehmung vorrangig mit der
Gesundheitsversorgung, der Alterssicherung oder mit
Transferleistungen zur Verhinderung von Armut in Verbindung
gebracht, ... Claudia Heine Der Eindruck täuscht gewaltig. Schwere gepolsterte
Couchgarnituren, ordentlich gebügelte Deckchen auf den
Tischen, die vielen Pflanzen, eine Vitrine mit selbstgefertigten
Handarbeiten, all dies hat nichts mit dem Rückzug in eine
kuschelig private Wohnzimmerwelt zu tun. Nicht umsonst liegen auf
einem ... Wolfgang Kessel Wir schreiben das Jahr 2020. Es ist Freitag, 18.30 Uhr. Werner
H. musste schneller aufbrechen, als ihm lieb war. Normalerweise hat
er gerade vor dem Wochenende viel Zeit für Maria Simons. Und
die braucht er auch. Oft erkennt sie ihn nämlich nicht gleich,
wenn er sie besucht. Dann weist sie ihn erst einmal ab. Maria
Simons leidet an Alzheimer. Erst wenn der Besucher vertraute
Geschichten erzählt, dann erkennt sie ihn wieder: Es ist
Werner, der sie schon seit Jahren besucht, einen Kaffee mit ihr
trinkt - und auch mal was mitbringt. Dann will sie nur noch, dass
er möglichst lange bleibt. Doch heute musste Werner
pünktlich gehen. Er hat noch einen wichtigen Termin im Rathaus
vor sich. ... Martin Teschke Der Jobmotor brummt. Glaubt man den Experten, dann entstehen in
den nächsten Jahren hunderttausende neue Stellen. Und zwar
nicht irgendwelche Jobs zum Billigtarif, sondern ganz reguläre
Arbeitsplätze - den Umwälzungen im Bereich der sozialen
Dienste sei Dank. Doch läuft der Motor wirklich so rund, wie
viele Beobachter uns weismachen wollen? ... Martin Teschke Drehtag im Berliner Osten: Die 25 Schüler der Klasse 9.2
des Carl-von-Ossietzky-Gymnasiums Pankow sind ausgelassen. Zu
Recht. Statt Vokabeln zu pauken, spielen sie heute in einem
Kurzfilm mit. Am Projekttag ihrer Schule lernen sie neue
Berufsfelder kennen. Angeleitet werden sie von sechs Männern
und ... Karl-Otto Sattler Sie kommen in Bussen, die quer durchs Saarland touren und
zielgenau an diversen Haltepunkten Station machen: Die Polinnen
steigen aus, klettern in wartende Autos und lassen sich aufs Dorf
oder in die Stadt kutschieren - wo sie für drei Monate
demenzkranke oder körperlich gebrechliche alte Leute versorgen
und pflegen. Danach sammelt ein Bus die Frauen wieder ein, sie
fahren in die Heimat, andere "Kolleginnen" rücken für die
nächste "Schicht" an. ... Heiko Ostendorf Brauchen wir Zuwanderung, um die sozialen Dienste vor
Versorgungslücken zu bewahren? Immerhin stehen die Sozial- und
Pflegedienste vor einem Problem: Die Zahl der Menschen, die in
häuslicher Umgebung oder in Altenheimen gepflegt werden
müssen, wird aufgrund der demografischen Entwicklung drastisch
... Christel Steylaers Das Thema Pflege und Pflegeversicherung wurde im politischen
Raum bisher viel zu wenig unter geschlechtsspezifischer Sichtweise
betrachtet. Im Pflegebericht der Bundesregierung von 2003 gibt es
auf 230 Seiten ganze acht inhaltliche Textfundstellen für das
Wort "Frauen", Männer tauchen ... Bernhard Heeb Das Arbeitsprojekt "Objectif Plein Emploi" ("Ziel
Vollbeschäftigung") ist ein in ganz Luxemburg tätiges
Netzwerk von lokalen, solidarwirtschaftlichen Betrieben. Sein
Hauptziel ist es, für arbeitslose Menschen neue
Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen, indem sozial nützliche
Tätigkeiten erkannt und daraus Arbeitsplätze kreiert
werden. Auf diese Weise entstanden bisher 30 Betriebe mit insgesamt
700 Arbeitsplätzen, was einem Anteil von zehn Prozent aller
arbeitslosen Luxemburger entspricht. ... Geneviève Hesse Die Bilanz des zehnjährigen Beschäftigungsprogramms
der sozialistischen Jospin-Regierung für Jugendliche und
für neue Dienstleistungen ist umstritten - vor allem in den
Augen der neuen konservativen Regierung. "Nouveaux services -
Emplois Jeunes" (Neue Dienstleistungen - Arbeitsplätze
für Jugendliche) - so lautete das ambitionierte Programm der
Arbeitsministerin Martine Aubry (Parti Socialiste) im Oktober 1997.
Zwei Fliegen wollte sie mit einer Klappe schlagen. Zum einen
sollten 700.000 arbeitslose Jugendliche mit selbstbestimmten
Aufgaben im Sozial-, Umwelt-, Erziehungs- oder Multimediabereich
dank öffentlicher Förderung beschäftigt werden. Zum
anderen sollten innovative Dienstleistungen im Dritten Sektor -
zwischen Staat und Markt - entstehen. Sie sollten benachteiligten
Bevölkerungsgruppen zugute kommen und deren Alltag verbessern.
...
Das Parlament: In welchen Bereichen sind die "emplois-jeunes"
entstanden? Julien Adda: Sie durften in vier Bereichen entstehen:
In den großen Staatsunternehmen, in den Gemeinden, in der
Erziehung und in den Vereinen. Wirklich innovativ waren die neuen
Dienstleistungen hauptsächlich in den ...
Das Parlament: Würden Sie das französische Programm
der "emplois-jeunes" den Deutschen weiter empfehlen? Alain Gournac:
Das Programm sollte nicht eins zu eins kopiert werden. Was bitter
gefehlt hat, sind die Qualifizierung und die Gedanken über den
Ausgang aus den ... Hans-Eckehard Bahr Thea Bauriedl, Leiterin des Instituts für politische
Psychoanalyse München, berichtet von einem beispielhaften
Experiment aus Berlin. Dort hatte eine junge Sozialarbeiterin
Jugendliche dazu bewegen können, Medikamente für
Weißrussland zu sammeln. Die Aktion wurde durch
rechtsorientierte arbeitslose ...
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