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Johanna Metz
17 Quadratmeter mit Waschecke
...vor 40 Jahren am 17. Februar: Bundestag
bewilligt Gelder für den Bau des "Langen Eugen"
Als der Parlamentarische Rat am 10. Mai 1949 Bonn zur
vorläufigen Hauptstadt ernennt, wird es eng in den Räumen
der ehemaligen Pädagogischen Akademie. 410 Abgeordnete und
noch mehr Verwaltungsangestellte müssen in den paar
Gebäuden untergebracht werden, da heißt es
zusammenrücken: Fünf Volksvertreter teilen sich im
Schnitt ein Büro. Nicht mal das neue, sechsgeschossige
Abgeordnetenhaus kann das akute Raumproblem des Bundestages
lösen. 1954, nachdem weitere Zusatzbauten fertiggestellt sind,
stehen für rund 1.300 Personen nur 600 Büroräume zur
Verfügung.
Zu wenig, findet auch Bundestagspräsident Eugen
Gerstenmaier, und fordert, dass jedem Abgeordneten doch "ein
kleines ausreichendes Zimmer" zur Verfügung stehen
müsste, ebenso Räume für die Fraktionen und
Ausschüsse. Doch viele Verantwortliche zögern. Bonn gilt
noch immer als provisorische Hauptstadt, viele hoffen, dass Berlin
in absehbarer Zeit wieder Regierungssitz wird.
Spätestens am 13. August 1961 erweist sich das als
Illusion. Der Bau der Berliner Mauer macht auch dem letzten
Optimisten klar, dass sich der Aufenthalt der Volksvertreter in dem
betulichen Städtchen am Rhein noch etwas in die Länge
ziehen könnte.
Mit Provisorien wollen sie sich daher nicht mehr zufrieden
geben. Im Dezember 1961 schlägt Eugen Gerstenmaier vor, einen
Neubau mit den erforderlichen Ausschussräumen zu errichten.
Doch erst am 17. Februar 1965 bewilligt der Bundestag die
entsprechenden Mittel. Zwölf Millionen Mark werden
zunächst freigegeben, die Gesamtkosten werden auf 48,5
Millionen beziffert. 447 Büroräume, 20 Sitzungssäle
und 120 Büroräume für die Ausschüsse sollen
entstehen. Gerstenmaier nimmt Kritikern, die wie ehedem auf den
Provisoriumscharakter Bonns und die hohen Kosten verweisen, bald
den Wind aus den Segeln. Das neue Bürohochhaus entspreche
nunmal den Arbeitsstrukturen des Bundestages, argumentiert er,
nicht ohne hinzuzufügen: "Man kann es bedauern, meine Damen
und Herren, dass sich der deutsche Parlamentarismus im Laufe dieser
15 Jahre so entwickelt hat, dass er sich vorwiegend in
Arbeitskreisen der Fraktionen, in Ausschüssen und in der
Einzelarbeit des Abgeordneten vollzieht. Das bedeutet eine
Verlagerung der Parlamentsarbeit aus dem Plenum heraus und damit
natürlich weithin in die Unsichtbarkeit."
Platz ist dafür bald genug. Als das "Neue Hochhaus" nach
den Plänen des angesehenen Architekten Egon Eiermann nach
zweieinhalb Jahren Bauzeit im Februar 1969 endlich bezugsfertig
ist, erwartet die Abgeordneten ungewöhnlicher "Luxus". Jeder
Volksvertreter verfügt künftig über ein eigenes
Büro von genau 17 Quadratmetern, mit Schreibtisch,
Besprechungsecke und Kaltwasser-Waschbecken. Im 29. Stock gibt es
eine Cafeteria, von der aus die Beschäftigten den Blick vom
Tellerrand - beliebt ist Sauerbraten, dazu rheinischer Wein - ins
Siebengebirge schweifen lassen können. Nur die
Sekretärinnen erwartet Gewohntes: Sie sitzen weiterhin in
Großraumbüros.
Schnell hat das Stahlskelett seinen Spitznamen weg: "Langer
Eugen" nennen es die Bonner, und würdigen damit die Verdienste
des eher klein gewachsenen Eugen Gerstenmaier, der sich
unermüdlich für den Bau des Bonner Wahrzeichens
eingesetzt hatte. Mit 106 Metern Höhe und 29 Etagen ist es das
höchste Gebäude der Stadt, und es gilt, nicht zuletzt
wegen seines hochmodernen, puristischen Stils, als Sensation.
1998 wird der "Lange Eugen" auf Beschluss der
nordrhein-westfälischen Landesregierung zum Denkmal
erklärt. Mit seinem Verzicht auf hierarchische Elemente in der
Fassadengestaltung sei das Hochhaus ein "anschauliches Beispiel
für das Verständnis demokratischen Bauens in der jungen
Bundesrepublik", finden die Denkmalschützer. Eiermanns Credo -
"Weglassen und noch mal Weglassen bedeutet die Gewähr des
größeren Eindrucks" - scheint seine Anhänger
gefunden zu haben.
Seine glanzvollsten Zeiten hat der "Lange Eugen" indes hinter
sich. Im Bonner Stadtbild wird er inzwischen vom 162,5 Meter hohen
Post-Tower überragt. Und Bildungseinrichtungen, die nach dem
Regierungsumzug die Stockwerke bevölkerten, verließen den
maroden Bau bald entnervt. Nach einer Generalüberholung sollen
im Sommer 2005 UN-Organisationen einziehen.
Die Parlamentarier haben dem Bonner Provisorium längst den
Rücken gekehrt. In Berlin haben sie noch größere und
noch modernere Arbeitsquartiere bezogen, und auch die
Sekretärinnen müssen nicht mehr Seit an Seit Protokolle
tippen. Dafür war der "Lange Eugen" mit nur 50 Millionen Mark
Baukosten aber auch wirklich ein Schnäppchen.
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