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O. Ulrich Weidner
Aufgekehrt...
Man soll das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er
erlegt ist, lautet ein bekanntes deutsches Sprichwort. Dies gilt
allerdings nicht für Berlin, denn hier wird am liebsten
– heftig assistiert von der scharf konkurrierenden
Lokalpresse – über ungelegte Eier spekuliert. Da geht es
einmal um den Zeitpunkt, wann der erste transkontinentale Jet in
Schönefeld abhebt (gerade ist das Planungsverfahren
eingeleitet worden), um elf Hochhäuser rund um den Alex
(Büroflächen stehen in Fußballfeld-Größe
leer und auch Donald Trump ist längst ausgestiegen), um die
Kanzler- U-Bahn (die jetzt als Torso zwischen Lehrter Bahnhof und
Brandenburger Tor gebaut wird, aber nur, weil das vom Bund
vorgeschossene Geld längst anderweitig verbraten wurde und nun
Rückzahlung drohte). Der kurioseste Streit tobt aber zurzeit
in den Leserbriefspalten der Zeitungen. Worüber? Über den
Namen des fusionierten Bundeslandes, das aus Berlin und Brandenburg
bestehen soll. Man erinnere sich: Es ist gerade einmal ein paar
Jahre her, da haben die Brandenburger Bürger den
Zusammenschluss abgelehnt, während die Berliner dafür
waren. Die Regierungen in Berlin und Potsdam haben jetzt einen
neuen Anlauf beschlossen, der aber frühestens 2013
Wirklichkeit werden könnte, wenn denn diesmal nicht gerade die
Berliner Njet sagen...
Die Stimmung zwischen den Brautleuten ist ohnehin nicht die
beste, wollen die Brandenburger erst einmal die Berliner
entschuldet sehen, und hat Berlins Finanzsenator mit dem Hinweis,
es gebe ohnehin nur ein Land Berlin "mit angeschlossener
Landschaftspflege" die Brandenburger in Rage gebracht. Und alle
beteiligen sich an der verfrühten Diskussion, wie das Land
denn nun heißen sollte. Berlin, Berlin-Brandenburg,
Brandenburg-Berlin? Oder, da Brandenburg mehr umfasst als die alte
Mark, vielleicht sogar Brandenburg-Preußen? Jedenfalls ist die
Mehrzahl der Berliner gegen den Wegfall "ihres" Berlins. Berlin
soll aus 97 ehemaligen Dörfern bestehen, wobei solche
wohlhabenden Städtchen wie Charlottenburg oder Spandau die
Eingemeindung zum Teil bis heute nicht verkraftet haben. So
heißt es richtig: Spandau bei Berlin. Und auch der Streit bei
der Zusammenlegung der Berliner Bezirke sorgte monatelang für
rhetorisches Geplänkel. So sollte der Prenzlauer Berg
künftig Pankow genannt werden – eigentlich
undenkbar!
Das alles hat sich inzwischen etwas gelegt. Und auch diese
Kolumne soll mit einem konstruktiven Vorschlag enden: Es geht uns
um das künftige Wappentier. Bekanntlich hat Berlin den
schreitenden Bären (in schwarz) und Brandenburg den
märkischen Adler (in rot). Als neues Wappentier bietet sich
also der adlergeflügelte Bär an. Nur in welcher Farbe?
Rot, schwarz oder schwarz-rot? Darüber kann jetzt noch ein
paar Jahre trefflich diskutiert werden – jede
veröffentlichte Meinung zählt. Falls man nicht einig
wird, kann ja das Volk auch hierüber befinden. Wenn die
Berliner überhaupt noch heiraten wollen.
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