"Ein Energieschub für den sozialen
Bereich"
Emplois-jeunes: Interview mit Julien Adda,
Generalvertreter des Verbandes CPCA, der 400.000 Vereine
vertritt
Das Parlament: In welchen Bereichen sind die
"emplois-jeunes" entstanden?
Julien Adda: Sie durften in vier Bereichen entstehen: In
den großen Staatsunternehmen, in den Gemeinden, in der
Erziehung und in den Vereinen. Wirklich innovativ waren die neuen
Dienstleistungen hauptsächlich in den Vereinen. In den
öffentlichen Einrichtungen wurden sie meistens dazu benutzt,
junge Leute zu rekrutieren. Es ging selten darum, neue
Arbeitsinhalte zu definieren. In Schulen allerdings gab es die
"aide-éducateurs" (Erziehungshelfer), die frischen Wind
gebracht haben. Sie haben eine neue Bibliothek gegründet, sich
um das Internet oder um die Schüler nach dem Unterricht
gekümmert. Aber sehr oft wurden die Gelder für schon
vorhandene Aufgaben benutzt.
Das Parlament: Was war anders in Vereinen?
Julien Adda: Das Programm war ein großartiges
Ereignis für das Vereinsleben. Innerhalb von fünf Jahren
sind 80.000 Arbeitsplätze entstanden. 55.000 Organisationen
haben davon profitiert. Es reichte aus, unter 30 Jahre alt zu sein,
um eine solche Stelle zu bekommen. Die Bezeichnung "emploi-jeune"
war nicht diskreditiert, denn es waren auch sehr qualifizierte
Leute dabei. Zwei Drittel der Jugendlichen hatten das Abitur oder
sie hatten studiert. Die zehnseitigen Förderungsanträge
waren relativ leicht auszufüllen. Ich habe einen Nachmittag
dafür gebraucht. Und dann konnte man sie bei einer Vertretung
in jedem "département" (Bezirk) abgeben.
Das Parlament: Das Procedere war einfach - aber waren die
Inhalte der "emplois-jeunes" wirklich innovativ?
Julien Adda: Es wurde viel experimentiert. Es war
zugleich sehr positiv, aber auch sehr gefährlich. In diesem
Suchprozess brauchen neue Berufe mehrere Jahre, bis sie ihren
eigentlichen Inhalt definieren, die dazu nötigen
Qualifikationen erkennen und nicht zuletzt ihre finanzielle
Tragfähigkeit prüfen. Selbstverständlich haben nicht
alle Versuche geklappt. Für Jugendliche, die schon
qualifiziert waren, waren die "emplois-jeunes" ein Sprungbrett in
den Beruf. Die anderen haben von der Ausbildung während des
"emploi-jeune" profitiert. In den Vereinen haben 70 Prozent der
Jugendlichen eine Qualifizierung erhalten. In anderen Bereichen
wurde viel weniger ausgebildet.
Das Parlament: Der Staat hat neue Arbeitsplätze
finanziert. Das klingt zwar großzügig, aber was bringt es
auf Dauer?
Julien Adda: Es sind in Frankreich dadurch viel mehr neue
Arbeitsplätze als in anderen europäischen Ländern
mit derselben ökonomischen Situation entstanden. Dieser
Schwung hat die ganze Wirtschaft angeregt. Der Staat hat dadurch
den Non-Profit-Sektor kräftig unterstützt. Pro
"emploi-jeune" haben sich fünf bis zehn Ehrenamtliche neu
engagiert, und 100 Nutzer haben im Durchschnitt davon profitiert.
Wenn das kein Energieschub für den sozialen Bereich ist . .
.
Das Parlament: Was würden Sie Ländern
empfehlen, die ein ähnliches Programm einführen
möchten?
Julien Adda: Das Ziel darf es nicht sein, die
Arbeitslosigkeit en masse zu senken. Von vornherein sollte die
Qualität mehr als die Quantität der Aufgaben in den
Vordergrund rücken. Es dürften nur Anträge
angenommen werden, die eine reelle Chance haben, sich
wirtschaftlich zu tragen. Jugendliche, die fünf Jahre lang im
Rahmen eines "emploi-jeune" keinen Zugang zur Ausbildung oder zur
Integration erhalten, können dadurch heftig destabilisiert
werden. Wichtig ist außerdem die kontinuierliche Beratung der
Projekte. Am schönsten sind neue Dienstleistungen, bei denen
die Nutzer selber aktiv mitbeteiligt sind. Heute sagen 90 Prozent
der Jugendlichen, dass sie mit ihrem "emploi-jeune" zufrieden
waren. Sie haben sich gebraucht und nützlich gefühlt und
sie haben sich qualifiziert. Das ist wohl das Beste, um bei ihnen
die Lust und die Freude auf eine soziale Integration zu wecken. Es
eröffnet für sie mehr zukunftsträchtige Perspektiven
als ein Job in einem Call-Center.
Das Interview führte Geneviève Hesse
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