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Jeannette Goddar
"Investition in meine Zukunft"
Gebühren an privaten Unis
Tobias Schäfers hat gar nicht erst versucht, es so zu
machen wie alle anderen. Als er sein Abitur in der Hand hielt,
stand für ihn fest: Wer sich auf dem Arbeitsmarkt des 21.
Jahrhunderts behaupten will, muss sich von der Masse abheben. Durch
eine überzeugende Persönlichkeit, vielfältige
Kompetenzen und gründliches Fachwissen, kurzum: durch eine
effiziente und umfassende Ausbildung. Seine Kommilitonin Eleonora
Gross war 22, als sie beschloss, bei ihrer Zukunftsplanung kein
unwägbares Risiko einzugehen. Zwei Semester hatte sie da an
einer staatlichen Universität verbracht. Sie hatte mit 500
Leuten in einer Vorlesung und mit 100 im Seminar gesessen, als sie
außer dem Frust über den anonymen Massenbetrieb die Sorge
um ihr Berufsleben zu plagen begann: "Was hätte ich
bekommen?", fragt sie, "einen mittelmäßigen Abschluss,
den tausende andere auch haben!"
Heute studieren beide im fünften Semester an der Privaten
Fachhochschule Göttingen (PFH). Die PFH ist die einzige
Hochschule Deutschlands, die ihren Studierenden von vornherein
schriftlich gibt, dass sie später nicht ohne Erwerb dastehen.
Laut "Job-Garantie" bekommt jeder, der ein halbes Jahr nach dem
Diplom noch keine Stelle hat, die Studiengebühren des letzten
Jahres erstattet. Bedenkt man, dass das immerhin 7.000 Euro sind,
könnte man das für ein großzügiges Angebot
halten. Es wurde allerdings noch nie eingelöst. Die Garantie
ist nämlich in erster Linie gar nicht der finanzielle Anreiz,
sondern ein Instrument, potenziellen Studierenden zu vermitteln,
dass sie sich mit einem Abschluss der PFH keine Sorgen um ihre
Zukunft zu machen brauchen. Wer hier studiert, muss nämlich
neben seiner in einem komplexen Auswahlverfahren festgestellten
Eignung noch etwas bieten: 3.600 Euro Studiengebühren pro
Semester, 600 Euro pro Monat. Viel Geld, finden auch die
Studierenden. "Natürlich ist das erst einmal abschreckend",
sagt Tobias Schäfers, "aber ich sehe das als Investition in
meine Zukunft."
Anfangs skeptisch beäugt
In Zeiten unsicherer Aussichten sind immer mehr Studierende -
oder Eltern - bereit, in die akademische Ausbildung eine
gehörige Summe Geld zu investieren. Als die Universität
Witten-Herdecke vor 20 Jahren ihre Arbeit aufnahm, galt sie noch
als absolutes Novum in der deutschen Bildungslandschaft und wurde
nicht selten skeptisch beäugt. Inzwischen bieten 53 staatlich
anerkannte Universitäten und Hochschulen ihre Dienste an. Von
US-amerikanischen Privatschmieden, in denen ein Studienjahr
durchschnittlich mit 18.000 Dollar zu Buche schlägt, sind die
Deutschen zwar noch weit entfernt, doch auch hier kostet das
Studium mehr Geld, als durchschnittliche 18-Jährige und auch
viele Eltern mal eben so aus dem Ärmel schütteln:
Jahresgebühren zwischen 5.000 und 8.000 Euro sind die Regel -
die, wie immer, von Ausnahmen wie der International University
Bremen, wo das Jahr 15.000 Euro kostet, bestätigt wird. Eine
ebensolche Regel ist, dass Private Hochschulen sich auf einen
eingeschränkten Fächerkanon spezialisiert haben; weswegen
die Bezeichnung Universität auch kaum gerechtfertigt ist.
Viele bieten wie die PFH eine wirtschaftswissenschaftliche
Ausbildung; aber auch Jura-Schmieden wie die Bucerius Law School in
Hamburg oder die Reformmedizinstätte in Witten-Herdecke
bewähren sich.
Insgesamt gilt: Private Hochschulen bilden vor allem in so
genannten karriereträchtigen Studiengängen aus. Man lernt
in kleinen Gruppen mit glänzender Betreuung, meist verbunden
mit einem ausgebauten Mentorensystem aus Professoren und
Praktikern.
An der PFH Göttingen betreuen sieben Professoren 217
Studierende. Die 40 bis 60 Studenten pro Jahrgang werden mit Hilfe
eines zweistündigen Tests und persönlichen
Gesprächen aus bis zu 300 Bewerbern gefiltert. Dass die
Möglichkeit zur Auswahl der Studierenden an sich schon ein
enormer Vorteil sei, räumt auch Vizepräsident Frank Albe
unumwunden ein: "Wenn wir das Gefühl haben, dass die
Motivation nicht stimmt, nehmen wir auch nicht auf. Und wer sich
nicht wirklich anstrengen will, der kommt hier nicht zurecht." In
der Tat bietet das Bezahlstudium in Göttingen nicht nur
herausragende Bedingungen, sondern ebensolche Anforderungen: Zu
regulären 26 bis 28 Semesterwochenstunden kommt mindestens
noch einmal genau so viel Vor- und Nachbereitung. Zusätzlich
zu den Erfahrungen in Deutschland sammelt nahezu jeder der
Studierenden ebensolche bei einem halbjährigen Praktikum im
Ausland. Und weil der Unternehmer von morgen mehr braucht als eine
praxisnahe Ausbildung, Auslandserfahrung und Sprachkenntnisse,
werden auch die ganz soften Skills trainiert. Es wird Golf und
Fußball gespielt; und zu einem Lifestyle-Abend reiste auch
schon einmal ein Käseexperte an. Sehr aufwändig, findet
auch Tobias Schäfers. Aber: "Wer etwas werden will, muss etwas
leisten. Das ist doch ganz normal." Das A und O am Studium ist
für Schäfers aber der Praxisanteil.
Ein Finanzierungssystem für Studiengebühren ist bisher
auch an Deutschlands Privathochschulen wenig elaboriert;
hochschulinterne Bildungsfonds, Kredit- oder Stipendiensysteme nach
US-amerikanischem Vorbild existieren noch so gut wie nicht. Eine
Ausnahme ist die Uni Witten-Herdecke, die die Studiengebühren
von 250 Euro monatlich vorfinanziert. Nach dem Studium müssen
Absolventen, die mehr als 17.000 Euro im Jahr verdienen, acht Jahre
lang acht Prozent des Einkommens nach Witten-Herdecke
überweisen.
Den meisten bleibt nur der Griff in die Familienkasse, die
Bewerbung um ein Stipendium oder der Kredit bei einer Bank. Ein
Modell, das Schule machen könnte: Wenn Studiengebühren
auch an staatlichen Universitäten Realität werden,
könnte der Bildungskredit bald zum Studierenden gehören
wie ein Mietvertrag. Vorausgesetzt, die Banken ziehen auch
über die Kreditanstalt für Wiederaufbau hinaus mit - und
bieten angehenden Akademikern künftig weit mehr als ein
gebührenfreies Konto.
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