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Detlev Lücke
Meilenstein der Integration
Bundestag will EU-Verfassung rasch
ratifizieren
In großer Übereinstimmung hat der
Deutsche Bundestag in seiner Debatte vom 24. Februar über die
künftige Verfassung der Europäischen Union beschlossen,
das Verfahren zu deren Ratifizierung rasch abzuschließen.
Vertreter aller Parteien würdigten das Gesetzeswerk als einen
"Meilenstein europäischer Integration". Die parlamentarische
Behandlung der Verfassung im Bundestag soll noch vor der
Sommerpause abgeschlossen werden. Die von der Opposition
geforderten verstärkten Mitwirkungsrechte des Parlaments im
Vorfeld wichtiger EU-Entscheidungen wurden von der Koalition
abgelehnt.
Außenminister Joseph Fischer
(Bündnis 90/ Die Grünen) warb in der Debatte für
eine "klare, schnelle und richtige Entscheidung mit möglichst
breiten Mehrheiten". Das EU-Grundgesetz sei ein "ganz
entscheidender Baustein für Europa". Die Erweiterungspolitk
der Europäischen Union sei eine große Erfolgsgeschichte.
"Wir haben eine Parallelität von Rechten der Mitgliedstaaten
und Subsidiaritätsprinzip, wir haben die Stärkung der
Rechte des Europäischen Parlaments und der Kommission und die
klare Definition des Verhältnisses zum Rat".
Für die SPD verwies der Abgeordnete
Michael Roth darauf, dass die Europäische Union
handlungsfähiger geworden sei: "In der Außen- und
Sicherheitspolitik bekommt Europa Gesicht und Stimme."
Für die Unionsparteien kündigte
deren stellvertretender Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schäuble
Zustimmung zur Europäischen Verfassung an. Gleichzeitig
kritisierte er die Bundesregierung scharf für den Umgang mit
Visaanträgen. An die Adresse von Bundeskanzler Gerhard
Schröder (SPD) sagte er: "Wenn Sie offene Grenzen wollen,
dürfen Sie nicht Schindluder treiben mit der Visa-Erteilung."
Wenn es in Europa aufgrund des Schengen-Abkommens offene Grenzen
gebe, müsse man sich auch an diese Vereinbarungen halten. "Die
Vorwürfe unserer Partner zeigen, dass wir das
Schengen-Abkommen verletzt haben." Schäuble warf der Koalition
außerdem einen "laxen Umgang" mit dem
Euro-Stabilitätspakt vor, der die Einheit der EU
gefährde.
Für die Freien Demokraten warf Werner
Hoyer der Bundesregierung vor, die deutschen Bürger nicht
ausreichend über den Inhalt der Europäischen Verfassung
informiert zu haben, mit der die EU auch mit 25 und mehr
Mitgliedern handlungsfähig bleiben will. Er kritisierte, dass
es bis auf den heutigen Tag keinen vollständig gedruckten
Verfassungstext gebe. Die FDP verlangte erneut eine Volksabstimmung
über die Verfassung.
Baden-Württembergs
Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) sicherte in einer
bewegten Rede für die Verfassung die Zustimmung der
Bundesländer zu. Es sei ein Meilenstein für eine gute
Entwicklung in Europa gesetzt worden. Europa sei dann stark, wenn
es sich um diejenigen Aufgaben kümme, "deren Lösung
über die Kraft des Nationalstaates hinausgeht".
Der Staatsminister für Europa,
Hans-Martin Bury (SPD), betonte, dass das gleichzeitige Herangehen
an die Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union zwar
ein Wagnis gewesen sei, aber zugleich die Voraussetzung für
das Gelingen. "Die Europäische Verfassung ist die
Geburtsurkunde der Vereinigten Staaten von Europa." Marianne Tritz
(Bündnis 90/Die Grünen) gab ihrer Sorge Ausdruck, dass
die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU "zu
militärisch werden könnte". Es sei zu fragen, ob die
Einrichtung einer europäischen Verteidigungsagentur in der
Verfassung stehen müsse.
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)
unterstrich, dass europäische Öffentlichkeit beim Werden
der Verfassung nicht genügend hergestellt worden sei. Die
Angst vor einem "technokratischen Monstrum" werde verringert, wenn
den Bürgerinnen und Bürgern ein Mitspracherecht
eingeräumt werde. Wie die FDP forderte auch die fraktionslose
Abgeordnete Gesine Lötzsch eine Volksabstimmung über die
Verfassung. Der SPD-Abgeordnete Axel Schäfer meinte, "die in
Brüssel" gebe es nicht. "Die in Brüssel" seien "auch wir,
unsere Abgeordneten, unsere Minister, unsere Beamten und unsere
Vertreter im Verein mit den anderen, die mit uns eine Gemeinschaft
bilden". Gerd Müller (CDU/CSU) sprach sich für ein
föderales und kein zentralistisches Europa aus.
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