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Peter Manstein
Kassandrarufe und Insideranalyse über eine
Weltmacht
Die Umweltkrise aus prominenter
US-amerikanischer Sicht
Globale Umweltprobleme - der Autor führt deren Ausmaß
und Entstehung eindringlich vor Augen und fordert ein globales
Gegensteuern. Aber was leicht gesagt ist, ist umso schwerer
umgesetzt. Besonders aufschlussreich ist das Buch, wo der
renommierte amerikanische Umweltwissenschaftler und -aktivist Speth
schildert, wie wenig internationale Umweltabkommen in aller Regel
bewirken, wenn es um die meist sehr komplexen Ursachen der
Umweltkrise geht wie die Armut oder die Überbevölkerung
in der Dritten Welt.
Eine gelungene Übereinkunft ist noch lange kein gelungener
Umweltschutz, weil die Vertragsstaaten dabei ja nichts von ihrer
Souveränität abgeben, und der "good will" in der
praktischen Umsetzung von vertraglichen Zugeständnissen
häufig genug von "harten" Widerständen gehindert wird.
Aus diesem Grund kann die ganze Prozedur der von Diplomaten
dominierten Verhandlungen geradezu als Augenwischerei oder
Beruhigungspille wirken: Indem scheinbar eine Lösung, also
Übereinkunft, gefunden wird, gerät die eigentliche
Umsetzungsaufgabe in den Hintergrund und wird auf die lange Bank
geschoben.
Es ist jedenfalls kein Zufall, dass wir mittlerweile eine
ernorme Anzahl an Übereinkünften haben, dass sich aber an
der fortschreitenden Degradation der Umwelt (sei es nun die
künstliche Klimaerwärmung, sei es die Abholzung der
Regenwälder oder die Zunahme der Wüstenbildung und
Versteppung) nichts geändert hat. Unter dieser Perspektive ist
das bisherige Fernbleiben der USA, auf deren Konto etwa ein Drittel
des weltweiten CO2-Ausstoßes geht, vom Kyoto-Protokoll zur
Eindämmung dieses Ausstoßes nicht das eigentliche
Skandalon, sondern dass es eben ein Drittel ist und dass die USA
bisher sowenig dagegen unternehmen.
Das leuchtende, für Speth einzig bedeutsame Beispiel eines
internationalen Erfolgs ist das Montreal-Abkommen zur
Eindämmung und Zurückdrängung der
stratosphärischen Ozonzerstörung durch
Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW). Hier ist wirklich ein Stopp
gelungen, aber letztlich nicht aufgrund eines papiernen Vertrages,
sondern aufgrund des Willens der Industrieländer, den
Schutzschild gegen die Hautkrebs erzeugenden UV-Strahlen wieder zu
reparieren.
Vieles könnte schon institutionell verbessert werden an
erster Stelle nennt der Autor hier die Etablierung einer
Weltumweltorganisation (WEO), die ähnlich stark wie etwa die
Welthandelsorganisation (WTO) verankert sein müsste. Aber der
eigentliche, "der Königsweg zu einer nachhaltigen
Weiterentwicklung der Welt besteht darin, viel Zeit und Geld darauf
zu verwenden, das es in acht Bereichen zu breit angelegten,
miteinander gekoppelten Übergängen zu einem neu
definierten und ausgerichteten Wachstum kommt".
Diese Bereiche sind Bevölkerungszahl, Armut, Technologien,
umweltgerechte Preise, Konsum, Wissen und Lernen,
Regierungsführung und schließlich für Speth der
wichtigste Punkt: Kultur und Bewusstsein müssen sich in
Richtung Nachhaltigkeit wandeln. In allen Bereichen macht Speth
hoffnungsvolle Ansätze aus, aber er schildert hier wesentlich
nichts Neues. Viele seiner Vorschläge haben den bekannten
Charakter des "sollte, müsste, wenn-dann". Trotzdem muss man
dem Autor beipflichten: Was bleibt dem Einzelnen anderes, als genau
dies so klar und eindringlich wie möglich immer wieder zu
tun!
Die Vorzüge des Buches liegen in der fundierten, kritischen
Ausbreitung der inneramerikanischen Umweltpolitikszene und deren
Austrahlungen auf die internationale Ebene. Unter anderem als
Berater Carters und Clintons in Umweltfragen und Mitautor des
grundlegenden "Global 2000"-Berichtes weiß Speth, wovon er
spricht. Es habe bisher eigentlich nur unter der späten
Präsidentschaft Clintons eine energische und in sich
konsistente Umweltpolitik gegeben. Ohne eine solche Politik seien
aber globale Lösungen der globalen Probleme schlechterdings
nicht möglich. Die inneramerikanischen Zusammenhänge
können also auch global gesehen und in ihrer Bedeutung gar
nicht überschätzt werden.
James Gustave Speth
Wir ernten, was wir säen.
Die USA und die globale Weltkrise.
Verlag C.H. Beck, München 2005; 288 S., 22, 90
Euro
Der Autor arbeitet als freischaffender Journalist in Bonn.
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