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Hartmut Hausmann
Die Crux mit dem Hakenkreuz
Kein gemeinschaftliches Verbot von
Nazi-Symbolen
In der Union wird es vorerst kein EU-weites Verbot von
Nazi-Symbolen geben. Das beschlossen die Justiz- und Innenminister
der Gemeinschaft am 24. Februar in Brüssel. Die Minister
verständigten sich jedoch darauf, ihre Verhandlungen über
den seit zwei Jahren blockierten EU-Rahmenbeschluss gegen Rassismus
und Fremdenfeindlichkeit wieder aufzunehmen. Mit einem solchen
Erlass soll sichergestellt werden, dass fremdenfeindliche Taten in
allen Ländern der Union entsprechend geahndet werden
können. Auch die Auslieferung von Tätern soll erleichtert
werden.
Nicht zuletzt der Medienrummel um den englischen Prinzen Harry,
der als Nazi verkleidet mit einer Hakenkreuz-Binde auf einer Party
erschienen war, hatte die Diskussion um das öffentliche Zeigen
von Nazi-Symbolen erneut angeheizt. Danach waren die Forderungen
nach einer Verabschiedung des Rahmenbeschlusses und eines
gemeinschaftsweiten Verbotes dieser Symbole lauter geworden. Die
luxemburgische Ratspräsidentschaft schlug daraufhin vor, einen
entsprechenden Verbots-Paragrafen in den Beschluss einzubauen.
Die Entscheidung der Justiz- und Innenminister, die Darstellung
von Nazisymbolen, insbesondere des Hakenkreuzes, nicht weiter zu
verfolgen, stieß wenige Wochen nach dem 60. Jahrestag der
Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vielerorts auf
Unverständnis. Vor allem in Deutschland selbst, aber auch bei
vielen Nachbarn, die besonders unter dem braunen Terror gelitten
haben, werden Hakenkreuz-Schmierereien und Aufmärsche von
Neonazis als besonders schlimme Provokation empfunden.
Mittel- und Osteuropäer, insbesondere Ungarn und Litauen,
wollten dem Verbot nur zustimmen, wenn gleichzeitig auch die
kommunistischen Symbole Hammer und Sichel auf die Verbotsliste
gekommen wären. "Wenn es ein Verbot des Hakenkreuzes gibt,
möchten wir auch Symbole des kommunistischen Regimes
verbieten", hatte vor Beginn der Beratungen der ungarische
Europaabgeordnete Jozsef Szajer gefordert. Die Unterdrückung
im Namen des Kommunismus ist in vielen dieser Länder noch sehr
präsent. Hammer und Sichel zugleich zu verbieten, lässt
sich in Europa aber kaum durchsetzen. Noch immer werden diese
Zeichen von Linksparteien in Europa als Symbole der Freiheit einer
sich emanzipierenden Arbeiterklasse betrachtet. Knapp 15 Jahre nach
dem Zusammenbruch der Systeme, die diese Symbole für sich
vereinnahmten, versuchen viele linke Gruppierungen, diesen Emblemen
in ihren Wappen oder Emblemen ihren alten Sinn zurückzugeben.
Gerade deshalb wohl hat Berlus-coni in Italien das Thema Verbot der
Symbole zur willkommenen Grundlage einer ideologisch geführten
Wahlkampfauseinandersetzung erhoben.
Gegen ein Verbot der Nazi-Symbole wurde von Großbritannien,
Italien und einigen skandinavischen Staaten ein weiteres Argument
ins Feld geführt: der Grundsatz der Meinungsfreiheit.
Ernsthafte Bedenken wurden beispielsweise von London vorgebracht,
das mit seinen liberalen Grundeinstellungen ohnehin nicht viel von
kontinentaler Verbotsmentalität hält. Die Engländer
waren nicht dagegen, weil aus der geschmacklosen Entgleisung von
Prinz Harry auch noch eine Straftat werden könnte, sondern aus
Rücksicht auf die große Zahl von Mitgliedern nicht
europäischer Religionsgemeinschaften auf den britischen
Inseln, deren Religionsfreiheit durch ein Verbot
beeinträchtigt werden könnte.
Wegen seiner kolonialen Geschichte sind viele Menschen aus
asiatischen Ländern nach England gekommen, die Anhänger
der großen Religionen des Jainismus, des Hinduismus und des
Buddhismus sind. Bei ihnen gilt das Hakenkreuz als religiöses
und Glück verheißendes Zeichen. So sollen nach indischer
Überlieferung Buddhas Fußspuren Abdrücke dieses
Zeichens hinterlassen haben.
Westliche Besucher, die sich durch Hakenkreuze auf japanischen
Stadtplänen irritiert fühlen, müssen sich belehren
lassen, dass es sich um Hinweise auf heilige Tempelbezirke handelt,
und bereits früher waren die Mongolen unter Dschingskhan unter
dem Hakenkreuzsymbol ins Feld gezogen. Der Wunsch nach einem Verbot
dieser Symbole in Deutschland ist ohne Zweifel nachvollziehbar.
Für die gesamte EU aber ist ein Verbot weder sinnvoll noch
durchsetzbar. Als Alternative bleibt nur der mühsamere Weg der
intensiven Aufklärung über politisch ge- und missbrauchte
Symbole. Diese Information muss gerade von der Schule geleistet
werden und überall in Europa zum Pflichtfach werden, wie das
Europäische Parlament schon in seiner Auschwitz-Erklärung
vor wenigen Wochen forderte.
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