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Christian Hauck
SSW unterstützt im Landtag
Rot-Grün
Schleswig-Holstein: Neue Regierung
Die Flüge sind bereits gebucht, Hotels und
Skihütten ausgesucht. Am 18.März beginnen in
Schleswig-Holstein die Osterferien. Einen Tag vorher tritt der
neugewählte Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung
zusammen und soll laut Landesverfassung eine neue Regierung ins Amt
heben.
In der spannenden Wahlnacht vom 20. Februar
sah es über Stunden so aus, als ob CDU und FDP die seit fast
17 Jahren regierenden Sozialdemokraten von der Macht
verdrängen würden. Am Ende jedoch hatten weder CDU (30
Sitze) und FDP (4 Sitze) noch SPD (29 Sitze) und die mit ihnen
verbündeten Grünen (4 Sitze) eine Mehrheit im
69-köpfigen Parlament. Zünglein an der Waage sind damit
die zwei Abgeordneten des Südschleswigschen
Wählerverbandes SSW, der als Partei der dänischen
Minderheit von der Fünf-Prozent-Hürde befreit
ist.
Noch in der Wahlnacht bot CDU-Spitzenkandidat
Peter Harry Carstensen der seit nunmehr fast zwölf Jahren
amtierenden Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD)
Verhandlungen über eine große Koalition an, um die
Probleme Schleswig-Holsteins gemeinsam anzupacken. Das Angebot
verfing nicht. Zwar loteten die Spitzen von SPD und Union in zwei
Gesprächen die Chancen für ein Regierungsbündnis
aus, jedoch ohne Erfolg. Von Seiten der CDU seien sehr
weitreichende Angebote gemacht worden, hieß es aus
Unionskreisen. Man habe Zugeständnisse in der Bildungspolitik
machen wollen. Und sogar in der Frage, wer das Amt des
Regierungschefs übernimmt, habe man sich gesprächsbereit
gezeigt, um Simonis nicht so einfach wegzuschieben. Begleitet
wurden diese Gespräche im Kieler Landeshaus nicht nur durch
die massive Forderung führender Wirtschaftsvertreter nach
einer großen Koalition. Auch eine Demonstration in der Kieler
Innenstadt gegen einen "rot-weiß-grünen Wackelpudding"
liess keinen Zweifel an der politisch aufgeheizten Stimmung im
Norden der Republik.
Doch weder das Werben der CDU noch die
Forderungen von draußen nutzten etwas. Die SPD entschied sich
für Koalitionsverhandlungen mit ihrem bisherigen grünen
Regierungspartner und hofft dabei jetzt auf die Unterstützung
des SSW. Seither tobt in den Gazetten des Landes eine zum Teil
erbitterte Schlacht der Leserbrief-Schreiber über die
Legitimation parlamentarischer Mehrheiten, Regierungsbildung und
die spezielle Situation des SSW.
Auch wenn sich die drei Spitzenfrauen
Simonis, Anne Lütkes (Grüne) und Anke Spoorendonk (SSW)
ein stabiles Zwei-plus-eins-Bündnis zum Ziel gesetzt haben,
holpert es schon in der Anbahnungsphase. Konfliktstoff bieten die
Bildungspolitik und die Zukunft der kommunalen Strukturen im Land.
In beiden Politikfeldern wollen Grüne und SSW schneller,
tiefer greifende Änderungen durchsetzen, als es die SPD als
große Volkspartei zu leisten vermag. In der Bildungspolitik
geht es um die Frage, ob und vor allem wann eine
Gemeinschaftsschule bis zur neunten Klasse das bisherige
dreigliedrige Schulwesen ersetzen soll. Die SPD hält hier
einen Systemwechsel in einem Zeithorizont von 10 bis 15 Jahren
für realistisch, während SSW und Grüne noch in
dieser Legislaturperiode ans Werk gehen wollen. Ebenso beim Thema
Kommunalreform. Schleswig-Holsteins ist kleinteilig und
vergleichsweise teuer in Kreisen, Ämtern und Gemeinden
organisiert. Die Verwaltungsstrukturen sollen effektiver werden -
darüber sind sich alle einig. Doch über das Wie und den
Zeitplan herrscht unter den alten und voraussichtlich auch neuen
Koalitionären Dissens. Die Grünen würden am liebsten
per Gesetz die kommunalen Grenzen neu ordnen. Was aber, wenn ein
Landtagsabgeordneter dabei für die Auflösung des Kreises
votieren müsste, in dem er vielleicht selbst auch noch
Funktionen hat.
Die CDU hofft insgeheim, dass die
Sozialdemokraten an dieser Stelle in Schwierigkeiten geraten
könnten. Die Türen für eine große Koalition
seien nicht zugeschlagen, bekannte Peter Harry Carstensen,
inzwischen Fraktionschef der CDU im Landtag. Der Christdemokrat
weiß, das kommunales Herzblut die stets knappen Mehrheiten in
Schleswig-Holstein zum Einsturz bringen kann. Bei der Entscheidung
über die erste große Kreisreform wollten zu Beginn der
70er-Jahre zwei CDU-Abgeordnete, einer davon war gleichzeitig
Landrat, nicht der Auflösung ihrer Kreise zustimmen. Damals
rettete der SSW-Abgeordnete die parlamentarische Mehrheit der
Union, indem er sich seiner Stimme enthielt.
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