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Astrid Pawasser
Am Ende sind alle Fragen offen
Sachsen: Opposition erwägt
Untersuchungsausschuss zur Landesbank
Die Diskussion über die Landesbank Sachsen
zeigt in den vergangenen Wochen und Monaten geradezu exemplarisch,
in welchem Dilemma die Führungsriege des Freistaates steckt.
Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) will eine starke
sächsische Landesbank, die in der Konkurrenz mit anderen
Finanzinstituten auch bestehen kann, wenn die staatliche
Gewährträgerhaftung im Juli entfällt. Ab dann muss
die Sachsen LB selber schwimmen, und dafür stehen die Zeichen
nicht sonderlich günstig.
Eine dreifache B-Bewertung durch die
Rating-Agenturen, mit einem Plus zwar gekrönt, gilt in
Fachkreisen als wenig überzeugend. Seit Monaten schon
berichten versierte Journalisten über Geschäftspraktiken,
die aufhorchen lassen. Ungünstige Immobilienkäufe
beispielsweise, bei denen angeblich überteuerte Objekte durch
die Landesbank finanziert wurden. Vor allem aber der
Geschäftsbereich Leasing steht in der Kritik, und das hat in
mehrfacher Hinsicht ein Geschmäckle.
Gescholten wird nun Ministerpräsident
Georg Milbradt (CDU), weil er gegen alle Kritik lange am
Vorstandschef der Sachsen LB, Michael Weiss, festgehalten hat. Der
wiederum hatte sich nicht nur angreifbar gemacht, weil er seine
Lebensgefährtin bei der MDL unterbrachte, die für das
Leasinggeschäft der Landesbank zuständig war. Weiss hatte
sich zuvor mit einem seiner wichtigsten Partner überworfen,
dem Tutzinger Geschäftsmann Ludwig Hausbacher. Als Hausbacher
für seinen Ausstieg aus der MDL-Beteiligung einen
Millionenbetrag verlangte, den Weiss für überzogen hielt,
dauerte es nicht mehr lange, bis gezielte Informationen über
das Gebaren des Landesbank-Chefs an die Öffentlichkeit
gelangte.
Die Interessen seines einstigen
Geschäftspartners Hausbacher vertritt im übrigen Kurt
Hans Biedenkopf, vormals Ministerpräsident und heute wieder
als Rechtsanwalt tätig. Der wiederum hatte bekanntlich seinen
Finanzminister Georg Milbradt dereinst geschasst, weil er ihm die
Regelung der Nachfolge im Ministerpräsidentenamt aus der Hand
geschlagen hatte. Alte Rechnungen, munkeln manche, die Milbradts
fachliche Kompetenz betonen und seinen Kurs bei der Landesbank
für richtig halten.
Als ginge es nur darum, gegen etwaige
Meinungsverschiedenheiten und Intrigen Recht zu behalten,
verkündete Ministerpräsident Milbradt nun per
Regierungserklärung vor dem Landtag, alle Kritik an der
Landesbank schadete ihrer gedeihlichen Entwicklung. Die Trennung
vom affärengeplagten Vorstand - im Februar-Plenum des
Landtages von Milbradt hastig verkündet, nachdem die
Staatsanwaltschaft beim Bankenvorstand manipulierte
Schriftsätze gefunden hatte - und der Verweis auf die
Ermittlungen der Justiz sollten reichen, um den Unmut
einzudämmen. Den Koalitionspartner SPD wusste Milbradt an
seiner Seite. Doch da in Sachsens Politik zur Zeit nur sicher ist,
dass nichts gewiss ist, mussten die Koalitionsspitzen im Landtag
mit zunehmend entgeisterten Gesichtern den Redebeitrag von Karl
Nolle (SPD) über sich ergehen lassen. Nolle hatte seit Monaten
den Finger in die Wunde gelegt und die Presse mit Informationen
über die Landesbank gespickt.
Der uneingeschränkte Befürworter
von Untersuchungsausschüssen als medienwirksame Methode,
heikle Themen im öffentlichen Bewusstsein zu halten, war schon
nur mit Mühe von seinen Fraktionskollegen davon abgebracht
worden, nach einem Untersuchungsausschuss zu rufen. Das tat zudem
die NPD, weshalb sich auch die anderen Oppositionsparteien mit
einer entsprechenden Forderung zunächst zurück hielten.
Nolle aber ließ es sich nicht nehmen, die Regierung, an der
seine Partei nunmehr beteiligt ist, der Unfähigkeit zur
Selbstkritik zu zeihen, ihr mangelnden Aufklärungswillen und
Zögerlichkeit vorzuhalten.
Im vollen Bewusstsein, auch ohne
Kabinettsposten erreicht zu haben, was er wollte - nämlich die
Ablösung des Bankenvorstands und der Chefin der Leasingfirma
MDL - zitierte Nolle genüsslich aus zahlreichen
Zeitungsartikeln, die sich mit der verfehlten Geschäftspolitik
der Landesbank und dem Versagen der Landesregierung
beschäftigten. Am Ende bekam er auch noch, was er ganz am
Anfang schon wollte: Nach der Aussprache im Plenum beschlossen PDS
und FDP, im April die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu
beantragen, wenn die ausstehende Beantwortung einer Großen
Anfrage zur Sachsen LB nicht ihren Erwartungen entsprechen
sollte.
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