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Bernd Schüler
Kids da abholen, wo sie stehen
Kultur sucht Jugend per SMS
Wie erreicht man die Jugend? Per SMS. Also besorgte sich das
Kulturamt Berlin-Neukölln eine Liste mit Handynummern, um auf
seine Veranstaltungen für junge Menschen hinzuweisen. Drei
Tage vorher erhalten sie die erste Einladung, eine weitere wenige
Stunden vor dem Ereignis. "Jugendliche entscheiden sich eben sehr
spontan", weiß Amtsleiterin Dorothea Kolland. "Und sie
schätzen es, wenn sie so persönlich eingeladen
werden."
Der Aufbruch zur Zielgruppe Jugend tut Not: Wollen die
Kultureinrichtungen den Nachwuchs für sich gewinnen,
müssen sie neue Wege zu ihren Angeboten bahnen. Flyer auslegen
oder warten, bis Schulklassen zu Museen und Theatern vorgefahren
werden? Vorbei. Die Verantwortlichen des Hochkulturbetriebs treibt
diese Aussicht zunehmend um. Das zeigte auch kürzlich eine
Tagung in der Bundesakademie für kulturelle Bildung in
Wolfenbüttel. Ausgiebig fahndete man nach geeigneten
Marketing-Konzepten. Ihr hehres Ziel lautet: für Kunst und
Kultur begeistern und alles nahe bringen, was damit verbunden ist -
ob Kreativität, Selbstfindung oder Allgemeinbildung. Die neue
Strategie: die jungen Leute da abholen, wo sie stehen.
Aber wo ist das? Laut des Jugend-Kulturbarometers, einer Umfrage
zum kulturellen Interesse der 14- bis 25-Jährigen, die das
Zentrum für Kulturforschung (ZfK) derzeit auswertet,
interessieren sich für klassische Musik neun Prozent, für
herkömmliches Theater sieben Prozent. Ziemlich wenig? Nein,
vor 30 Jahren haben auch nicht mehr Jugendliche am Kulturleben
teilgenommen, erklärt die Soziologin Susanne Keuchel. Für
die Bildenden Künste erkennt sie sogar einen wachsenden
Interessentenkreis. Und selbst aktiv sind auch viele. Nur ordnen
sie es selten der "Kultur" zu, wenn sie Raptexte schreiben oder
Comics zeichnen.
Kultur, das habe mit ihrem eigenen Leben wenig zu tun,
beschreibt es die Kulturwissenschaftlerin Birgit Mandel. Da
sähen viele nur Bildungsbürger vor sich, die weihevoll
lauschen oder angestrengt zuhören. Ein Lebensstil, von dem
sich Jugendliche eher abgrenzen. Laut Kulturbarometer wünschen
sie sich lieber Live-Events in ungezwungenem Ambiente. Zwei Welten,
die verbunden sein wollen.
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