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Tina Klehm
Ein klares Votum für die Einheit
Damals ... vor 15 Jahren am 18. März 1990:
Erste freie Wahlen zur Volkskammer der DDR
Nach dem Mauerfall war sich die politischen Führungen in
beiden deutschen Staaten einig: Der Boden für das zarte
Pflänzchen Demokratie musste in Ostdeutschland möglichst
schnell bereitet werden. Vor diesem Hintergrund avancierte der 18.
März 1990, das Datum der ersten freien Parlamentswahlen der
DDR, zu einem Ereignis von zentraler Bedeutung. Die Wahl markierte
den Neuanfang eines Parlaments, das sich nun in Demokratie
übte, willig, die Schatten seiner Vergangenheit
abzustreifen.
Tatsächlich hatte die alte Volkskammer in ihrer Funktion
als Volksvertretung auf ganzer Linie versagt, hatte sie sich doch
volle 40 Jahre auf das Abnicken von Entscheidungen, die von Seiten
der SED-Führung längst beschlossene Sache waren,
beschränkt. Das Ansehen und Vertrauen der DDR-Bürger in
ihr Parlament war angesichts der nach dem Mauerfall offenkundig
gewordenen Wahlfälschungen stark beschädigt. Über 93
Prozent der 12,2 Millionen wahlberechtigten DDR-Bürger nutzen
deshalb die Chance einer freien und geheimen Wahl und bestimmten am
18. März, welche 400 Volkskammerabgeordneten sie in den
folgenden vier Jahren vertreten sollten.
Doch viele Wähler waren vor dem Urnengang zutiefst
verunsichert. Einheitslisten und Blockparteien waren sie
gewöhnt, nun stand ihnen ein Dschungel an
Wahlmöglichkeiten offen. Weit mehr als 50 Gruppierungen -
darunter Parteien, politische Bewegungen sowie verschiedene
Listenverbindungen - stellten sich zur Wahl, eine Vielfalt, die
auch auf fehlende "Sperrklauseln" zurückführen war. Denn
die Modrow-Regierung hatte wegen der sich verschlechternden
wirtschaftlichen und politischen Lage beschlossen, die Wahlen vom
6. Mai auf den 18. März vorzuverlegen. Demzufolge mussten
nahezu alle im Wahlgesetz enthaltenen Fristen verkürzt werden.
Die zur Wahl stehenden Gruppierungen mussten nun zum Beispiel nicht
mehr jeweils 1.000 Unterschriften in jedem der 15 Wahlkreise
vorlegen, wie ursprünglich vorgesehen. Splitterparteien bot
sich damit eine gute Möglichkeit anzutreten.
Doch wirkliche Chancen hatten sie nicht. Es waren die
großen Parteien wie CDU und SPD, die die Hoffnungen der
DDR-Bürger auf einen Wandel ihrer Lebensbedingungen sowie auf
Absicherung ihrer Existenz durch eine baldige Wiedervereinigung
nährten. Ihr Ziel war die deutsche Einheit, uneinig waren sie
sich nur hinsichtlich des Wie und Wann. Die SPD propagierte einen
"sanften", maßvoll gestalteten Anschluss der DDR an
BRD-Standards und -Normen. Dem gegenüber forderten CDU, DSU
und Demokratischer Aufbruch (DA), die sich in der "Allianz für
Deutschland" zusammengeschlossen hatten, einen raschen Anschluss
der DDR und die baldige Einführung der heiß begehrten
D-Mark. Von den Wahlplakaten prangten daher Schlagworte wie
"Währungsunion", "Währungsreform" oder "soziale
Marktwirtschaft", wohin man in diesen Wochen auch sah. Die Fragen
nach den genauen Modalitäten der Wiedervereinigung, jenseits
aller schicken Worthülsen, blieben von den Parteien, nach
Ansicht vieler Bürger, jedoch weitgehend unbeantwortet. Noch
knapp eine Woche vor dem Urnengang wussten die meisten Wähler
daher nicht, für wen sie stimmen sollten. Letztlich aber
entlockte wohl das Drängen der "Allianz für Deutschland"
auf eine baldige Währungsunion und Einheit vielen Wählern
ihre Stimme. Der Wahlausgang vermochte dann auch nicht wirklich zu
überraschen: Die "Allianz für Deutschland" gewann satte
41 Prozent der Stimmen.
Das Votum machte deutlich: Die Mehrzahl der Wähler wollte
eine schnelle Wiedervereinigung. Auf die Parteien mit
Westorientierung entfielen sogar drei Viertel aller abgegebenen
Stimmen. Doch auch Totgesagte leben länger: Die SED, die sich
inzwischen in "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS)
umbenannt hatte, erhielt noch kurz vor der Wahl erheblichen Zulauf
und gewann 16 Prozent aller Stimmen. Die PDS sah sich damit in
ihrem Kurs, einer "BRDigung der DDR" entgegenzu- wirken, durchaus
bestätigt. Ihr standen im Wahlkampf aber auch die meisten
Mittel zur Verfügung: 5,5 Millionen Mark.
Die SPD, die im Vorfeld als aussichtreichste Kandidatin für
einen Wahlsieg gehandelt wurde, brachte es dagegen nur auf
enttäuschende 22 Prozent. Dennoch wurde sie in die Koalition
aus CDU, DSU und DA mit Lothar de Maizière an der Spitze
einbezogen. Dafür gab es einen triftigen Grund: Für eine
Verfassungsänderung, die für die Herstellung der
deutschen Einheit notwendig war, brauchte es in der Volkskammer
eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
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